Gemeindeergebnisse der Volksabstimmung vom 3. März 2002
Neuenburg (ots)
UNO-Beitritt: starker Gegensatz zwischen Stadt und Land in der Deutschweiz
Die Abstimmung über den UNO-Beitritt polarisierte die Städte und die Landgemeinden vor allem in der Deutschschweiz. Die Städte sagten Ja zum Beitritt, die Landgemeinden lehnten ihn ab. Im Vergleich zur UNO-Abstimmung von 1986 steigerte vor allem die Romandie den Ja-Stimmenanteil markant, während die italienische Schweiz die Zustimmung nur leicht erhöhte. Die drei Grossregionen Ostschweiz, Zentralschweiz und Tessin wurden beim UNO-Entscheid majorisiert. Bei Abstimmungen ist das Tessin relativ häufig in dieser Situation, die beiden anderen Regionen werden dagegen selten überstimmt. Dies sind einige Ergebnisse einer Analyse der Gemeinderesultate durch das Bundesamt für Statistik (BFS).
Auffälligstes Merkmal bei der UNO-Abstimmung ist der markante Gegensatz zwischen städtischen und ländlichen Gemeinden. Die Städte stimmten dem UNO-Beitritt deutlich zu (59%), die Landgemeinden lehnten ihn ab (45% Ja-Stimmen). Die Differenz von 14 Prozentpunkten wurde in den letzten 20 Jahren erst bei 13 von rund 180 Vorlagen übertroffen. Noch ausgeprägter präsentiert sich das Bild, wenn Zentren und periphere Gemeinden verglichen werden: In den Grosszentren sagten 68% der Stimmenden Ja zum UNO-Beitritt, in den agrarischen Gemeinden waren es bloss halb so viele (34%).
Der Stadt-Land-Gegensatz ist namentlich in der Deutschschweiz beachtlich. Die Städte stimmten der UNO-Vorlage mit 59% zu, die Landgemeinden lehnten sie mit 43% klar ab. Erst 5 Mal seit 1981 war dieser Stadt-Land-Gegensatz von 16 Punkten in der Deutschschweiz grösser. In der Romandie befürworteten sowohl städtische wie ländliche Gemeinden den UNO-Beitritt (66% bzw. 56%). In der italienischen Schweiz erreichten die städtischen Gemeinden einen Ja-Stimmenanteil von 43%, die Landgemeinden einen solchen von 35%.
Geringer als bei anderen aussenpolitischen Vorlagen präsentieren sich die sprachregionalen Gegensätze. Am grössten ist die Differenz - wie bereits früher - zwischen den beiden lateinischen Sprachregionen, die 21 Punkte auseinander lagen. Der Unterschied zwischen deutscher und französischer Schweiz ist mit 9 Punkten jedoch vergleichsweise gering und hat gegenüber den Abstimmungen über den EWR, die bilateralen Verträge oder die Initiative «Ja zu Europa» teilweise deutlich abgenommen.
UNO-Abstimmungen 1986 und 2002: Romandie erhöht Ja-Anteil am stärksten
Im Vergleich zur ersten UNO-Abstimmung im Jahr 1986 steigerten praktisch alle Gemeinden ihren Ja-Stimmenanteil, knapp die Hälfte der Gemeinden wechselte vom Nein- ins Ja-Lager. 14 Gemeinden - vor allem aus der italienischen Schweiz - gingen den umgekehrten Weg: sie hatten dem UNO-Beitritt 1986 noch zugestimmt, lehnten ihn diesmal aber ab. Dagegen blieben 7 Gemeinden, zumeist im Jura gelegen, beim Ja. Sie hatten schon 1986 für den Beitritt votiert und taten es 16 Jahre später erneut.
Die markanteste Erhöhung der Zustimmung findet sich in der Romandie: die städtischen Gemeinden legten um 38 Punkte zu, die ländlichen Gemeinden um 35 Punkte. Die deutschsprachigen Städte steigerten ihren Zustimmungswert um 32 Punkte, die ländlichen Gemeinden um 27 Punkte. Die italienischsprachigen Gemeinden erhöhten ihren Ja-Stimmenanteil - von damals hohen 35% bzw. 30% - nur wenig: um 8 Punkte die Städte, um 5 Punkte die Landgemeinden.
Überstimmte Regionen
Wie bei jeder umstrittenen Abstimmung gab es auch diesmal überstimmte Regionen. Die Ost- und Zentralschweiz und das Tessin wurden beim UNO-Entscheid in die Minderheit versetzt. Ein Blick in die schweizerische Abstimmungsgeschichte zeigt, dass die Majorisierung der Ost- und der Zentralschweiz ein Sonderfall ist. Beide Regionen standen nämlich - zusammen mit dem Espace Mittelland (BE, FR, JU, NE, SO) - meist auf der Seite der «Sieger». Von insgesamt 475 Vorlagen über die seit 1871 abgestimmt wurde, stimmte die Ostschweiz nur in 35 Fällen und die Zentralschweiz in 46 Fällen anders als die Mehrheit, das sind nur 7% resp. 10% aller Vorlagen. Anders präsentiert sich das Bild beim Tessin: 93 Mal wurde diese Region in die Minderheit versetzt, dies war bei jeder 5. Vorlage der Fall. Ähnlich oft - bei 86 Vorlagen - wurde die Genferseeregion überstimmt.
Vergleichbar sind die Verhältnisse auch in jüngerer Zeit. In den letzten 30 Jahren wurden - bei einem Total von 262 Vorlagen - die Ostschweiz und der Espace Mittelland je 15 Mal überstimmt (6%), die Zentralschweiz 17 Mal (6,5%). Die Genferseeregion und der Kanton Tessin fanden sich hingegen bei je 47 Vorlagen (18%) auf der Verliererseite.
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