comparis.ch zur Akzeptanz von hohen Medikamentenpreisen - Wenig Verständnis für Preisunterschiede
Zürich (ots) -
Information: Die Grafik "Gründe für höhere Preise von in der Schweiz produzierten Medikamenten im Vergleich zum Ausland" kann unter www.presseportal.ch/de/pm/100003671 kostenlos heruntergeladen werden.
Die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung hält die Preisunterschiede bei den Medikamenten im Vergleich zum Ausland für zu hoch. Dies zeigt eine repräsentative Umfrage von comparis.ch. Die Befragten nehmen an, dass 53 Prozent der kassenpflichtigen Medikamente importiert werden. Tatsächlich sind es rund zwei Drittel. Auf Swissmedic verzichten und die EU-Zulassungen übernehmen, möchten nur 29 Prozent der Befragten.
Knapp jeder fünfte Prämienfranken wird für kassenpflichtige Arzneimittel ausgegeben. Gemäss einer Studie des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums haben primär die Medikamente - zusammen mit den ambulanten Behandlungen - zu deutlich höheren Kosten geführt.(1) Die Medikamentenpreise werden darum auch immer wieder kontrovers diskutiert. Die Bevölkerung hat allerdings eine klare Meinung: Nur wenige Schweizerinnen und Schweizer finden es richtig, dass Medikamente in der Schweiz mehr kosten als im Ausland. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Internet-Vergleichsdienstes comparis.ch. Dabei hat das Marktforschungsinstitut GfK Ende Juni und Anfang Juli telefonisch 1200 Personen in der ganzen Schweiz befragt. Die Befragten sind sich grösstenteils bewusst, dass Medikamente hierzulande mehr kosten als im Ausland. 86 Prozent der Befragten gehen von höheren Medikamentenpreisen im Vergleich zum benachbarten Ausland aus. Nur ein Drittel dieser Befragten hält Preisunterschiede im Vergleich zum Ausland für gerechtfertigt. Dies unabhängig davon, ob die Medikamente importiert oder in der Schweiz hergestellt werden.
Unterschätzte Preisdifferenz bei Generika Während die meisten Befragten die generelle Situation bei den Medikamentenpreisen richtig einschätzten, bereitet es mehr Mühe, die Höhe des Preisunterschiedes zu beziffern: Von den Befragten, die von höheren Medikamentenpreisen in der Schweiz im Vergleich zum Ausland ausgehen, nimmt jeder Zweite an, dass ein Originalpräparat in den Nachbarländern mindestens ein Drittel weniger kostet als in der Schweiz. Bei Generika geht jeder Zweite von einer Preisdifferenz von mindestens 23 Prozent aus. Somit schätzen die Befragten die Preisdifferenz bei einem Nachahmerprodukt kleiner ein als bei einem Originalpräparat. Gemäss Auslandspreisvergleich ist dies aber genau umgekehrt: Der Fabrikabgabepreis für Originalpräparate ist in den Referenzländern (Dänemark, Deutschland, England, Frankreich, Niederlande und Österreich) 19 Prozent tiefer als in der Schweiz. Bei Generika beträgt der Preisunterschied hingegen 45 Prozent. Die Preisunterschiede werden bei Originalpräparaten somit über- bei Generika unterschätzt. «Generika gelten als günstige Alternative zu teuren Originalpräparaten. Offenbar nehmen die Befragten darum an, dass Nachahmerprodukte generell günstig sind und darum die Preisdifferenz zum Ausland kleiner ist», erklärt Felix Schneuwly, Krankenkassen-Experte von comparis.ch, die Resultate.
14 Prozent Preisdifferenz im Vergleich zum Ausland wären OK comparis.ch hat auch untersucht, welche Preisdifferenz im Vergleich zum Ausland die Prämienzahlenden in der Schweiz für gerechtfertigt halten. Für den Durchschnitt der Befragten wäre es vertretbar, wenn die Preisdifferenz bei einem Originalpräparat in der Schweiz im Vergleich zum Ausland 14 Prozent betragen würde. Bei Generika wäre eine Preisdifferenz von 10 Prozent akzeptabel. Allerdings gilt es zu beachten: In der Umfrage ist nach den Publikumspreisen gefragt worden. Santésuisse und die Pharmaindustrie vergleichen und publizieren nur die Fabrikabgabepreise. Am Ende bezahlen die Krankenkassen aber den sogenannten Publikumspreis. Dieser setzt sich aus Fabrikabgabepreis plus Margen für Handel und Abgabe in Apotheken, Arztpraxen oder Spitälern zusammen. Wie der im letzten Jahr von Santésuisse durchgeführte Vergleich der Handelsmargen zeigt, sind auch diese wesentlich höher als im Ausland. «Im Vergleich zum Ausland gibt es eine zweifache Preisdifferenz: Bei den Fabrikabgabepreisen und bei den Handelsmargen. Schweizer Versicherte zahlen also zweifach mehr», sagt Schneuwly.
Pharma-Standortförderung nicht mit Krankenkassenprämien Auffallend: Eines der meistgenannten Argumente für die im Vergleich zum Ausland höheren Medikamentenpreise - der Pharma-Standort - verfängt bei den Befragten nicht. Von den Befragten, die die Preisdifferenz bei den in der Schweiz hergestellten Medikamenten im Vergleich zum benachbarten Ausland in Ordnung finden, geben nur 9 Prozent an, dass der Pharmastandort die Preisunterschiede rechtfertigen würde (vgl. Grafik auf der nächsten Seite). Mit Abstand am wichtigsten ist, dass die Schweiz generell ein Hochpreis- und Hochlohnland ist (89 Prozent). Lediglich 3 Prozent der Befragten versprechen sich durch die höheren Preise eine bessere Qualität.
Der Anteil der in der Schweiz hergestellten Medikamente wird insgesamt überschätzt. Dass das Argument der Pharma-Standortförderung nicht stärker gewichtet wird, überrascht deshalb. Die Befragten schätzen, dass 47 Prozent der Medikamente hierzulande hergestellt werden. Tatsächlich wird aber nur ein Drittel der kassenpflichtigen Medikamente in der Schweiz produziert. «Die Bevölkerung steht zur hiesigen Pharmaindustrie, aber nicht zu überhöhten Preisen für kassenpflichtige Medikamente», interpretiert Schneuwly die Umfrageergebnisse. «Angesichts des hohen Anteils importierter Medikamente muss die Politik die hiesige Pharmaindustrie, insbesondere den Forschungsstandort, anders fördern als mit hohen Medikamentenpreisen. Die Prämienzahlenden wollen nicht mit zu hohen Preisen den Import von kassenpflichtigen Medikamenten subventionieren.»
Schweizer Zulassungsstelle unbestritten In der Diskussion um die Medikamentenpreise kommt immer wieder die Frage auf, ob Medikamente, die in der EU zugelassen sind, ohne weitere Prüfung in der Schweiz zum Verkauf freigegeben werden sollten. Hier möchte eine Mehrheit der Befragten nichts an der aktuellen Situation ändern: 65 Prozent finden es gut, dass die Schweiz eine eigene Zulassungsstelle hat. 29 Prozent fänden es besser, wenn die Zulassung zentral über die EU geregelt würde. «Die EU-Skepsis zeigt sich auch bei den Medikamenten. Ob ein einfacheres Zulassungsverfahren für Medikamente, die in der EU bereits zugelassen sind, eine Option ist, sollte aber geprüft werden», kommentiert Schneuwly das Resultat.
(1)Medienmitteilung des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums vom 10. Juli 2012 abrufbar unter: http://goo.gl/ayyo4
Kontakt:
Felix Schneuwly
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