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Media Service: Jeremy Rifkin: «Wir haben die grösste Blase der Weltgeschichte»

05.12.2018 – 16:25 

Zürich (ots) -

Die Finanzwelt entscheidet über die Zukunft: Dies befindet der amerikanische Ökonom und Zukunftsforscher Jeremy Rifkin. Heute sei viel zu viel Kapital in die Fossile-Brennstoff-Industrie und ihre Anhängsel investiert, und dies sei nicht länger haltbar, so Rifkin im Gespräch mit der «Handelszeitung». Investitionen im Umfang von 100 Billionen Dollar müssten nun abgeschrieben werden. «Wir haben es mit der grössten Blase der Weltgeschichte zu tun.»

In der Finanzwelt müsse man sich also fragen: «Warum sollten wir weiter Geld investieren in die Öl-Industrie und ihre Anhängsel, wenn wir die Investitionen niemals amortisieren können? Und dann müssen die Anleger auf der anderen Seite heraus-finden, wie sie in die nächste industrielle Revolution investieren können, wo hier die neuen Geschäftsfelder liegen.»

Wo genau? «Am meisten Chancen finden sich erstens in der Energiegewinnung», legt Rifkin im Gespräch mit der «Handelszeitung» dar. «Zweitens in der IT-Industrie - hier geht es um die gesamte Technologie für das Internet der Dinge. Drittens: Beförderungsmittel. Viertens: die Baubranche. Sie wird intelligente Technologien für Gebäude entwickeln. Vieles bewegt sich bereits, aber das Pro¬blem liegt aktuell in der Skalierung. Wir haben heute 9000 Städte mit schlauen Projekten, am Ende zeigen die Bürgermeister stolz ihre Elektrobusse, aber zusammen ergibt das noch keine Infrastruktur. Die Unternehmen müssen an Grösse gewinnen - und noch fehlt es an Kapital.»

Rifkin berät mehrere Regierungen in Europa und Asien über Wege in diesen Umbau. Berühmt wurde der Ökonom unter anderem als Autor von «Das Ende der Arbeit», wo er eine Verdrängung von Millionen von Jobs durch die Digitalisierung voraussah. Den Befund teilt Rifkin immer noch. «Die Arbeit geht dorthin, wo die Computer nicht hinkommen», so der Amerikaner. «Also in den Sozialbereich, in die Kultur - und damit den Not-for-Profit-Sektor.»

Neue Stellen dürften weiterhin im Umbau der Infrastruktur entstehen: «Denn Roboter und künstliche Intelligenz werden nicht fähig sein, die Fossilie-Brennstoff-Industrie aufzulösen. Sie können nicht Millionen Gebäude auf der ganzen Welt mit neuer Isolation und neuen Fenstern versehen. Sie können auch keine Windparks errichten.» Aber am schnellsten werde der Bereich der sozialen Wirtschaft, der Genossenschaften und der Sharing-Economy wachsen: «Nirgends entstehen so viele ¬Stellen wie im Nonprofit-Sektor. In Europa bietet dieser Bereich inzwischen 13 oder 14 Prozent der Jobs, das realisieren wir gar nicht richtig. Es ist wie bei den Genossenschaften, die bleiben auch weitgehend unter dem Radar. Die Business Schools vernachlässigen sie zum Beispiel völlig.»

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