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Mediengipfel 2010: Ungarn präzisiert in Lech die Schwerpunkte seines EU Vorsitzes

11.12.2010 – 14:36 

Lech/Zürs (ots) -

Nach dem erfolgreichen Auftakt u.a. mit dem
deutschen Intellektuellen Hans Magnus Enzensberger definierte der 
ungarische Staatssekretär Gergely Pröhle beim Mediengipfel in Lech im
Rahmen einer spannenden Podiumsdiskussion führender internationaler 
Auslandskorrespondenten die Stoßrichtungen seines Landes für den 
Vorsitz in der ersten Jahreshälfte 2011. Den Abschluss fand die 
hochkarätig besetze Veranstaltungsreihe am Samstag mit einem 
exklusiven Pressebrunch mit Österreichs Außenminister Michael 
Spindelegger.
Unter der Leitung der ARD-Korrespondentin Susanne Glass 
diskutierten Freitag Abend mit dem ungarischen Staatssekretär Gergely
Pröhle u.a. Charles Ritterband (NZZ) , Michael Frank (Süddeutsche 
Zeitung), Pierre Feuilly (AFP Wien), der Schauspieler Alexander 
Goebel, sowie der niederländische Korrespondent in Berlin, Laurens 
Boven. Der ungarische EU-Vorsitz werde ab Jänner insbesondere Fragen 
der Energiesicherheit, der Erweiterung, der Donaustrategie und der 
östlichen Partnerschaft in den Mittelpunkt stellen, erklärte Pröhle 
in Lech. Ungarn habe im Gegensatz zu manchen anderen EU-Staaten eine 
stabile Regierung, merkte Pröhle in der Diskussion mit den 
Auslandskorrespondenten an. Diese Stabilität werde Budapest 
einsetzen, um in der EU als ehrlicher Makler zu agieren. Insgesamt, 
so betonte Pröhle, sei die Erweiterung der EU ein zentrales Anliegen.
Die europäische Politik müsse den Fokus auf die weitere 
Stabilisierung des Westbalkans legen. Zudem müsse man sich innerhalb 
der europäischen Union klar überlegen, was an den Außengrenzen 
geschehe. Pröhle ließ in Lech durchblicken, dass es im Rahmen des 
ungarischen EU Vorsitzes dazu auch einen Gipfel der Staats- und 
Regierungschefs geben könnte. Dabei sollte es um die östlichen 
Partnerschaften der EU mit Ländern wie der Ukraine, Georgien oder der
Republik Moldau gehen. Kritische Fragen zur innenpolitischen 
Situation in Ungarn kommentierte Pröhle in Lech ebenso. Kritik am 
geplanten ungarischen Mediengesetz, bei dem eine Behörde auch über 
die unabhängigen Medien wachen soll, ließ der Staatssekretär dabei 
nicht gelten. In diesem Zusammenhang bestünden "zahlreiche 
Missverständnisse". Zudem sei das Gesetz noch nicht beschlossen, zum 
anderen existierten auch in anderen europäischen Ländern 
vergleichbare Regelungen. "Die Rechtsstaatlichkeit bröckelt nicht", 
erklärte Pröhle. Es gäbe dadurch auch keine Beeinträchtigung des 
ungarischen EU-Vorsitzes oder der europäischen Werte.
Angesichts der gegenwärtigen Krisen in Europa plädierte Frank in 
Summe für mehr Gelassenheit. Die EU habe eine stürmische Kindheit mit
starkem Wachstum hinter sich und sei jetzt in der Pubertät gelandet. 
"Mit dieser Phase muss man nun im europäischen Geist umgehen lernen",
betonte Frank. Das brauche einerseits klare gemeinsame Spielregeln, 
aber auch das Verständnis, dass die Vielfalt Europas eine große 
Tugend sei. Boven zeigte im Rahmen der Diskussion deutlich auf, dass 
durch die Wirtschaftskrise Staaten wie Deutschland derzeit 
profitieren würden. Die Solidarität und das Verständnis der Bürger in
