BFS: Wissenschaft und Technologie (W+T) in der Schweiz Wissenschaft und Technologie: Die Schweiz verliert an Boden
Neuchâtel (ots)
Inwiefern können Wissenschaft und Technologie (W+T) die Wirtschaft ankurbeln und die Schweiz unter die Spitze der Länder bringen, die auf das Wissen setzen? Gestützt auf eine Reihe von W+T-Indikatoren - die übrigens auch auf dem Internet zu finden sind - liefert das Bundesamt für Statistik (BFS) Antworten auf diese Fragen und zieht Bilanz über das W+T-System im vergangenen Jahrzehnt.
Seit zehn Jahren haben politische Umwälzungen weltweit immer wieder für wirtschaftliche Turbulenzen gesorgt. Parallel dazu hat das Aufkommen der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) tiefe Spuren in den Produktionsprozessen hinterlassen und zu einer zunehmenden internationalen Arbeitsteilung und wirtschaftlichen Verflechtung geführt. Die Globalisierung hat auch vor der Schweiz nicht haltgemacht, die sich aufgrund ihrer starken Abhängigkeit vom internationalen Wirtschaftsgeschehen gezwungen sieht, sich laufend anzupassen und sich den Folgen all der Veränderungen zu stellen.
Um gegenüber den anderen westlichen Industrieländern konkurrenzfähig zu bleiben und auf den Weltmärkten bestehen zu können, springt die Schweiz auf den Zug der neuen Produktions- und Wissenstransferformen auf.
Grösserer Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften
Die Ausrichtung auf eine wissensbasierte Wirtschaft bringt eine zunehmende Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften mit sich. Zwischen 1991 und 2001 nahm die Zahl der Erwerbstätigen in wissenschaftlichen oder technischen Berufen oder in höheren Kaderfunktionen relativ deutlich zu (von 34% auf 42%). Auch der Anteil der Erwerbstätigen mit W+T-Ausbildung (Universität oder Fachhochschule) vergrösserte sich, und zwar stieg er von 19% auf 24%.
Betrachtet man nur gerade das F+E-Personal, so fällt auf, dass davon im Jahr 2000 fast die Hälfte einen Tertiärabschluss besass, während dies 1992 noch lediglich für 35% galt.
Zwar nimmt das Bildungsniveau der Bevölkerung in der Schweiz seit zehn Jahren zu, jedoch war im Jahr 2000 der Anteil der Personen (am Total der Bevölkerung im diplomüblichen Alter: 23-26 Jahre), die eine Tertiärausbildung an einer Universität oder Fachhochschule abschlossen, im internationalen Vergleich relativ gering (13,3%) und lag sogar unter dem Durchschnitt der OECD-Länder (25,9%). Überdurchschnittlich innerhalb der OECD (Mittel: 10,6% und 1%) schneidet die Schweiz hingegen bezüglich des Anteils von ausseruniversitären höheren Berufsausbildungen (19%) und Doktortiteln (2,6%) ab.
Schweizer Investitionen in Forschung und technologische Entwicklung: beunruhigende Anzeichen
In einer wissensbasierten Wirtschaft kommt dem wissenschaftlichen System eine wachsende Bedeutung zu, gilt es doch als Hauptquelle neuer Kenntnisse und als Schlüssel für die Weitergabe und Nutzung des vorhandenen Wissens. Das System ist Basis für die technologische Entwicklung und die Expansion neuer wissenschaftsbasierter Sektoren wie die Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) oder die Biotechnologie. In der Schweiz wird in der F+E insgesamt ein bedeutendes Mass an Human- und Finanzressourcen eingesetzt. Im Jahr 2000 arbeiteten, auf Personenjahre (PJ) umgerechnet, 13 von 1000 Erwerbstätige in der F+E, und die Intramuros-Ausgaben für F+E (10'675 Mio. Fr.) machten 2,64% des BIP aus. Damit belegte die Schweiz punkto F+E-Ressourcen noch einen der vordersten Plätze unter den OECD-Ländern. Seit 1996 verringert sich jedoch der Anteil der F+E-Ausgaben am BIP (1996: 2,73%), weshalb die Schweiz seitdem gegenüber Japan, den USA, Schweden und Finnland an Boden verliert. Während derselben Zeit stockte Japan seine F+E-Ausgaben von 2,77% auf 2,93% auf, die USA erhöhten von 2,55% auf 2,76%, Schweden von 3,46% auf 3,80% und Finnland von 2,54% auf 3,31%. Das F+E-Personal verstärkte sich in der Schweiz zwischen 1996 und 2000 lediglich um 0,3 PJ pro 1000 Erwerbstätige (12,7 auf 13); zwischen 1995 und 1996 wuchs es hingegen in Schweden um 0,9 PJ pro 1000 Erwerbstätige (15,2 PJ pro 1000 im Jahr 1999) und um 6,2 PJ pro 1000 in Finnland (19,6 PJ pro 1000 im Jahr 1999).
