Ernst & Young Schweiz
Ernst & Young Pensionskassenstudie 2010: Vorsorgeeinrichtungen unzufrieden mit der Politik
Zürich (ots) -
In der von Ernst & Young durchgeführten Pensionskassenstudie 2010 senden die Vorsorgeeinrichtungen eine klare Botschaft nach Bern: Sie beurteilen den Einfluss der Politik auf ihr Tagesgeschäft mehrheitlich als negativ. Dass Handlungsbedarf besteht, ist den Kassen jedoch klar. Sie zeigen beispielsweise Offenheit gegenüber einem massgeschneiderten Solvenz- oder Stresstest.
Das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen Ernst & Young hat im Sommer 2010 erstmals eine breit angelegte Pensionskassenstudie durchgeführt und dazu 48 Vorsorgeinrichtungen in der Schweiz mit unterschiedlichem Profil befragt. Im Zentrum standen Fragen nach der aktuellen Lage der Institutionen und nach ihrer Strategie zur Bewältigung von Herausforderungen wie tiefe Renditen, erhöhte Lebenserwartung oder Reservedefizite.
Einfluss der Politik wird zunehmen
Die Umfrageresultate zeigen klar, dass der Einfluss der Politik in der stark regulierten Branche nicht geschätzt wird. 50 Prozent der befragten Vorsorgeeinrichtungen beurteilen den Einfluss aus Bern auf ihr Tagesgeschäft als "eher negativ", 8 Prozent gar als "sehr negativ". 35 Prozent sprechen von einem "neutralen Einfluss" und nur 6 Prozent der Pensionskassen bezeichnen ihn als "eher positiv". Eine Besserung wird nicht erwartet: 67 Prozent der Institutionen erwarten, dass der politische Einfluss in den kommenden Jahren zunimmt.
Die Branche würde es vorziehen, wenn zentrale Parameter ihres Geschäfts - wie der BVG-Mindestzinssatz - nicht vom Bundesrat, sondern vom paritätischen Führungsorgan der einzelnen Vorsorgeeinrichtung bestimmt würden. Anderseits haben die Pensionskassen wenig gegen Kontrollmechanismen und Vorgaben einzuwenden, die sie als sinnvoll erachten. Über 60 Prozent der befragten Institutionen befürworten die heute gängige Kenngrösse des Deckungsgrades, obwohl sie zu Vergleichszwecken nicht vollständig genügt. Erstaunliche 40 Prozent der Vorsorgeeinrichtungen könnten sich gar mit einem Solvenz- oder Stresstest anfreunden, sofern dieser auf die speziellen Rahmenbedingungen der Branche Rücksicht nimmt.
Sorge über den Rückgang der Vermögenserträge
Grosse Sorge bereitet den Pensionskassen, dass ihre Vermögenserträge deutlich und nachhaltig hinter dem zurück bleiben, was die Vorsorgepläne (insbesondere das Obligatorium) erfordern. 85 Prozent der Institutionen gehen davon aus, dass sie in den nächsten zehn Jahren gezwungen sein werden, ihre Vorsorgeleistungen zu reduzieren beziehungsweise ihre Finanzierungsbeiträge zu erhöhen. Die Kassen sehen in dieser Entwicklung zudem eine Gefahr für die überobligatorische berufliche Vorsorge, weil diese zur Deckung der Finanzierungslücken aus der obligatorischen Vorsorge herangezogen wird.
Rentner sollen Sanierungsbeitrag leisten
Ein moderater Einbezug der Rentner zur Sanierung von Vorsorgeeinrichtungen ist kein Tabu mehr. Ein Wechsel von voll- hin zu teilgarantierten Renten ist die meistgenannte Beteiligungsmöglichkeit. Die befragten Institutionen schreiben ihren Rentnern dabei eine erstaunlich hohe Bereitschaft zu, an der Sanierung mitzuwirken. Am wenigsten erwarten dies die öffentlich-rechtlichen Einrichtungen.
