Bundesverwaltungsgerichtsentscheid zur Bewertung der Netzinfrastruktur von Swisscom verhindert fairen Wettbewerb
Zürich (ots) -
Mit Entscheid vom 8. April 2011 hat das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde von Sunrise zur Anwendung der Berechnungsmethode für den Zugang zu Kabelkanalisationen der Swisscom abgewiesen. Insbesondere wurde die Chance nicht wahrgenommen, bei der Bewertung dieser grösstenteils zu Monopolzeiten gebauten Infrastrukturen auf die tatsächlichen Kosten abzustützen. Das Bundesverwaltungsgericht räumt der Eidgenössischen Kommunikationskommission ComCom bei der Wahl der Berechnungsmethoden einen erheblichen Ermessensspielraum ein. Damit steht es dieser frei, das historische Swisscom-Netz wie ein neues, heute zu bauendes nach heutigen Kosten zu bewerten. Der Entscheid ist ein Schritt in die falsche Richtung. Er ermöglicht der Swisscom, überhöhte Netzzugangspreise von den Mitbewerbern zu verlangen. Einmal mehr wird verhindert, gleich lange Spiesse für die Wettbewerber im Telekommarkt zu schaffen.
Ständige Neubewertung des Telekomnetzes führt zu überhöhten Preisen Die ComCom hat in ihrem Entscheid vom 1. Dezember 2009 gestützt auf ein Gutachten der Wettbewerbskommission die Marktbeherrschung der Swisscom auf dem gesamten Kabelkanalisationsnetz festgestellt - und dabei die Netzzugangspreise gesenkt. Die ComCom stützte sich jedoch bei der Preisberechnung auf eine vollständige Neubewertung sämtlicher Anlagen. Dies ermöglicht der Ex-Monopolistin eine erneute Abschreibung längst amortisierter Investitionen und generiert dadurch ungerechtfertigte Gewinne (Monopolrente), wodurch die Konkurrenz im Wettbewerb behindert wird. Gegen diesen Entscheid der ComCom hat Sunrise am 18. Januar 2010 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt. Mit dem nun erfolgten Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts wurde die Beschwerde von Sunrise abgewiesen und der ComCom ein grosser Ermessensspielraum bei der Netzbewertung eingeräumt. Die Ungleichbehandlung der Konkurrenz lasse sich mit der Gewichtung des Infrastrukturwettbewerbs rechtfertigen. Es liege im Ermessen des Bundesrats, die massgebliche Verordnungsbestimmung anzupassen. Das Bundesverwaltungsgericht will diesem politischen Entscheid nicht vorgreifen.
Die Bestimmung der kostenorientierten Preise erfolgt nach der so genannten LRIC-Methode. In ihrem Verständnis der Methode nehmen die ComCom bzw. die Swisscom bei der Preisberechnung eine vollständige Neubewertung (Wiederbeschaffungsneuwert) der Netzinfrastruktur zu den aktuellen Baukosten vor. Sunrise hat bereits verschiedentlich darauf hingewiesen, dass dieses Vorgehen überhöhte und diskriminierende Preise ergibt, da sowohl die Kabelkanalisationen als auch die Kupferkabel der letzten Meile grösstenteils bereits vor Jahrzehnten gebaut wurden und längst abgeschrieben sind. Die Swisscom verrechnet ihrer Konkurrenz damit Kapitalkosten, die ihr selbst nicht anfallen. Würde bei der Bewertung der Anlagen die Amortisation berücksichtigt (Wiederbeschaffungsrestwert), müsste die Swisscom die Mitbenutzung ihres Netzes zu erheblich tieferen Preisen anbieten als von der ComCom festgelegt. Diese Umsetzungspraxis der LRIC-Methode verhindert einen fairen Wettbewerb und tiefere Preise für die Konsumenten.
Breite Kritik an der Kostenberechnungspraxis Diese Praxis wird denn auch von einer breiten Front kritisiert: Sowohl Experten - unter anderem der Preisüberwacher - als auch Konsumenten- und Wirtschaftskreise forderten in der Vergangenheit eine Praxisänderung. Im Bundesratsbericht vom 17. September 2010 zum Stand des Telekommarktes wird auf den Wettbewerb verzerrende Mängel gerade im Bereich der Kabelkanalisationen hingewiesen. Auch ein Gutachten der Universität Zürich belegt, dass die angewandte Berechnungsmethode gegen das Diskriminierungsverbot verstösst und die in der Verfassung verankerte Wirtschaftsfreiheit verletzt. Mehrere politische Vorstösse haben auf die Problematik aufmerksam gemacht und eine Praxisänderung gefordert. Um eine solche Praxisänderung herbeizuführen, fordert Sunrise nun eine Anpassung der gesetzlichen Grundlagen sowie eine grössere Transparenz bei den von der Swisscom verlangten Zugangspreisen.
Mit dem Hochhalten der Netzzugangspreise verhindert der Ex-Monopolist fairen Wettbewerb und tiefere Preise für die Konsumenten. Dank den kontinuierlichen Investitionen in die Entbündelung der letzten Meile erreicht Sunrise mittlerweile über drei Millionen Schweizer Haushalte. Sunrise nutzt dies für innovative und preisgünstige Angebote. Deshalb ist sie - wie auch andere Mitbewerber - auf nicht-diskriminierende Bedingungen gegenüber der Ex-Monopolistin angewiesen.
Glossar Regulierter Netzzugang: Gemäss Fernmeldegesetz (FMG) muss die vormalige Monopolistin Swisscom der Konkurrenz auf transparente und nicht-diskriminierende Weise sowie zu kostenorientierten Preisen Netzzugang gewähren. Long Run Incremental Cost (LRIC): Berechnungsmethode, welche die Fernmeldedienstverordnung (FDV) für die Bestimmung der kostenorientierten Preise vorgibt. Wiederbeschaffungsneuwert: Zur Bestimmung der Kapitalkosten sind die Anlagen zu bewerten. Der Wiederbeschaffungsneuwert bezieht sich dabei auf ein vollständig neues Netz. Wiederbeschaffungsrestwert: Der Wiederbeschaffungsrestwert berücksichtigt bereits getätigte Abschreibungen und damit die Amortisation der Anlagen.
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