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Media Service: Schweizer Presserat / Stellungnahme 62/2010 (www.presserat.ch/28630.htm) Parteien: X / Y. & Co. c. «Blick» Beschwerden in den Hauptpunkten gutgeheissen
Interlaken (ots) -
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Thema: Privatsphäre / Menschenwürde / Lauterkeit der Recherche
Zusammenfassung
Veröffentlichung von Schockbildern verletzt Menschenwürde
Presserat rügt voyeuristische «Blick»-Berichte
Der Presserat verurteilt die Publikation von Polizeibildern bei der Berichterstattung der Boulevardzeitung über den sog. Bügeleisenprozess. Mit der Veröffentlichung von Bildern aus der Tatnacht habe «Blick» vornehmlich voyeuristische Bedürfnisse befriedigt und die Beschuldigte schutzlos der öffentlichen Neugierde ausgeliefert.
Im Herbst 2010 berichtete «Blick» mehrere Tage gross aufgemacht über einen Strafprozess, bei dem der Beschuldigten vorgeworfen wurde, sie habe im Frühjahr 2003 ihren Ehemann nach einem eskalierenden Ehestreit mit dem Bügeleisen erschlagen. Ein Leser sowie später auch die vom Gericht wegen Totschlags zu 22 Monaten Gefängnis bedingt Verurteilte und ihre vier Kinder beschwerten sich darauf hin beim Presserat. Die beiden Beschwerden rügten hauptsächlich, die Veröffentlichung von Polizeifotos aus der Tatnacht. Die Veröffentlichung der «blutrünstigen Fotos» verstosse gegen die Menschenwürde der Abgebildeten und ihrer Angehörigen. Die Abgebildete sei zudem aufgrund der Bilder und weiterer im Bericht enthaltener Angaben für Dritte identifizierbar. Zudem habe der «Blick»-Reporter in Widerhandlung einer Anordnung der Gerichtspräsidentin im Gerichtssaal eine Aufnahme der Beschwerdeführerin und ihrer Anwältin gemacht und das identifizierende Bild veröffentlicht.
«Blick» erwiderte, die Schwester des Verstorbenen sei rechtlich legitimiert gewesen, die Bilder für die Publikation freizugeben. Wenn es um ein Tötungsdelikt mit einem Bügeleisen gehe, könne man zudem keine harmlosen Bilder erwarten. Die Berichte setzten die Beschwerdeführerin aber keineswegs in ihrem Menschsein herab. Und weder sie noch das Opfer sei auf den Bildern erkennbar.
In seiner Stellungnahme verneint der Presserat ein öffentliches Interesse an der Veröffentlichung der «Blick» von einer Prozesspartei zugespielten Polizeibilder. Vielmehr diene die Publikation dieser «Schockbilder» vornehmlich der Befriedigung voyueuristischer Bedürfnisse. Mit der Veröffentlichung liefere die Zeitung die Beschwerdeführerin schutzlos der Neugierde des Publikums aus und verletze damit ihre Persönlichkeit und Menschenwürde. Ebenso rügt der Presserat die Aufnahme und Veröffentlichung eines die Beschwerdeführerin identifizierenden Bildes aus dem Gerichtssaal. Weder habe ein überwiegendes öffentliches Interesse an der verdeckten Aufnahme noch ein solches an der Veröffentlichung des Bildes bestanden.
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