Bei den Arbeitgebern erkennen die Pensionskassen ein steigendes Unbehagen mit den bestehenden Vorsorgemodellen. Kritisiert würden insbesondere unkalkulierbare Risiken, beispielsweise die unplanbare Mitwirkungspflicht an Sanierungsmassnahmen. Über 70 Prozent der befragten Kassen rechnen deshalb damit, dass die Arbeitgeber sich vermehrt an Vorsorgemodellen mit weniger oder ohne Sanierungsverpflichtung orientieren werden.
Lösungsorientierte Grundeinstellung
Die finanzielle Lage der Vorsorgeeinrichtungen lässt sich nach wie vor als unbefriedigend und ungenügend einstufen - insbesondere auch vor dem Hintergrund der volatilen und fehlenden Vermögenserträge. Auf Seiten der Kassen kann ein hohes Problembewusstsein und eine lösungsorientierte Grundhaltung erkannt werden: "Es ist positiv, dass viele Kassen einen für die berufliche Vorsorge angepassten Solvenztest befürworten", sagt Marcel Stalder, Sector Leader Insurance bei Ernst & Young.
Den Vorsorgeeinrichtungen ist zu raten, auf individueller Ebene Massnahmen zur Sicherstellung von Unabhängigkeit, guter Governance und Loyalität ihrer Versicherten zu treffen. Diese Herausforderungen erfordern ein hohes Mass an Professionalität in der Vorgehensweise. Dieses Ziel lässt sich erreichen, indem die bereits stark ausgelasteten Führungsgremien der Kassen die ihnen zur Verfügung stehenden externen Ressourcen (Experten, Anlageberater, Controller, Revisionsstelle etc.) koordinierter und fokussierter einsetzen als bisher.
Handlungsbedarf ist nicht nur auf Seiten der Kassen, sondern auch bei der Politik zu sehen. Das Parlament zementiert kaum einlösbare Rentengarantien und legt für das Obligatorium zu hohe Parameter fest. Dies untergräbt bei umhüllenden Einrichtungen das Überobligatorium und strapaziert zunehmend den Solidaritätswillen der aktiven Generation. Patrik Schaller, Leiter Vorsorge bei Ernst & Young, sagt: "Diese Ausgangslage zwingt alle Beteiligten zur Suche nach neuen Lösungen und zu nachhaltigen Reformen."
Informationen zur Studie
Die vorliegende Studie basiert auf einer Befragung von 48 Vorsorgeeinrichtungen in der Schweiz (11 Sammel- oder Gemeinschaftseinrichtungen, 22 autonome Vorsorgeeinrichtungen und 15 öffentlich-rechtliche Vorsorgeeinrichtungen). Die Mehrheit der befragten Institutionen sind grosse Vorsorgeeinrichtungen (Bilanzsumme grösser als CHF 1 Mrd.). Die Befragung wurde im August 2010 im Auftrag von Ernst & Young durch das unabhängige Marktforschungsinstitut Valid Research (Bielefeld) durchgeführt. Die Studie steht auf der Website unter www.ey.com/ch zum Download zur Verfügung.
Kurzporträt von Ernst & Young
Ernst & Young ist ein weltweit führendes Unternehmen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuern, Transaktionen und Beratung. Unsere 144'000 Mitarbeitenden auf der ganzen Welt verbinden unsere gemeinsamen Werte sowie ein konsequentes Bekenntnis zur Qualität. In der Schweiz ist Ernst & Young ein führendes Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen und bietet Dienstleistungen in den Bereichen Steuern und Recht sowie Transaktionen und Rechnungslegung an. Unsere 1'900 Mitarbeitenden in der Schweiz haben im Geschäftsjahr 2008/09 einen Umsatz von CHF 546 Mio. erwirtschaftet. Wir differenzieren uns, indem wir unseren Mitarbeitenden, Kunden und Anspruchsgruppen helfen, ihr Potenzial auszuschöpfen. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Website www.ey.com/ch .
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