Gesamtarbeitsvertragliche Mindestlöhne in der Schweiz zwischen 1999
Neuenburg (ots)
Gesamtarbeitsvertragliche Mindestlöhne zeigen vor allem für unqualifizierte Arbeitnehmende Wirkung
Zwischen 1999 und 2001 stiegen die gesamtarbeitsvertraglichen Mindestlöhne unqualifizierter Arbeitnehmender deutlich stärker (+7%) als die Mindestlöhne qualifizierter (+2,9%) und höher qualifizierter Arbeitnehmender (+3%).
Die Mindestlöhne für unqualifizierte Arbeitnehmende nahmen in Wirtschaftsbranchen mit hoher gesamtarbeitsvertraglicher Abdeckung zwischen 1999 und 2001 tendenziell stärker zu als in Wirtschaftsbranchen mit geringer Abdeckung. Ebenso kann festgestellt werden, dass unqualifizierte Arbeitnehmende mit Einzelarbeitsvertrag häufig weniger als den gesamtarbeitsvertraglichen Mindestlohn verdienen. Diese Ergebnisse gehen aus einer Studie der wichtigsten Gesamtarbeitsverträge hervor, die im Auftrag des Bundesamtes für Statistik (BFS) erstellt wurde.
Gesamtarbeitsvertragliche Mindestlohnerhöhung für unqualifizierte Arbeitnehmende deutlich höher
Die gesamtarbeitsvertraglichen Mindestlöhne unqualifizierter Arbeitnehmender (ohne abgeschlossene Berufslehre) stiegen zwischen 1999 und 2001 mit durchschnittlich 7 Prozent deutlich stärker als die Mindestlöhne qualifizierter und höher qualifizierter Arbeitnehmender. Die Mindestlöhne qualifizierter Arbeitnehmender (abgeschlossene Berufslehre) stiegen in der gleichen Periode um 2,9 Prozent und jene höher Qualifizierter (höherer Fachausweis) um 3 Prozent. Im selben Zeitraum 1999 bis 2001 fiel die nominale Lohnerhöhung in der gesamten Wirtschaft mit 3,7 Prozent (provisorischer Wert) deutlich tiefer aus als das Mindestlohnwachstum für Unqualifizierte.
Auf Branchenebene war die Erhöhung der Mindestlöhne für unqualifizierte Arbeitnehmende sehr unterschiedlich. Die markantesten Wachstumsraten zwischen 1999 und 2001 verzeichneten die Branchen Erzeugung und Bearbeitung von Metall (+36%), Herstellung von Nahrungsmitteln und Getränken (14%), Be- und Verarbeitung von Holz (+10%) und das Papier- und Kartongewerbe (+10%). Die Branchen mit keinem oder nur schwachem Wachstum waren Persönliche Dienstleistungen (0%), das Kreditgewerbe (+0,2%) und die Luftfahrt (+0,9%).
Für die unqualifizierten Arbeitnehmenden konnte zudem ein deutlicher Zusammenhang zwischen der gesamtarbeitsvertraglichen Abdeckung der Wirtschaftsbranchen und der Mindestlohnerhöhung gefunden werden. Je höher der Abdeckungsgrad der Wirtschaftsbranchen ausfällt, um so grösser ist tendenziell das Mindestlohnwachstum.
Gesamtarbeitsverträge zeigen vor allem für unqualifizierte Arbeitnehmende Wirkung
Unqualifizierte Arbeitnehmende mit Einzelarbeitsvertrag verdienen in der Schweiz oft weniger als Unqualifizierte mit gesamtarbeitsvertraglichen Mindestlohnregelungen - das ergibt ein Vergleich mit der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE). So verdienen in der Wirtschaftsbranche Herstellung von Metallerzeugnissen rund 25 Prozent aller ungelernten Arbeitnehmenden mit Einzelarbeitsvertrag weniger als den GAV-Mindestlohn. In der Branche Handel und Reparatur von Automobilen sind es 24 Prozent und in der Branche Herstellung von Produkten aus nichtmetallischen Mineralien 23 Prozent. Im Gesundheits- und Sozialwesen sowie im Papier- und Kartongewerbe verdienen je 19 Prozent aller ungelernten Arbeitnehmenden mit Einzelarbeitsvertrag weniger als den GAV-Mindestlohn.