Zwischen 1992 und 2000 betrug die Steigerung der F+E-Finanzierung real durchschnittlich rund 1% pro Jahr. Der Anteil der F+E-Ausgaben der Privatwirtschaft ist leicht von 67,4% auf 69,1% gewachsen; zugelegt haben auch die Ausgaben der übrigen nationalen Geldgeber und des Auslandes. Stark geschrumpft ist hingegen der vom Bund finanzierte Anteil (von 28,4% auf 23,2%). In kaum einem OECD-Land ist der von der öffentlichen Hand finanzierte Teil der F+E so gering und der von der Privatwirtschaft gedeckte Teil so hoch wie in der Schweiz.
Zunehmende Interdependenz und Schwächung der Position der Schweiz
In einer wissensbasierten Wirtschaft spielt die Diffusion des Wissens eine Schlüsselrolle.
Zusammenarbeit in der Forschung fördert neue Ideen und erleichtert den Wissenstransfer. Die Schweiz engagiert sich immer stärker in der internationalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit, dies insbesondere durch ihre Beteiligung an den Rahmenprogrammen für Forschung und technologische Entwicklung der Europäischen Union (FRP). Das 3. FRP von 1990 bis 1994 vereinte 504 Schweizer Teilnehmende auf sich. Eine mehr als doppelt so grosse Teilnehmerzahl (1273) ergab sich beim 4. FRP (1995-1998), und das 5., noch laufende FRP zählt bereits 913 Teilnehmende aus der Schweiz.
Die wissenschaftlichen Publikationen, die Patente und der Inhalt der technologischen Zahlungsbilanz stellen ebenfalls einen bedeutenden Vektor für den technologischen Wissenstransfer dar. Die Schweiz profitiert von der technologischen Diffusion, sei es in Form von Publikationen, Patenten, Kenntnissen oder Spitzentechnologieprodukten.
Im internationalen Vergleich steht die Schweiz im Rennen um die wissenschaftlichen Publikationen und Patente ziemlich gut da. Die Zunahme der Anzahl Patentanmeldungen in der Schweiz durch Erfinder und Erfinderinnen mit Wohnsitz ausserhalb der Landesgrenzen (1990: 42 459; 1998: 108 922) widerspiegelt die Bedeutung des Schweizer Marktes für die ausländischen Unternehmen. Illustriert wird dadurch auch die technologische Verflechtung zwischen den Ländern. Die technologische Abhängigkeitsrate der Schweiz (Patentanmeldungen nicht ansässiger ErfinderInnen / Patentanmeldungen ansässiger ErfinderInnen) erhöhte sich denn auch von 11,65 (1990) auf 49,80 (1998).
Die technologische Zahlungsbilanz der Schweiz ist seit 1985 positiv. Der Anteil nicht-integrierter, importierter ausländischer Technologien nimmt jedoch im Verhältnis zu den inländischen F+E- Aufwendungen immer mehr zu (1992: 13,9%; 2000: 30,4%).
Im internationalen Handelsaustausch der High-Tech-Industrien sticht die Schweiz in der Herstellung von Geräten sowie in der Pharmaindustrie mit einem relativ hohen Deckungsgrad (Exporte/Importe) hervor. Im Laufe der 90er-Jahre war jedoch gerade in der Pharmaindustrie ein Terrainverlust zu verzeichnen; ihr Deckungsgrad sank von 3,4 im Jahr 1990 auf 1,9 im Jahr 2000.
Die Schweiz und die IKT: sehr hohe Ausgaben, relativ wenige Internetanschlüsse
Der Werdegang der Informatik seit den 50er-Jahren ist in der Schweiz so spektakulär, dass das Land punkto Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) inzwischen zu den bestausgerüsteten Ländern gehört. 2001 wies die Schweiz von allen OECD-Ländern die höchsten IKT-Aufwendungen pro Kopf auf. Die gesamten Ausgaben für IKT beliefen sich auf 9% des BIP. Was hingegen die Internet- Infrastruktur betrifft, so lag die Schweiz mit 74 Hosts (mit dem Internet verbundene Computer) pro 1000 Einwohner im Juli 2001 unter dem Durchschnitt der OECD-Länder (101).
BUNDESAMT FÜR STATISTIK
Informationsdienst Auskunft:
Elisabeth Pastor, BFS, Sektion Hochschulen und Wissenschaft, Tel.: 032/713 62 99,
E-Mail: elisabeth.pastor@bfs.admin.ch
Neuerscheinung:
Indikatoren "Wissenschaft und Technologie". Wissenschaft und Technologie in der Schweiz, Bilanz des letzen Jahrzehnts, 1990- 2000/2001, BFS, Neuchâtel, 2002.
Bestellnummer: 139-0102 , Preis 5.--
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Weiterführende Informationen sowie die W+T-Indikatoren finden Sie auf folgender Website:
http://www.science-stat.admin.ch
09.01.03