Ansprache von Bundespräsident Moritz Leuenberger zum Europatag
Köniz (ots)
Ich widme meine Gedanken für den heutigen Europatag dem südserbischen Prijepolje, und dem bernischen Köniz und der Freundschaft zwischen diesen beiden ungleichen Gemeinden.
Beide haben sie heute Grund, den Europatag zu feiern. 43 europäische Länder tun es ebenfalls, eines davon ist die Schweiz: Wir sind seit 38 Jahren Mitglied des Europarats. Diese europäische Friedensorganisation wurde kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, am 5. Mai 1949, gegründet. Die Staaten Europas wollten nie wieder Krieg und darum alles dafür unternehmen,
- um auf dem europäischen Kontinent gemeinsam den Frieden, die Menschenrechte und die Demokratie zu schützen;
- um zusammen Lösungen zu finden gegen Fremdenhass und Intoleranz;
- und um alle Menschen Europas einander in Solidarität und Hilfsbereitschaft näher zu bringen.
Das sind die idealistischen Ziele.
Es gibt konkrete Taten, die zu diesen Zielen führen. Unter der Schirmherrschaft des Europarates gehen zum Beispiel Schweizer Gemeinden Partnerschaften mit ausländischen Gemeinden ein. Zum Beispiel eben Köniz mit Prijepolje, von denen ich Ihnen erzählen will. Es gibt auch andere, zum Beispiel das Neuenburgische St Blaise mit dem deutschen St Blasien; oder Morcote mit dem französischen Viarmes.
Prijepolie ist ein Dorf in der heutigen Bundesrepublik Jugoslawien, in dem je zur Hälfte Serben und Muslime leben und das während den Balkankriegen der Neunziger Jahre stets tapfer versucht hat, seine ethnisch und konfessionell durchmischte Bevölkerung nicht auseinander spalten zu lassen. Köniz hat Prijepolje in seiner Friedfertigkeit während all den Jahren gestärkt und unterstützt: Behördendelegationen, Sportteams und Schulklassen haben sich gegenseitig besucht, Künstler aus Prijepolje haben ihre Werke in Köniz ausgestellt und umgekehrt, man hat miteinander über den Krieg, über Toleranz und Hass, über die Grundlagen und die Werkzeuge einer demokratischen Lokalpolitik diskutiert und manchmal auch einfach miteinander geplaudert und gefeiert.
Das Wissen um die Freunde in der Schweiz hat den Menschen in Prijepolje den Rücken gestärkt. Das Dorf hat während dem Balkankrieg nicht nur die Kraft gehabt, eine multiethnische Gemeinschaft zu bleiben, sondern es hat zusätzlich auch Flüchtlinge aufgenommen. Es ist so selbst humanitär aktiv gewesen und hat den Frieden in seinem Land und in Europa ein Stück weiter gebracht.
So wie es Prijepolje und Köniz taten und weiterhin tun werden, setzen sich Tausende von anderen Gemeinden für ein friedliches Europa und für eine friedliche Welt ein. Die Schweiz gehört dabei zu den Engagiertesten.
Letzte Woche habe ich Bosnien-Herzegowina und Jugoslawien besucht, und ich habe gesehen, was die Schweiz leistet. Ich habe gesehen,
- wie Kulturschaffende aus der Schweiz mit Kulturschaffenden aus Belgrad oder Sarajevo an einem der tragfähigsten Netze knüpfen, das eine Zivilisation bieten kann, nämlich am kulturellem Ausdruck und Austausch zwischen verschiedenen Ethnien und Menschen;
- ich habe gesehen, wie freiwillige Helferinnen und Helfer von Schweizer Hilfsorganisationen Häuser und Verkehrswege bauen und wie Fachleute aus der Schweiz breitwillig ihr Wissen weitergeben;
- und ich habe gesehen, wie junge Schweizer Soldatinnen und Soldaten tatkräftig beim Wiederaufbau mithelfen.
So schaffen wir Frieden - in Europa und anderswo!
In einem Monat wollen wir in einer Volksabstimmung entscheiden, dass diese jungen Soldatinnen und Soldaten sich verteidigen dürfen, wenn sie angegriffen werden sollten. Wir wollen dies, damit wir die friedensfördernde Tradition der Schweiz weiterführen können.
Europa ist ein grosses Friedensprojekt. Die Schweiz nimmt teil, trägt mit und baut mit. Sie tut es seit langem, und sie will es weiterhin tun.
Das ist eine schöne Aufgabe, und wir freuen uns, sie erfüllen zu dürfen.
Es gilt das gesprochene Wort!
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BK