Luzern-Littau: Regierungsrat heisst Beschwerde in der Hauptsache gut
Luzern (ots)
Der Regierungsrat hat die Stimmrechtsbeschwerde im Zusammenhang mit den Stadtratswahlen Luzern-Littau vom 14. Juni 2009 teilweise gutgeheissen. Die stille Nachwahl des Littauer Gemeinderates Stefan Roth in die Exekutive der ab 2010 vereinigten Gemeinde wird aufgehoben und das Wahlverfahren fortgesetzt. Kandidieren mehr als eine Person für den zweiten Wahlgang, so findet dieser am 27. September 2009 statt. Den Termin für die Einreichung der Kandidaturen wird das Justiz- und Sicherheitsdepartement bekannt geben.
Bei den Neuwahlen vom 14. Juni 2009 in der Stadt Luzern und der Gemeinde Littau für die ab 2010 vereinigte Gemeinde wurden vier von fünf Stadtratssitzen im ersten Wahlgang besetzt. Die vier wieder kandidierenden Luzerner Stadträte wurden gewählt, der Littauer Gemeinderat Stefan Roth verpasste das absolute Mehr um 95 Stimmen. Nachdem bis zum Ablauf der Einreichungsfrist am 18. Juni, 12 Uhr nur von ihm eine Kandidatur für den zweiten Wahlgang eintraf, war auch Stefan Roth in stiller Nachwahl gewählt.
Der im ersten Wahlgang mit mehr als 4000 Stimmen hinter Stefan Roth zurückliegende Beat Stocker (ebenfalls Gemeinderat von Littau) hatte den Medien am 16. Juni mitgeteilt, dass auch er für den zweiten Wahlgang kandidiere. Überraschend zog er dann aber am 18. Juni um 11 Uhr, also eine Stunde vor Eingabefrist, seine Kandidatur zurück. In einer Medienmitteilung gab er an, dass ihn zahlreiche Gespräche, die er seit der Bekanntgabe seiner Kandidatur mit verschiedenen Personen geführt habe, zu diesem Schritt bewogen hätten. Gegenüber den Zeitungen und dem Schweizer Fernsehen präzisierte er, dass es viele heftige Reaktionen auf die Bekanntgabe seiner Kandidatur gegeben habe und dass er unter anderem vom amtierenden und wiedergewählten Luzerner Stadtpräsidenten angegangen worden sei.
Gestützt auf diese Aussagen reichte Yves Holenweger am 20. Juni beim Regierungsrat (fristgerecht) Stimmrechtsbeschwerde ein und beantragte die Annullierung der stillen Wahl und die Wiederholung des zweiten Wahlgangs. Zudem sollten der Stadtrat und der Stadtpräsident von Luzern aufgrund ihrer Intervention und des dadurch auf Beat Stocker ausgeübten Drucks gerügt werden. Zur Begründung seiner Beschwerde wies Holenweger darauf hin, dass der Stadtpräsident den Kandidaten Stocker aus einer Stadtratssitzung heraus angerufen habe. Es sei deshalb davon auszugehen, dass er diesen Anruf nicht als Privatperson gemacht habe. Damit hätten sich der Stadtrat und der Stadtpräsident in amtlicher Funktion in die Stadtratswahlen eingemischt und einen möglichen Kandidaten zum Rückzug bewogen. Stadtrat und Stadtpräsident hätten also in unzulässiger Weise in das Wahlverfahren eingegriffen.
In den Stellungnahmen der beteiligten Personen und Behörden werden die Inhalte der Telefonate, die in der Zeit vom 16. bis 18. Juni unter verschiedenen Gesprächsteilnehmern geführt wurden, unterschiedlich dargestellt. Der Regierungsrat kommt in seinen Erwägungen zum Schluss, dass der amtierende und wiedergewählte Luzerner Stadtpräsident sich aktiv in die Wahl um den letzten freien Stadtratssitz eingemischt hat. Als direkt von der Wahl betroffene Behörde hatte sich der Stadtrat strikt neutral und objektiv zu verhalten, denn gemäss Bundesgerichtspraxis ist ein behördliches Eingreifen in den Wahlkampf grundsätzlich ausgeschlossen.
Der Regierungsrat beurteilt das Telefonat, das der Stadtpräsident mit Beat Stocker führte, als unzulässige Intervention eines Behördenmitglieds. Für den Regierungsrat kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieser Telefonanruf - wenn vielleicht auch nicht allein - der Auslöser für den Rückzug der Kandidatur von Beat Stocker war. Insofern könnte dadurch indirekt ein zweiter Wahlgang verhindert und damit das Wahlrecht der Stimmbevölkerung von Luzern und Littau eingeschränkt worden sein. Mit seinem Entscheid hebt der Regierungsrat deshalb die stille Nachwahl auf und ordnet die Fortführung des Wahlverfahrens an. Das Justiz- und Sicherheitsdepartement wird eine neue Frist für die Einreichung der Wahlvorschläge für den zweiten Wahlgang festlegen und publizieren. Der Regierungsrat hat beschlossen, dass sich Stefan Roth nicht mehr erneut anmelden muss. Wenn sich keine weitere Person mehr für den zweiten Wahlgang zur Verfügung stellt, ist Stefan Roth in stiller Nachwahl gewählt. Ansonsten findet der zweite Wahlgang - wie ursprünglich vorgesehen - am 27. September 2009 statt.
Die zweite Forderung des Beschwerdeführers, der Stadtrat von Luzern und der Stadtpräsident seien zu rügen, weist der Regierungsrat ab. Durch die Aufhebung der stillen Nachwahl und der damit verbundenen Feststellung der Unzulässigkeit des Einwirkens des Stadtpräsidenten auf Beat Stocker werde genügend klar zum Ausdruck gebracht, dass ein solches Handeln nicht toleriert werden kann. Zudem werden damit Unsicherheiten über die Rechtmässigkeit des Wahlverfahrens ausgeräumt.
Kontakt:
Regierungsrätin Yvonne Schärli
Tel.: +41/41/228'59'11 (Freitag, 10. 7. 2009, 14.00-15.30 Uhr)