ikr: Familienhilfe in Liechtenstein wird gestärkt / Alterspolitik als Ausgangspunkt
Vaduz (ots/ikr) -
Die Regierung hat im Jahre 2007 die Ziele der künftigen Alterspolitik festgelegt. Diesen Zielen zu Folge ist eine ganzheitliche, auf die jeweiligen Bedürfnisse abgestimmte Alterspolitik zu betreiben. Wesentliche Grundsätze der Regierung wurden im Frühjahr 2007 festgelegt, nämlich insbesondere "in Würde älter werden" und "im Alter so selbst bestimmt und unabhängig leben zu können, wie es die Lebensumstände möglich machen" sowie "Zuhause hat Vorrang" (ambulant vor stationär). Die Umsetzung dieser Grundsätze bedingt ein ausgewogenes System im Bereich der präventiven, ambulanten und stationären Betreuung der Seniorinnen und Senioren wie auch der jüngeren Bevölkerung.
Zur Erreichung dieser angestrebten Ausgewogenheit des Systems wurden seit dem Jahre 2007 verschiedenste Massnahmen ergriffen. Im präventiven Bereich wurde beim Seniorenbund die Informations- und Beratungsstelle Alter (IBA) errichtet sowie ein Seniorenbeirat, welcher die Regierung in Altersfragen berät, eingesetzt.
In finanzieller Hinsicht konnte die häusliche/ambulante Betreuung und Pflege durch die Einführung des Betreuungs- und Pflegegeldes bei häuslicher Betreuung gestärkt bzw. verbessert und somit ein "Gleichgewicht" zur Regelung im stationären Heimbereich geschaffen werden. Das Betreuungs- und Pflegegeld bei häuslicher Betreuung wurde per 1. Januar 2010 eingeführt. Die rechtliche Grundlage bildet das Gesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG). Die Einführung dieser finanziellen Leistung kann aufgrund der Anzahl Anspruchsberechtigter sowie aufgrund der erhaltenen Rückmeldungen als Erfolg bewertet werden. Frau Regierungsrätin Renate Müssner betont in diesem Zusammenhang, dass das Betreuungs- und Pflegegeld altersunabhängig ausgerichtet wird und somit nicht nur von einer Bevölkerungsgruppe in Anspruch genommen werden kann.
Schliesslich wurde mit der Schaffung eines Gesetzes über die Liechtensteinische Alters- und Krankenhilfe (LAKG) eine öffentliche-rechtliche Struktur für die stationäre Betreuung und Pflege geschaffen. In die LAK integriert sind sämtliche Betreuungs- und Pflegeheime des Landes mit Ausnahme des Alters- und Pflegeheims Schlossgarten in Balzers. Der Stiftungsrat kann dadurch nach Fachkompetenzen besetzt werden und die Mitbestimmung des Landes im Rahmen einer Eignerstrategie ist gewährleistet.
Stärkung der Strukturen in der häuslichen Betreuung und Pflege
Regierungsrätin Renate Müssner führt hierzu aus, dass die meisten Menschen, auch wenn sie Betreuung und/oder Pflege in Anspruch nehmen müssen, so lange wie möglich zu Hause in ihrer gewohnten Umgebung bleiben möchten. Dies unabhängig vom Alter der betroffenen Person und der Ursache für die Betreuungs- und/oder Pflegebedürftigkeit. Die Betreuung und Pflege betrifft Menschen in allen Lebenslagen. Die Dienstleistungen im Rahmen der häuslichen Betreuung und Pflege konzentrieren sich weitgehend auf die Tätigkeit der sechs Familienhilfevereine (Schaan, Vaduz, Triesen, Triesenberg, Balzers und Unterland) sowie auf private Beschäftigungsverhältnisse. Des Weiteren besteht der Verband Liechtensteinischer Familienhilfen (VLF), welchem sämtliche Familienhilfevereine des Landes angehören.
Die Familienhilfe-Vereine bieten heute insbesondere folgende Dienstleistungen an:
- Familienhilfe: Als befristete Hilfe in Akutsituationen infolge Krankheit, Wochenbett, Unfall, Überbelastung etc.
- Mahlzeitendienst
- Entlastungsdienst für Familien mit Behinderten
- Haushilfedienst: Zur Entlastung der Angehörigen und Betreuenden erfolgen regelmässige Betreuungsleistungen bei alltäglichen Verrichtungen im Haushalt und Handreichungen bei der persönlichen Pflege
Gemeindekrankenpflege
Bereits im Rahmen der Schaffung der gesetzlichen Grundlagen für die Ausrichtung des Betreuungs- und Pflegegeldes hat die Regierung ausgeführt, dass zusätzlich zu einer finanziellen Besserstellung der häuslichen Betreuung und Pflege auch strukturelle Verbesserungen, insbesondere im Bereich der Familienhilfen, erforderlich sind. Die Regierung hat daher im Jahre 2010 ein Projekt zur Neuausrichtung der Familienhilfen in Liechtenstein initiiert. Ziel dieser Neuausrichtung ist insbesondere, den zukünftigen Herausforderungen im Bereich der häuslichen Betreuung und Pflege gewachsen zu sein und insbesondere dem Auftrag des Landtages nachzukommen, einen Betreuungs- und Pflegepool aufzubauen. Die Anforderungen an die Familienhilfe steigen gemäss der Regierungsrätin u.a. aus folgenden Gründen:
- Stark zunehmender Pflegebedarf durch Alterung der Gesellschaft;
- Höhere Ansprüche an Aufrechterhaltung der Lebensqualität im gewohnten Umfeld;
- Veränderung der Familienrolle als Pflegeverantwortliche; soziale Netze verlieren Tragfähigkeit;
- Einführung von Fallpauschalen / DRG-System;
- Zunahme an komplexen Fällen (Psychisch / Demenz / Schwerstpflegebedürftige / Jugendliche);
- Zuwenig freie Plätze in Heimen in absehbarer Zukunft;
- Verknappung Pflegepersonal mit entsprechender Qualifikation und Ausbildung;
- Steigender Kostendruck bei der Langzeit-Betreuung und -Pflege;
- Entwicklungen in Richtung einer integrierten medizinischen Versorgung.
