Media Service: «Weltwoche» ging im «Fall Strehle» zu weit Jahresmedienkonferenz des Schweizer Presserats
Interlaken (ots) -
«Weltwoche» ging im «Fall Strehle» zu weit
Jahresmedienkonferenz des Schweizer Presserats
Laut Presserat ist die «Weltwoche» im «Fall Strehle» zu weit gegangen. Zwar besteht ein öffentliches Interesse daran, beim Chefredaktor einer wichtigen Zeitung den beruflichen Werdegang und seine politische Vergangenheit kritisch zu beleuchten. Auch bei öffentlichen Personen ist jedoch sorgfältig zwischen dem Persönlichkeitsschutz und dem Anspruch der Öffentlichkeit auf Information abzuwägen. Dabei ist insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit Rechnung zu tragen.
Der Presserat bejaht in seinem Entscheid, dass Strehles Ernennung zum Alleinchefredaktor der konvergenten «Tages-Anzeiger»-Redaktion einen aktuellen Anlass bildet, um dessen Vergangenheit kritisch zu beleuchten. Das öffentliche Interesse an der politischen Biografie eines Chefredaktors rechtfertige es aber nicht, zwei fast 30-jährige Polizeifotos zu veröffentlichen. Und es berechtigt nicht, in Kombination mit weiteren Bildern verurteilter Gewalttäter und Terroristen die durch Fakten nicht belegte, tatsachenentstellende These zu vertreten, Strehle habe als möglicher Mitwisser und ideeller Unterstützer von politischer Gewalt eine «irritierende Nähe zu Bombenlegern und linken Extremisten» gehabt. Selbst wenn ein Chefredaktor die Gepflogenheiten der Branche kennt, geht es laut Presserat auch nicht an, ihm schwere Vorwürfe zu Jahrzehnte zurückliegenden Vorgängen erst wenige Stunden vor Redaktionsschluss zur Stellungnahme zu unterbreiten. Zudem seien schwere Vorwürfe «präzis» zu benennen. Zum Vorwurf, Strehle habe damals von terroristischen Aktivitäten von Mitbewohnern in einer Wohngemeinschaft zumindest Kenntnis gehabt, hätte die «Weltwoche» deshalb konkrete Namen nennen müssen. Der Presserat hat diesen Entscheid an seiner Jahresmedienkonferenz veröffentlicht.
Fortschritte bei der Abdruckspflicht
In einem Rückblick auf die Tätigkeit des Presserats im Jahr 2012 hob dessen Präsident Dominique von Burg hervor, dass die Redaktionen letztes Jahr vermehrt über sie betreffende Stellungnahmen berichteten. Nach wie vor haben aber Medien in sieben Fällen nicht über einen Entscheid berichtet, in dem sie der Presserat rügte. Auch 2012 war der Presserat stark gefragt: 95 Beschwerden gingen ein, 78 Stellungnahmen hat er verabschiedet, was einen Rekord bedeutet.
Jahrheft 2013
An seiner Jahresmedienkonferenz hat der Presserat auch sein neues Jahrheft aufgelegt (http://www.presserat.ch/Documents/Jahrheft_2013.pdf). Es enthält neben dem Jahresbericht mit den wichtigsten Leitfällen des vergangenen Jahrs je einen Aufsatz zum Recht am eigenen Bild und zum Opferschutz.
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