Europa für Länder wie Griechenland und Irland seien aber endlich. 
Boven stellte in diesem Zusammenhang die Frage: "Sollte man solche 
Länder bankrott gehen lassen?" Die europäische Politik habe enorme 
Kommunikationsprobleme, stellte Goebel fest. Die positiven 
Entwicklungen müssten an die Bevölkerung mit Emotion vermittelt 
werden. Dabei könnten gerade die europäischen Kulturschaffenden einen
enormen Beitrag leisten und als Übersetzer fungieren. In eine 
ähnliche Kerbe schlug Feuilly, in dem er feststellte, dass die Bürger
enorm weit von Europa entfernt seien. Und auch große europäische 
Nationen würden aktuell wieder mehr nach eigenen nationalen 
Interessen vorgehen und europäische Interessen nach hinten reihen. 
Einig zeigten sich die Auslandskorrespondenten in der Frage, dass man
in Europa klare Regeln für Mitglieder brauche, die allzu oft nicht 
mit der Wahrheit operieren. Im Vertrag von Lissabon sei kein 
Verfahren geregelt, wie man Länder auch wieder aus der Gemeinschaft 
ausschließen könne. Für Ritterband ist der Prozess der europäischen 
Einigung ein "umgekehrter Turmbau zu Babel". Aus unterschiedlichsten 
Kulturen kommend habe man zwar ein stabiles Bauwerk geschaffen, das 
zu Frieden und Wohlstand beigetragen habe. Nun werde der Turm aber 
für viele zu hoch. Die kritische Frage sei, ob man in zu kurzer Zeit 
zu viele Länder nach Europa holt?
Ein leidenschaftliches Plädoyer für den europäischen 
Einigungsprozess hingegen hielt Österreichs Außenminister Michael 
Spindelegger beim Pressebrunch Samstagvormittag im *****Superior 
Hotel Aurelio in Lech. "Wir dürfen uns vom europäischen Weg nicht 
abbringen lassen." Die Krisenbewältigung in Europa sei 
erfolgversprechend, dazu trage auch eine stärkere und koordinierte 
Wirtschaftsaußenpolitik bei. Natürlich müsse man laufend 
weiterlernen, wie 27 Länder miteinander agieren können. Wo die 
Grenzen Europas im Sinne der fortschreitenden Erweiterung verlaufen, 
könne man derzeit noch nicht abschätzen. "Rein geographisch ist das 
nicht zu beurteilen, aktuelle Integrationsbestrebungen sind als 
Prozess zu betrachten. Europa ist jedenfalls nicht vollständig ohne 
die Länder des Westbalkans." Das sei auch zuletzt bei der 
Balkankonferenz in Berlin, von der Spindelegger direkt nach Lech kam,
deutlich geworden. Die Erweiterung brauche aber eine andere 
Kommunikation, die viel deutlicher die positiven Auswirkungen zeige. 
In Österreich habe man dazu eine neue Initiative gesetzt. In rund 200
Gemeinden gäbe es mittlerweile sogenannte Europagemeinderäte, die 
eine stärkere regionale und lokale Verankerung des europäischen 
Gedankens unterstützen können. Spindelegger appellierte in Lech für 
eine wachsende Europäische Gemeinschaft, die aber auch gemeinsame 
Werte noch stärker in den Vordergrund stellen sollte. Derzeit 
konzentriere man sich angesichts der Herausforderungen stark auf 
koordinierte Außen- und Wirtschaftspolitik, doch auch ein gemeinsamer
Wertekatalog sei wichtig. Wer gegen zentrale europäische Werte 
verstoße, müsse mit Widerstand rechnen. Spindelegger überzeugt: "Das 
hat Wirkung, wenn man auf europäischer Ebene scharf kritisiert wird!"
Aktuelle Fotos zum Download unter:
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