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pafl: Besuch des liechtensteinischen Regierungschefs in drei ostdeutschen Bundesländern

(ots)

Vaduz, 13. Oktober (pafl) -

Vom 10. bis 13. Oktober 2006
besuchte der liechtensteinische Regierungschef, Otmar Hasler, in 
Begleitung des Botschafters in Berlin, Josef Wolf, und von Edgar 
Nipp, Mitarbeiter der Regierung, drei ostdeutsche Bundesländer: 
Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Allgemeine Zielsetzung
Ziel der Reise war die Vertiefung der deutsch-liechtensteinischen 
Beziehungen auf verschiedenen Ebenen. Im wirtschaftlichen und 
kulturellen Bereich bestehen bereits zahlreiche Verbindungen. 
Während Liechtenstein traditionell enge Kontakte zu den süddeutschen 
Ländern unterhält, galt dieser Besuch gerade den politischen 
Beziehungen zu den neuen Bundesländern. Die liechtensteinische 
Regierung trägt damit der großen Rolle der Bundesländer in der 
deutschen Politik Rechnung. Enge Kontakte zu den Bundesländern 
dürften in mittel- bis langfristiger Perspektive auch zu einer 
zunehmenden Sensibilisierung der deutschen Bundespolitik für 
liechtensteinische Interessen und Angelegenheiten führen.
Erste Eindrücke
Die ersten Eindrücke waren überaus positiv. Die ungeheuren 
Investitionen in den „Aufbau Ost“ (neue Infrastruktur für Verkehr 
und Telekommunikation, Entsorgung von ökologischen Altlasten, 
Erhaltung und Sanierung industrieller Kerne, Gebäude- sanierung, 
Wohnungsbau u. a.) sind nicht zu übersehen. Die Stadtkerne wurden 
gründlich saniert, die erhaltenen Altbauten liebevoll und aufwendig 
restauriert. Die Industrieanlagen sind auf dem neusten Stand.
10. Oktober: Auftakt in Thüringen
In Begleitung von Ministerpräsident Dieter Althaus und des 
thüringischen Wirtschaftsministers Jürgen Reinholz besichtigte 
Regierungschef Otmar Hasler den liechtensteinischen Betrieb PAV AG 
in Zella-Mehlis. Das auf Präzisionsteile spezialisierte Unternehmen 
überzeugte die Gäste durch eine junge, dynamische Geschäftsführung 
und Belegschaft. Nach diesem Termin wurde der Regierungschef nach 
Oberhof eingeladen, um das dortige Wintersportzentrum zu 
besichtigen. Es gilt als eine der modernsten Trainingsstätten in 
Europa.
10./11. Oktober: Sachsen
Noch am 10. Oktober erfolgte die Weiterfahrt nach Dresden. Die Stadt 
überwältigt den Besucher mit ihrem kulturellen Reichtum und ihrer 
architektonischen Schönheit. 11. Oktober: Nachdem der russische 
Präsident Wladimir Putin nur wenige Stunden zuvor als erster 
ausländischer Staatsgast das restaurierte und wieder eröffnete 
„Grüne Gewölbe“ des Dresdner Residenzschlosses zu Gesicht bekam, 
darf sich die liechtensteinische Delegation rühmen, immerhin der 
zweite offizielle ausländische Besucher gewesen zu sein. Auch die 
Orgelandacht in der nach Originalplänen wieder aufgebauten 
Frauenkirche war sehr beeindruckend. Die Frauenkirche war – wie der 
größte Teil der Dresdner Innenstadt - im Februar 1945 durch die 
Luftangriffe der Royal Air Force völlig zerstört worden. Sie gilt 
nicht nur als Wahrzeichen der Stadt, sondern auch als Symbol für den 
teils irrationalen Zerstörungsgrad, welcher der deutschen 
Infrastruktur am Ende des Zweiten Weltkriegs zugefügt wurde.
Diesem Besuch folgten der Empfang im sächsischen Landtag und das 
Zusammentreffen mit Ministerpräsident Georg Milbradt. Der sächsische 
Regierungschef begrüßte die Errichtung einer neuen Anlage von 
ThyssenKrupp Presta in Chemnitz als einen konstruktiven Beitrag zur 
Stärkung des Industriestandortes Sachsen.
Am Abend nahm Regierungschef Hasler an der Eröffnungsveranstaltung 
zur Ausstellung „Tödliche Medizin: Rassenwahn im 
Nationalsozialismus“ im Deutschen Hygiene-Museum in Dresden teil. 
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hielt eine bemerkenswerte 
Eröffnungsrede und tauschte sich anschließend mit Regierungschef 
Hasler in einem kurzen Gespräch aus. Der Besuch in Dresden endete 
mit dem Besuch der Strauss-Oper „Elektra“ in der berühmten 
Semperoper.
12. Oktober: Sachsen-Anhalt
Neben der Besichtigung der ehemaligen Kunst- und Handwerkerschule, 
an der der Liechtensteiner Künstler Ferdinand Nigg zwischen 1903 und 