Die Familienhilfe in Liechtenstein mit den sechs Vereinen und somit kleinen Strukturen wird diesen Herausforderungen nicht gewachsen sein. Beispielhaft kann hierzu angeführt werden, dass mit den bestehenden Strukturen das Dienstleistungsangebot der Familienhilfen nicht im Sinne des Bedarfs erweitert werden könnte. Durch die dezentralen Strukturen fehlt die hierfür notwendige Flexibilität. Die Einführung von Fallpauschalen in den Akutspitälern hat jedoch zur Folge, dass Patientinnen und Patienten früher nach Hause entlassen werden und somit die Anforderungen an die häusliche Betreuung und Pflege steigen. Mit den gegebenen Strukturen kann eine Betreuung an Randzeiten nicht angeboten werden. Des Weiteren kann eine kleine Einheit nur in sehr beschränktem Masse in der Personalausbildung tätig sein und kann somit nicht eigene Fachkräfte in der Organisation aufbauen.
Warum eine Familienhilfe Liechtenstein?
Es gilt die jahrzehntelange, engagierte und wichtige Arbeit der Familienhilfen in Liechtenstein auch für die Zukunft zu sichern. Die aufgezeigten Anforderungen an Qualität und Quantität der Familienhilfearbeit sind permanent gestiegen und werden in verstärktem Masse weiter zunehmen. Um diese sich stetig ändernden Anforderungen erfüllen zu können, muss das Leistungsangebot immer wieder entsprechend angepasst und erweitert werden. Gesellschaftliche Veränderungen sowie die demographische Entwicklung tragen ihren Teil dazu bei.
Wer ist mit ihm Boot?
Die Gemeinden Triesen, Triesenberg, Vaduz, Schaan, Planken, Eschen-Nendeln, Gamprin-Bendern, Ruggell, Mauren-Schaanwald und Schellenberg sowie die Familienhilfen Triesen, Triesenberg, Vaduz, Schaan-Planken und die Familienhilfe Unterland haben darum beschlossen, in Zukunft gemeinsame Wege zu gehen, um rechtzeitig auf die kommenden Herausforderungen in der häuslichen Betreuung und Pflege vorbereitet zu sein. Ein Kernteam aus Vertretern und Fachleuten der fusionierenden Gemeinden und deren Familienhilfen, des Verbandes Liechtensteinischer Familienhilfen und der Regierung arbeitet seit Monaten an einem gemeinsamen Zielmodell und dessen Umsetzung. Die Umsetzung soll bis 1. Juli 2013 abgeschlossen sein.
Was wird weitergeführt?
Die Stärken einer erfolgreichen Familienhilfearbeit, wie die Nähe zum Menschen, die persönliche Beratung, das sich Zeitnehmen für Betreuungs- und Pflegedürftige und ihrer Angehörigen sowie das spezielle Wissen um lokale Begebenheiten werden weiterhin von zentraler Bedeutung sein. Der gezielte Einsatz der bestehenden wohnortsnahen und ortskundigen Familienhilfe-Teams wird dies weiterhin gewährleisten.
Was wird ausgebaut?
Bewährtes soll aber nicht nur weitergeführt, sondern mit dem gemeindeübergreifenden Zusammenschluss sinnvoll und mit Augenmass ausgebaut werden. Dazu gehören u. a.:
- Erhöhung der Flexibilität in der Tagesbetreuung;
- Ausbau der Betreuung auch an Abend- und Randzeiten sowie an Wochenenden und Feiertagen;
-Temporäre Unterstützung bzw. Entlastung bestehender Betreuungs- und Pflegeverhältnisse;
- Stärkung der Ausbildung von eigenem Fachpersonal;
Darüber hinaus sollen dank des Zusammenschlusses Synergien in den Bereichen Organisation, Administration, EDV, Öffentlichkeitsarbeit usw. genutzt werden. Die daraus gewonnenen Ressourcen schaffen Möglichkeiten, die Betreuung und Pflege sinnvoll und mit Augenmass auszubauen.
Wo sind die Standorte?
Die Familienhilfe Liechtenstein wird von zwei Stützpunkten - einem im Ober- und einem im Unterland - getragen werden. Die Familienhilfe Unterland mit den Gemeinden Eschen-Nendeln, Mauren-Schaanwald, Gamprin-Bendern, Ruggell und Schellenberg wird weiterhin den bewährten Stützpunkt Unterland bilden und am bestehenden Standort im Haus St. Martin in Eschen bleiben. Neu schliessen sich die Familienhilfen Triesen, Triesenberg, Vaduz und Schaan-Planken zum Stützpunkt Oberland zusammen. Der Stützpunkt Oberland und die Zentrale der Familienhilfe Liechtenstein werden neu an der Schwefelstrasse 14, Vaduz (Lampert Druckzentrum) beheimatet sein.
Kontakt:
Ressort Soziales
Cornelia Marxer
T +423 236 61 79