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Media Service: Schweizer Presserat / Stellungnahme 42/2010 (www.presserat.ch/28300.htm) Parteien: X./Y. c. «Tages-Anzeiger» Beschwerde abgewiesen

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19.10.2010 – 11:05  Schweizer Presserat - Conseil suisse de la presse - Consiglio svizzero della stampa    [newsroom]

Interlaken (ots) -

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Thema: Fairness / Unlautere Recherche / Privatsphäre
Zusammenfassung
Publikation trotz «Verbot» war rechtens
Der «Tages-Anzeiger» durfte gegen den Willen seiner Informanten 
über einen Haftpflichtfall berichten
Der Schweizer Presserat hat eine Beschwerde gegen den 
«Tages-Anzeiger» (TA) abgewiesen. Er entschied damit einen 
Streitfall, der ihm so noch nie unterbreitet worden ist. Die 
Informanten für zwei Artikel über einen Haftpflichtfall zogen nämlich
am Schluss ihre Informationen zurück und verboten der Zeitung, über 
ihr Schicksal zu berichten. Der TA entschied jedoch, die Geschichte 
in anonymisierter Form trotzdem zu publizieren, weil der Fall von 
öffentlicher Relevanz sei.
Die Tageszeitung veröffentlichte die Artikel am 25. und 26. März 
2010. Der erste Bericht lief unter dem Titel «Versicherung zahlt 
knapp 5 Millionen wegen Fehlern bei Hausgeburt», Folge zwei hiess 
«Kampf gegen 'perverse Mechanismen'». Ein TA-Reporter berichtete 
darin über den jahrelangen Kampf eines Elternpaars mit der 
Mobiliar-Versicherung. Die Tochter des Paars ist wegen der Fehler 
einer Hebamme lebenslang schwer behindert. Die Informationen hatten 
zu einem Grossteil die Eltern geliefert.
In ihrer Beschwerde an den Presserat schrieben die Eltern, sie 
fühlten sich vom «Tages-Anzeiger» «missbraucht, hintergangen und 
bestohlen». Denn der habe über ihr Schicksal berichtet, obwohl sie 
ihm das ausdrücklich untersagt hätten. Das Paar sah sich vom TA 
unfair behandelt und in seiner Privatsphäre verletzt, der Reporter 
habe unlauter recherchiert.
Der TA machte geltend, die Eltern seien aus freiem Willen an die 
Redaktion gelangt. Der Reporter habe korrekt und im Einvernehmen mit 
den Informanten recherchiert. Dass diese dann mit dem Artikelentwurf 
nicht einverstanden waren und ihre Zusage zur Publikation 
zurückzogen, gehe zu weit. Denn es gebe kein generelles, zeitlich 
unbefristetes Rückzugsrecht für Informanten.
Der Presserat pflichtete der Redaktion darin bei. Den 
entscheidenden Schritt Richtung Öffentlichkeit macht ein Informant, 
wenn er sich an eine Redaktion wendet und Vertrauliches preisgibt. Er
kann dann seine Informationen nicht mehr willkürlich zurückziehen und
die Veröffentlichung untersagen. Das gälte nur, wenn Informant und 
Journalist dies speziell vereinbaren. Der Presserat entschied, der TA
habe weder das Fairnessprinzip verletzt noch die Privatsphäre des 
Elternpaars. Und er befand, der Reporter habe korrekt recherchiert.

Kontakt:

SCHWEIZER PRESSERAT
CONSEIL SUISSE DE LA PRESSE
CONSIGLIO SVIZZERO DELLA STAMPA
Sekretariat/Secrétariat:
Martin Künzi, Dr. iur., Fürsprecher
Bahnhofstrasse 5
Postfach/Case 201
3800 Interlaken
Telefon/Téléphone: 033 823 12 62
Fax: 033 823 11 18
E-Mail: info@presserat.ch
Website: http://www.presserat.ch