1912 gewirkt hatte, stand in der sächsisch-anhaltinischen 
Landeshauptstadt Magdeburg auch der Besuch der Ausstellung „Heiliges 
Römisches Reich Deutscher Nation 962-1806“ auf dem Programm.
Der zentrale Termin bestand in dem Zusammentreffen des 
liechtensteinischen Regierungschefs mit Ministerpräsident Prof. 
Wolfgang Böhmer, der im Spätsommer 2005 bereits in Liechtenstein 
gewesen war. An dem Gespräch über die politischen und 
wirtschaftlichen Beziehungen beider Seiten nahmen auch 
Wirtschaftsminister Reiner Haseloff und der Geschäftsführer der 
ThyssenKrupp Presta in Ilsenburg, Herr Manfred Arlt, teil.
12./13. Oktober: Rückkehr nach Thüringen
Der Besuch des Regierungschefs endete dort, wo er begonnen hatte: in 
Thüringen. Noch am 12. Oktober reiste er nach Apolda, um dort mit 
dem thüringischen Kultusminister, Jens Goebel, zusammenzutreffen.
Am nächsten Morgen stand die Werksbesichtigung der 
liechtensteinischen Papalina AG in Apolda auf dem Programm. An dem 
Termin nahmen neben dem Seniorchef, Herbert Ospelt, der thüringische 
Staatssekretär für Wirtschaft, Technologie und Arbeit, Jürgen Aretz, 
sowie der Bürgermeister der Stadt Apolda, Herr Rüdiger Eisenbrand, 
teil.
In der Landeshauptstadt Erfurt tauschte sich Regierungschef Hasler 
zunächst mit dem Justizminister des Freistaates Thüringen, Harald 
Schliemann, über aktuelle Themen aus. Anschließend begleitete er ihn 
zur Thüringer Staatskanzlei, wo Ministerpräsident Dieter Althaus den 
Gast aus Liechtenstein empfing und ihn zur Eintragung ins Goldene 
Buch des Freistaates Thüringen einlud.
In seinem Grußwort würdigte Otmar Hasler die wachsenden Verbindungen 
zwischen beiden Seiten und verlieh seiner Zufriedenheit über die 
Offenheit Thüringens Ausdruck: „Das Beispiel Thüringen sollte Schule 
machen. Wenn man hier von Liechtenstein spricht, denkt man zuerst an 
den Industriestandort, in zweiter Linie an die kulturellen 
Beziehungen und in dritter Linie an den Finanzplatz. Meist ist es 
sonst umgekehrt, an erster Stelle wird der Finanzplatz erwähnt, 
allerdings in klischeehafter Verkürzung.“ Der Aufenthalt in 
Thüringen wurde am späten Nachmittag durch einen Besuch der 
berühmten Wartburg in Eisenach abgerundet. Der Reformator Martin 
Luther hat zwischen 1521 und 1522 auf der Wartburg gelebt und 
gearbeitet. Die dort zu besichtigende „Lutherstube“ gilt als die 
Geburtsstätte der Lutherbibel.
Hintergrundinformation: Finanzielle Dimensionen des „Aufbaus Ost“
Mit dem offiziell so bezeichneten „Aufbau Ost“ wird seit 1990 der 
notwendige Neuaufbau in Ostdeutschland gefördert. Die politische 
Grundlage bilden drei zeitlich aufeinander folgende 
Finanzinstrumente, die jeweils zwischen Bund und Ländern vereinbart 
worden waren: Der Fonds „Deutsche Einheit“ (1990-1994), der 
Solidarpakt I (1995-2004) und der Solidarpakt II (2005-2019).
Aus dem Fonds „Deutsche Einheit“ flossen zwischen 1990 und 1994 gut 
82 Milliarden Euro in die neuen Länder. Im Rahmen des Solidarpakts I 
erhielten die ostdeutschen Länder zwischen 1995 und 2004 vom Bund 
sogenannte Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen in Höhe von 
nochmals etwa 82 Milliarden Euro. Bis 2001 kamen auf der Basis des 
Investitionsförderungsgesetzes weitere 24 Milliarden Euro hinzu.
Der seit 2005 geltende und bis 2019 laufende Solidarpakt II, zu dem 
sich auch die neue Bundesregierung bekennt, sieht nochmals insgesamt 
etwa 156 Milliarden Euro an Leistungen für die neuen Länder vor. Für 
den Zeitraum 1990-2019 beträgt die Gesamtsumme also 344 Milliarden 
Euro.
Allerdings hängt die Festlegung der genauen Höhe der Unterstützung 
von der Definition ab. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der 
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung veröffentlichte in seinem 
Jahresgutachten 2004/2005 dazu eine Aufstellung. Danach summierten 
sich die West-Ost-Nettotransferleistungen allein zwischen 1991 und 
2003 auf 980 Milliarden Euro. Berücksichtigt sind dabei neben 
speziellen Aufbauleistungen auch reguläre Staatsausgaben und 
Leistungen der sozialen Sicherungssysteme, von denen die Menschen in 
den neuen Bundesländern profitierten.

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