comparis.ch zu den Folgen einer hohen Ärztedichte - Viele Ärzte, viele unnötige Behandlungen
Zürich (ots) -
Information: Die Grafik "Zusammenhang zwischen den als unnötig wahrgenommenen Behandlungen und der Ärztedichte" kann unter www.presseportal.ch/de/pm/100003671 kostenlos heruntergeladen werden.
22 Prozent der Versicherten sind nach eigener Einschätzung schon einmal unnötig behandelt worden, wie eine repräsentative Studie zeigt. Ein Grund für unnötige Behandlungen dürfte eine zu hohe Ärztedichte sein. Unnötige Behandlungen kosten nicht nur, sondern bergen auch das Risiko von Komplikationen und teuren Nachbehandlungen. Die Steuerung des Angebots mit dem Zulassungsstopp und ohne Qualitätskriterien ist angesichts dieser Umfrageresultate nicht haltbar.
22 Prozent der Bevölkerung haben das Gefühl, bereits einmal von einem Arzt unnötig behandelt worden zu sein. Dies zeigt die von comparis.ch und 20 Minuten Online durchgeführte Schweizer Ärztestudie. Dazu hat das Marktforschungsinstitut gfs.bern repräsentativ über 6600 Personen ab 15 Jahren in der gesamten Schweiz telefonisch und online befragt. «Dass mehr als jeder fünfte das Gefühl hat, bereits einmal unnötig behandelt worden zu sein, überrascht. Schliesslich beklagt man in erster Linie den Ärztemangel und Pflegenotstand und als verunsicherter Patient ist man in der Regel um jede Behandlung froh», kommentiert Felix Schneuwly, Krankenkassen-Experte von comparis.ch, die Resultate. Die Dunkelziffer dürfte noch wesentlich höher liegen. Unnötige Behandlungen treiben die Kostenspirale an. Sie kosten und verursachen weitere Folgekosten. «Bei jeder Behandlung besteht das Risiko von Komplikationen, auch bei unnötigen. Und Komplikationen sind stets kassenpflichtig», sagt Schneuwly.
Mehr Spezialärzte, mehr Spitalbetten, mehr Behandlungen Diese Vermutungen bestätigt ein Vergleich aus dem Jahr 2009 zwischen den Kantonen St.Gallen und Waadt. Dieser stellt fest, dass in der Waadt in gewissen Bereichen bis zu 80 Prozent mehr Behandlungen und Untersuchungen vorgenommen wurden als in St.Gallen. Einen Unterschied bei der Bevölkerungsstruktur oder der Lebenserwartung konnte jedoch nicht festgestellt werden. Der Vergleich zeigte auch: Im Kanton Waadt gab es im Jahr 2009 68 Prozent mehr Spezialärzte als in St.Gallen. «Die Ärztedichte hat einen Einfluss darauf, wie viele unnötige Behandlungen durchgeführt werden», sagt Schneuwly. «Eine neu eröffnete Praxis sorgt oft quasi von selbst für die nötige Nachfrage, selbst wenn es eigentlich bereits ein Überangebot gibt.»
Diese Befunde zeigen sich teilweise auch in den Resultaten der aktuellen Ärztestudie. So geben im Vergleich zum Schweizer Durchschnitt mehr Befragte in den Kantonen Basel-Stadt und Zürich an, sie seien bereits einmal unnötig behandelt worden. Beide Kantone haben auch eine überdurchschnittlich hohe Ärztedichte (vgl. Grafik). Die Wahrnehmung der unnötigen Behandlungen widerspiegelt jedoch nicht immer die Ärztedichte. In der Westschweiz und im Tessin, beides Gebiete mit einem generell höheren Konsum an Heilbehandlungen und Medikamenten zulasten der Grundversicherung, haben die Leute weniger das Gefühl, unnötige medizinische Behandlungen über sich ergehen lassen zu müssen als in der Deutschschweiz.
Für den Krankenkassen-Experten ist darum klar, dass die Versorgungsforschung verbessert werden muss. Heute kostet das Gesundheitswesen über 60 Milliarden Franken pro Jahr - ein solches System sollte nicht anhand von subjektiven Eindrücken gesteuert werden. «Dass diese aber durchaus eine Rolle spielen, zeigt die Absicht des Bundesrats, den Zulassungsstopp wieder einzuführen», sagt Schneuwly. Hier brauche es eine bessere Entscheidungsgrundlage, sagt Schneuwly. So sollte man nicht nur wissen, wie viele Ärzte es pro Region brauche, sondern auch der Faktor Qualität müsse bei der Planung eine Rolle spielen. «Ist die Behandlungsqualität objektiv vergleichbar, ist auch das Problem der Überarztung gelöst», so das Fazit von Schneuwly. «comparis.ch fordert daher auch bei der Leistungserbringung mehr Transparenz im Interesse von Patient und Prämienzahler.»
Trotz Krankheit nicht zum Arzt Wie unnötige Behandlungen sind unterlassene Behandlungen für die Gesundheit ebenfalls nicht förderlich. 24 Prozent der Befragten haben angegeben, bereits einmal wegen den Kosten auf einen Arztbesuch verzichtet zu haben. Bei Personen mit einem tiefen Haushaltseinkommen sind es signifikant mehr. So sagen 32 Prozent der Personen mit einem Einkommen unter 5000 Franken pro Monat, sie seien aus finanziellen Gründen bereits einmal trotz Verletzung oder Krankheit nicht zum Arzt gegangen. Von den Befragten mit einem Einkommen von über 5000 Franken pro Monat geben nur 20 Prozent diese Antwort. «Ganz so dramatisch, wie es die Zahlen vermuten lassen, ist es jedoch wohl nicht», stellt Schneuwly fest. «Denn im internationalen Vergleich ist die Ärzte- sowie Pflegepersonaldichte sehr hoch und der Zugang zur medizinischen Versorgung in der Schweiz dank der obligatorischen Krankenpflegeversicherung für die gesamte Bevölkerung vorbildlich.»
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