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SNF: Erstmals berechnet: Finanzflüsse und Dienstleistungen von Religionsgemeinschaften in der Schweiz

23.11.2010 – 12:00 

Bern (ots) -

Was Kirchen kosten - und nützen
Die öffentliche Finanzierung der römisch-katholischen und der 
evangelisch-reformierten Kirchen in der Schweiz beträgt jährlich 
mindestens CHF 556 Mio. Die Kirchenmitglieder zahlen zusätzlich im 
Jahr über CHF 1.3 Mrd. Kirchensteuern, wobei die Unterschiede 
zwischen den Kantonen gross sind. Der Wert der sozialen 
Dienstleistungen der beiden grossen Kirchen entspricht in etwa der 
öffentlichen Finanzierung. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des 
Nationalen Forschungsprogramms «Religionsgemeinschaften, Staat und 
Gesellschaft» (NFP 58).
Wie viel Geld erhalten in der Schweiz Religionsgemeinschaften vom 
Staat und von ihren Mitgliedern? Welche Dienstleistungen finanzieren 
sie damit? Welchen Wert misst die Bevölkerung den Leistungen der 
Landeskirchen bei? Das Forschungsbüro Ecoplan hat im Rahmen des NFP 
58 erstmals Kosten und Nutzen von Religionsgemeinschaften berechnet. 
«Das Projekt bewertet jedoch weder den Nutzen der Religion oder des 
Glaubens noch die Bedeutung der Religionsgemeinschaften», betont 
Projektleiter Michael Marti.
Reformierte Kirchen erhalten mehr Staatsgelder
Die Zahlen zeigen: Die öffentliche Finanzierung der reformierten und 
katholischen Kirchen der Schweiz ist mit jährlich mindestens CHF 556 
Mio. bedeutend. In diesem Betrag sind die Kirchensteuern juristischer
Personen (also von Unternehmen), direkte Staatsbeiträge und kantonale
Pfarrbesoldungen enthalten; die Finanzierungsweisen sind kantonal 
höchst unterschiedlich. Die Kirchensteuern juristischer Personen 
machen mit CHF 264 Mio. knapp die Hälfte des Betrages aus. Obschon 
sie weniger Mitglieder aufweisen, erhalten die reformierten Kirchen 
insgesamt mehr Gelder als die katholischen. Am wenigsten Gelder 
bekommen die reformierten Kirchen in den Kantonen VS, NE, TI, am 
meisten in ZG, BS, SG. Die katholischen Kirchen erhalten am wenigsten
Gelder in den Kantonen NE, GE, VS, am meisten in ZG, SG, ZH. (Tabelle
mit den Zahlen für alle Kantone auf www.snf.ch)
Grosse Unterschiede bei Kirchensteuern
Die Mitglieder der beiden grossen christlichen Kirchen zahlen 
jährlich Kirchensteuern von rund CHF 1.3 Mrd. Auch hier sind die 
kantonalen Unterschiede gross; manche Mitglieder bezahlen fünfzigmal 
mehr als andere. Bei den reformierten Kirchen bezahlten die 
Mitglieder in den Kantonen BS, ZG, SG im Jahr 2007 am meisten (CHF 
567, 484, 467 pro Mitglied), in GE, NE, VS am wenigsten (CHF 149, 85,
11 pro Mitglied). In GE und NE werden nur freiwillige Beiträge 
entrichtet, in VS erheben nur wenige Kirchgemeinden Steuern. Bei der 
katholischen Kirche sind SG, AG, LU (CHF 439, 398, 393 pro Mitglied) 
die Hochsteuerkantone; am wenigsten Einnahmen verzeichnen GE, NE, VS 
(CHF 37, 32, 12 pro Mitglied). (Tabelle mit den Zahlen für alle 
Kantone auf www.snf.ch)
Wert der Dienstleistungen entspricht öffentlicher Finanzierung
In den Kantonen BE und SG, welche die Forschenden genauer unter die 
Lupe nahmen, entspricht der Wert der sozialen Dienstleistungen der 
Kirchen - also der Arbeitszeit, die Pfarrpersonen und Mitarbeitende 
etwa für Kinder- und Jugendarbeit oder sozial Schwache einsetzen, 
sowie den Beiträgen an gemeinnützige Institutionen - ungefähr der 
öffentlichen Finanzierung. In BE beträgt der Wert der 
Dienstleistungen CHF 103.1 Mio., was knapp der öffentlichen 
Finanzierung von CHF 105.8 Mio. entspricht.
Grosse, aber nicht ausreichende Zahlungsbereitschaft
Im Kanton BE führten die Forschenden eine repräsentative Befragung 
durch. Unter der Annahme, dass das heutige Steuersystem ausser Kraft 
gesetzt wäre und die Kirchen vom Staat keine Gelder erhielten, wäre 
die Berner Bevölkerung bereit, für die Dienstleistungen der 
reformierten und katholischen Kirche jährlich CHF 196 Mio. (CHF 300 
pro erwachsene Person) zu bezahlen. Diese Summe ist beträchtlich. 
Freilich betragen die jährlichen Kosten der Berner Kirchen CHF 325 
Mio. Ein Systemwechsel bei der Finanzierung brächte die Kirchen also 
in Geldnöte.
Privilegierte Stellung der Landeskirchen
Die Untersuchung zeigt, dass die beträchtliche öffentliche 
Finanzierung der Landeskirchen in der Schweiz ihren sozialen 
Dienstleistungen entspricht. Allerdings ist laut Michael Marti aus 
ökonomischer Sicht nicht zu begründen, weshalb die Landeskirchen 
gegenüber anderen Religionsgemeinschaften privilegiert werden. Auch 
kleinere Religionsgemeinschaften wie islamische, jüdische oder 
freikirchliche Gruppen würden soziale Dienstleistungen erbringen, 
deren finanzielle Unterstützung der Staat prüfen könnte.
Grundsätzlich wäre für die Debatte, welche Glaubensgemeinschaften 
wie viel Geld erhalten sollen, eine grössere Transparenz der 
Finanzströme, der Kosten und des Nutzens in den verschiedenen 
Kantonen wünschenswert, sagt Marti. Diese Transparenz sei im 
Vergleich zu anderen Politikbereichen (z.B. Strassenrechnung, 
Finanzstatistik) nur beschränkt vorhanden.
Publikation (als PDF beim SNF erhältlich: pri@snf.ch)
Michael Marti, Eliane Kraft, Felix Walter: Dienstleistungen, Nutzen 
und Finanzierung von Religionsgemeinschaften in der Schweiz. Rüegger 
Verlag, Zürich 2010. 88 S., CHF 34.
Der Text dieser Medienmitteilung steht auf der Website des 
Schweizerischen Nationalfonds zur Verfügung:
www.snf.ch > Medien > Medienmitteilungen

Kontakt:

Dr. Michael Marti
Ecoplan, Forschung und Beratung in Wirtschaft und Politik
Thunstrasse 22
CH-3005 Bern
Tel.: +41 31 356 61 61 / +41 79 665 43 07
E-Mail: marti@ecoplan.ch

Eliane Kraft
Ecoplan, Forschung und Beratung in Wirtschaft und Politik
Thunstrasse 22
CH-3005 Bern
Tel.: +41 31 356 61 61 / +41 78 708 04 18
E-Mail: kraft@ecoplan.ch