Gesamthaft kann gesagt werden: je schwächer die Wirtschaftsbranchen von gesamtarbeitsvertraglichen Mindestlohnregelungen abgedeckt sind, desto häufiger verdienen unqualifizierte Arbeitnehmende mit Einzelarbeitsvertrag weniger als den GAV-Mindestlohn. Für qualifizierte Arbeitnehmende ist dieser Zusammenhang weniger stark ausgeprägt und für höher Qualifizierte kann überhaupt kein Zusammenhang gefunden werden.
GAV-Mindestlöhne tendenziell auf das Niveau von 3000 Franken angehoben
Auf das Jahr 2001 hin sind einige der mittleren Mindestlöhne für unqualifizierte Arbeitnehmende auf das Niveau von 3000 Franken brutto pro Monat angehoben worden. So in den Branchen Landwirtschaft (Gartenbau), Herstellung von Nahrungsmitteln und Getränken, in der Branche Bearbeitung von Metall sowie im Kreditgewerbe.
Unqualifizierte Arbeitnehmende, die von Mindestlohnregelungen unter 3000 Franken betroffen sind, finden sich in den Branchen Verlags- und Druckgewerbe (2900 Fr.), im Detailhandel (2899 Fr.), Herstellung von Automobilen (2875 Fr.), Landverkehr, Transport in Rohrfernleitungen (2855 Fr.), Herstellung von Möbeln, Schmuck und sonstigen Erzeugnissen (2777 Fr.), im Gastgewerbe (2562 Fr.), sowie Persönliche Dienstleistungen (650 Fr.).
Die höchsten Mindestlöhne für unqualifizierten Arbeitnehmenden finden sich in den Branchen Handel, Reparatur Automobile (3504 Fr.), Herstellung von Metallerzeugnissen (3525 Fr.), im Baugewerbe (3527 Fr.) und Herstellung von sonstigen Produkten aus nichtmetallischen Mineralien (3800 Fr.).
Grosse Unterschiede in der gesamtarbeitsvertraglichen Mindestlohnabdeckung auf Branchenebene
In der Schweizer Privatwirtschaft waren im Jahr 2001 rund 34 Prozent aller Arbeitnehmenden von gesamtarbeitsvertraglichen Mindestlohnregelungen betroffen. Auf der Ebene der Wirtschaftsbranchen gibt es bezüglich der Abdeckung grosse Unterschiede. Die von gesamtarbeitsvertraglichen Mindestlohnregelungen am stärksten abgedeckten Wirtschaftsbranchen, die auch aufgrund der gesamten Beschäftigtenzahl bedeutend sind, sind das Gastgewerbe (89%), das Baugewerbe (70%), das Kreditgewerbe (61%) und der Detailhandel (40%).
Im Vergleich dazu gibt es Branchen, die nur sehr schwach oder gar nicht abgedeckt sind. Zu den schwach abgedeckten Wirtschaftsbranchen zählen die Erbringung von Dienstleistungen für Unternehmen (2%), das Gesundheits- und Sozialwesen (3%), Herstellung von Metallerzeugnissen (4%) und Herstellung von Nahrungsmitteln und Getränken (9%). Bedeutende Branchen ohne Mindestlohnregelungen sind der Maschinenbau, die Branche Herstellung von Präzisionsgeräten und Uhren sowie die Branche Handelsvermittlung und Grosshandel.
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Neuerscheinung:
BFS, Mindestlöhne in der Schweiz. Analyse der Mindestlohn- und
Arbeitszeitregelungen in den Gesamtarbeitsverträgen von 1999 - 2001,
Neuchâtel 2002, Bestellnummer: 497-0100.
Weiterführende Informationen finden Sie auf der Homepage des BFS
http://www.statistik.admin.ch