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PD: Reich befrachtetes Programm der WAK-S in Braunwald
(ots) - Die WAK-S hat an ihrer heutigen Sitzung in Braunwald die Totalrevision des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) sowie die Revision des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) behandelt und dabei die Transparenzvorschriften und den Versichertenschutz weiter verstärkt. Die Revision des Banken und Sparkassengesetzes wurde einstimmig angenommen. Schliesslich gab die WAK in der Vorprüfung den Standesinitiativen der Kantone Solothurn, Obwalden, Waadt und Bern, welche das überschüssige Goldvermögen zu 2/3 an die Kantone verteilen wollen, Folge.
1. Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) / Versicherungsvertragsgesetz (VVG) (03.035) 1.1 Hintergrund Die Totalrevision des VAG trägt den Entwicklungen der Versicherungswirtschaft und den regulatorischen Anpassungen im Ausland Rechnung. So ist grundsätzlich eine Schwerpunktverlagerung von der präventiven zur nachträglichen Kontrolle der Versicherungsprodukte vorgesehen. Das wird erstens erreicht durch eine nachträgliche Kontrolle u.a. der allgemeinen Versicherungsbedingungen und Prämientarife. Zweitens wird eine verstärkte Solvenzaufsicht eingeführt und die möglichen Sanktionen ausgebaut. Bei der Einführung einer risikoadjustierten Solvabilitätskontrolle wird sogar über das EU-Recht hinausgegangen und sollen alle Risiken, inklusive der Anlagerisiken, beachtet und damit die Stabilität gewährleistet werden. So werden Anlagekategorien wie Aktien eine höhere Schwankungsreserven benötigen, was Versicherungen davor schützen soll, bei fallenden Aktienkursen zur Verhinderung weiterer Verluste zum Verkauf der Aktien gezwungen zu werden, was den Markt negativ beeinflusst. Drittens wird der Konsumentenschutz verstärkt, namentlich durch eine Verbesserung der Transparenz. Der Schritt von der präventiven zur nachträglichen Kontrolle macht Anpassungen des VVG aus Gründen des Konsumentenschutzes notwendig. Dies betrifft beispielsweise die Bereiche Informationspflicht des Versicherers hinsichtlich des wesentlichen Vertragsinhalts oder der Transparenzvorschriften. 1.2 Einzelne Bestimmungen 1.2.1 Definition des Versicherungsvermittlers (Art. 2, 38 VAG). Angestellte von Unternehmen, welche für dieses Unternehmen als in- house broker Versicherungen vermitteln, werden dem VAG nicht unterstehen. Hier geht es um eine Klärung des Gesetzestextes. 1.2.2 Transparenzvorschriften und Vorschriften zur Überschussausschüttung im Bereich der beruflichen Vorsorge (Art. 36f. VAG) Im Rahmen der 1. BVG-Revision haben beide Räte in Art. 6a des Lebensversicherungsgesetzes Transparenzvorschriften beschlossen und vorgeschrieben, dass der Bundesrat die Vorschriften für die Überschussausschüttung festlegen wird. Der Bundesrat hatte in der im Mai verabschiedeten Botschaft zum VAG eine Ausschüttungsquote von mindestens 90% vorgesehen. Der Botschaftstext entspricht allerdings nicht mehr der von den Räten im Rahmen der BVG-Revision beschlossenen Bestimmung. Die Kommissionsmehrheit (6:3:0) möchte so kurz nach den Ratsentscheiden keine Änderungen mehr an dieser Bestimmung vornehmen, während die Kommissionsminderheit der Frage grosse Bedeutung zumisst und zur Erhöhung der Rechtssicherheit den ursprünglichen Botschaftstext fordert. Im Weiteren wurden die Transparenzvorschriften von Art. 36 VAG geklärt und verstärkt. Zukünftig sollen etwa Versicherungsunternehmen, welche die direkte Einzel- oder Kollektivlebensversicherung betreiben und Lebensversicherungsverträge mit Überschussbeteiligung erfüllen, den Versicherten jährlich eine nachvollziehbare Abrechnung über die Überschussbeteiligung abgeben. In diesem Zusammenhang diskutierte die WAK-S auch die Frage des Umwandlungssatzes im überobligatorischen Bereich. Diese Frage wurde nach dem vom Bundesrat bewilligten Versicherungsmodell der Winterthur Versicherung in der Öffentlichkeit heftig diskutiert. Der Grundtenor der Diskussion in der Kommission war, dass die Aufsichtsbehörde bei der Bewilligungserteilung die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten habe. Der Ermessensspielraum der Aufsichtsbehörde liegt somit zwischen den Solvabilitäts- und den Missbrauchsvorschriften. Ein gestaltender Eingriff ausserhalb dieses Ermessensspielraums aus sozialen Gründen würde dem Gesetz nicht entsprechen und steht der Aufsichtsbehörde nicht zu. Bezüglich des Umwandlungssatzes führt ein zu hoher Satz dazu, dass das angesparte Kapital pro Jahrgang nicht für die Auszahlung der Renten ausreicht und durch ein dem BVG fremdes Umlageverfahren von jüngeren Generationen übernommen werden muss. Liegt der Umwandlungssatz zu tief, könnte eine Umlagerung zugunsten jüngerer Alterskategorien stattfinden. Die Kommission nahm befriedigt zur Kenntnis, dass eine solche Umlagerung verhindert wird, indem Modelle wie jenes der Winterthur Versicherung allfällige Überschüsse dank einer jährlich für jeden Jahrgang durchzuführenden Kontrollrechnung an die Versicherten dieses Jahrgangs ausschütten müssen. In diesem Zusammenhang sind die in der BVG beschlossenen und ins VAG zu übernehmenden bzw. von der Kommission verstärkten Transparenzvorschriften von grosser Bedeutung. 1.2.3 Verstärkter Schutz der Versicherten (VVG) Die Kommission befasste sich ausführlich mit dem VVG, das wegen des im VAG vorgenommenen Paradigmenwechsels von der präventiven zur nachträglichen Kontrolle im Bereich des Versichertenschutzes zu verstärken war. So wird die Informationspflicht des Versicherers ausgebaut und führt dessen Verletzung dieser Pflicht zur Kündigung des Vertrags. Neu soll dieses Kündungsrecht nach vier Wochen, nachdem der Versicherungsnehmer von der Pflichtverletzung und den gesetzlich vorgeschriebenen Informationen Kenntnis erhalten hat, spätestens jedoch ein Jahr nach der Pflichtverletzung, erlöschen. Im Gegenzug hat der Versicherte auch die Pflicht, über seine Versicherungssituation zu informieren. Hier schlägt die Kommission einerseits vor, dass der Versicherte Gefahrentatbestände der Versicherung melden soll, die er erstens nicht nur kannte oder hätte kennen müssen, sondern auch über die er vom Versicherer befragt wurde. Zweitens gelten als anzeigepflichtige Gefahrentatsachen auch Umstände, die einen Rückschluss auf die Ausprägung erheblicher Gefahrentatsachen zulassen, d.h. indizierende Umstände. Beispielsweise fällt die Verheimlichung eines früheren Führerausweisentzuges, was auf unsorgfältige Fahrweise schliessen lässt, darunter. Damit wird die bisher geltende Gerichtspraxis weitergeführt. Eintreten und Zustimmung in der Gesamtabstimmung beschloss die Kommission einstimmig.
2. Bundesgesetz über Banken und Sparkassen Nicht erst seit der bei der Öffentlichkeit grosse Betroffenheit auslösenden Schliessung der Spar- und Leihkasse Thun herrschte Einigkeit bezüglich der Revisionsbedürftigkeit der Bestimmungen über die Bankensanierung und Bankenliquidation. Nach zahlreichen Revisionsvorschlägen seit den Dreissigerjahren hat der Bundesrat mit seiner Botschaft einen neuen Anlauf für Verbesserungen in diesem Bereich unternommen mit Erfolg, wie die Beratungen der WAK zeigen: Wie bereits ihre Schwesterkommission und der Nationalrat, beschloss die WAK-S dem bundesrätlichen Projekt ohne Änderung zu folgen. Folgend die Pfeiler der bundesrätlichen Reform: Optimierung des Zusammenspiels von Aufsichts-, Sanierungs- und Liquidationsrecht indem die Eidgenössische Bankenkommission für die Leitung des Verfahrens zuständig sein wird. Flexibiliserung des Sanierungsverfahrens: Hier soll ein von der Bankenkommission eingesetzter Sanierungsbeauftragter unter Anhörung der Gläubiger und Eigner einen Sanierungsplan erarbeiten, der von der Bankenkommission genehmigt wird. Ohne Sanierung führt die Bankenkommission eine eigenen Verfahrensregeln unterstehende Liquidation durch. Schliesslich sind neue Massnahmen zum Schutz und Gleichbehandlung der Gläubiger vorgesehen. Verbesserung des Einlegerschutzes: Kleinstgläubiger mit Einlagen von bis zu 5000 Franken sollen vor allen anderen Gläubigern ausgezahlt werden. Auch soll das Konkursprivileg in der bereits heute geltenden Höhe von 30'000 Franken auf alle Einlagen bei Banken erweitert werden. Schliesslich werden die privilegierten Einlagen durch eine nunmehr obligatorische Einlagensicherung geschützt.
3. Nationalbankgold und weitere parlamentarische Initiativen Die Kommission hat weiter vier Standesinitiativen (02.316, 03.305, 03.309, 03.312) zur Verteilung der Goldreserven, welche die Schweizerische Nationalbank (SNB) nicht mehr für geld- und währungspolitische Zwecke benötigt, behandelt. Die von den Kantonen Obwalden, Bern und Waadt eingereichten Initiativen verlangen, dass der Ertrag aus dem Verkauf der 1300 Tonnen Gold zu zwei Dritteln den Kantonen und zu einem Drittel dem Bund zugeteilt wird. Dies entspricht dem in der Bundesverfassung verankerten Schlüssel zur Verteilung des Reingewinns der SNB (Art. 99 Abs. 4). Die Initiative des Kantons Solothurn beschränkt sich darauf zu verlangen, dass die Erträge des aus dem Verkauf der Goldreserven resultierenden Kapitals nach dem oben genannten Schlüssel verteilt werden. Diese Initiativen wurden ebenso wie zahlreiche andere Vorstösse im Nationalrat, die weitere Verwendungszwecke vorsehen eingereicht, nachdem die SVP- Initiative "Überschüssige Goldreserven in den AHV-Fonds" und der Gegenentwurf des Parlaments, der die Schaffung der Stiftung Solidarität Schweiz vorschlug, am 22. September 2002 von Volk und Ständen verworfen worden waren. Nach der Anhörung der Vertreter der Kantone Bern und Waadt beantragt die Kommission einstimmig, diesen vier Initiativen Folge zu geben. Mit diesem Entscheid will die Kommission klar zum Ausdruck bringen, dass den Kantonen gegenüber den anderen möglichen Empfängern, die zur Diskussion stehen, eine bevorzugte Stellung zukommt. Die Kommission hat aber in diesem Stadium noch keineswegs entschieden, ob die Kantone das Kapital oder nur den daraus resultierenden Ertrag erhalten sollen. Es sei hier darauf hingewiesen, dass der Bundesrat mit seinem angekündigten Entwurf den Ertrag aus dem Verkauf in einen Fonds geben und die Substanz dieses Kapitals in seinem realen Wert erhalten will. Nach diesem Entwurf würden nur die Erträge aus dem Vermögen nach dem von den Kantonen gewünschten Schlüssel verteilt. Die Kommission wird zu diesem Thema bei der Beratung des Bundesratsentwurfs definitiv und detailliert Stellung nehmen. Im Weiteren prüfte die Kommission einen Gesetzesentwurf, der vom Nationalrat im Rahmen einer parlamentarischen Initiative von Nationalrätin Stump (01.453) ausgearbeitet worden war. Der Entwurf des Nationalrates sieht vor, dass die Verteilung von Forschungsgeldern auf die an einem Forschungsprojekt Beteiligten sowie die zwischen den Forschungsbeteiligten erbrachten Leistungen von der Mehrwertsteuer befreit werden. Obwohl die Kommission anerkennt, dass eine solche Gesetzesänderung dem Wissenschaftsstandort Schweiz zugute käme, beantragt sie mit 7 gegen 4 Stimmen bei einer Enthaltung, nicht auf den Entwurf einzutreten. Die Kommissionsmehrheit ist der Auffassung, dass eine solche Steuerbefreiung angesichts der Finanzlage des Bundes nicht angebracht ist. Die Kommission betont auch ihre grundsätzliche Ablehnung gegenüber allen Arten von Anträgen, mit denen Leistungen von der MWST befreit werden sollen, solange die schlechte Finanzlage andauert. Abschliessend hat die Kommission die parlamentarische Initiative (02.475) von Ständerat Cornu geprüft, die verlangt, dass das Verbot der Herstellung und Vermarktung von Absinth aufgehoben wird. Die Kommission schlägt einstimmig vor, der Initiative Folge zu geben. Das Verbot, das bei seinem Erlass im Jahre 1908 aus Gründen der Gesundheit gerechtfertigt erschien, wurde nicht mehr in die neue Bundesverfassung aufgenommen, ist aber immer noch im Gesetz enthalten. Nach Meinung der Kommission ist dieses Verbot nicht mehr gerechtfertigt, da der Höchstgehalt der als gesundheitsgefährdend anzusehenden Substanz heute klar festgelegt ist. Die Kommission hat ebenfalls festgehalten, dass es für dieses Produkt einen nicht zu vernachlässigenden Markt gibt und dass die betreffende Gesetzgebung es erlaubt, das Produkt durch eine Herkunftsbezeichnung vor ausländischer Konkurrenz zu schützen.
Die Kommissionssitzung tagte am 14. und 15. August 2003 unter dem Vorsitz von Ständerat Fritz Schiesser (FDP/GL) in Braunwald (GL) und im teilweisen Beisein von Bundesrat Kaspar Villiger.
Braunwald, 15. August 2003 Parlamentsdienste
Auskünfte: SR Fritz Schiesser, Präsident, Tel.: 055/645 60 30 Stefan Brupbacher, Kommissionssekretär, Tel.: 079/789 13 81 Alexandre Füzesséry, stv. Kommissionssekretär, Tel.: 076/ 394 43 90