Lungenliga Schweiz / Ligue pulmonaire Suisse / Lega polmonare svizzera
Tuberkulose (Tb) in der Schweiz
Bern (ots)
Wird Tuberkulose hierzulande unterschätzt?
Zwar ist die Krankheit hierzulande stark rückläufig. Die jüngsten Fälle von ausgebrochener Tuberkulose haben aber gezeigt, dass die Seuche noch längst nicht besiegt ist. In der Schweiz sind vor allem Personen mit geschwächtem Immunsystem von der infektiösen Erkrankung der Lunge betroffen. Treffen kann es aber jedermann.
Die Tuberkulose («Schwindsucht») rückt vermehrt wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit. Dies vor allem, nachdem ein 44jähriger Mann in diesem Frühjahr in St. Gallen - ohne es zu wissen - mindestens ein Dutzend Personen angesteckt hat.
Infektiöse Krankheit
Offene Tuberkulose ist eine ansteckende Krankheit, die beispielsweise beim Niesen übertragen werden kann. Damit können sich durch einen einzigen Fall zahlreiche Menschen rein zufällig infizieren.
Im «St. Galler Fall» sind mindestens 12 Personen - ohne es zu wissen - frisch angesteckt worden. Bis Ende August wurden im Rahmen der so genannten «Umgebungsuntersuchungen», die bei jedem Fall von ausgebrochener Tuberkulose angeordnet werden, im Umfeld des Erkrankten insgesamt 82 Personen getestet. Bei fast einem Drittel wurde eine Tb-Infektion nachgewiesen. Die häufigen Besuche von Restaurants und öffentlichen Plätzen des an offener Tb Erkrankten hatten den Gesundheitsbehörden nachträglich einiges an Kopfzerbrechen bereitet: Wer könnte sich allenfalls angesteckt haben - und weiss nichts davon? Wer soll in die Umgebungsuntersuchungen miteinbezogen werden und einen Tuberkulintest machen?
Ein weiterer Fall von offener Tuberkulose hat Ende August in Thun für Aufsehen und Aufregung gesorgt: In der Verpackungsabteilung einer bekannten Lebensmittelfirma war einige Wochen zuvor bei einem Mitarbeiter Tb ausgebrochen. Die seuchenpolizeilich vorgeschriebenen Untersuchungen der örtlichen Lungenligen haben in diesem Fall aber zu einer Entwarnung geführt: Die medizinischen Tests haben keine infizierten Personen zu Tage gefördert.
Erkrankte und Bevölkerung schützen
Alle Tb-Infektionen und -Erkrankungen müssen seuchenpolizeilich gemeldet werden. Dies ist vor allem bei ausgebrochener Tb von grösster Wichtigkeit, damit die Menschen im Umfeld einer erkrankten Person getestet werden können («Umgebungsuntersuchungen»). In jedem Fall kümmern sich spezialisierte Tb-Fachleute der Lungenligen um die Betroffenen und stellen sicher, dass die vorgeschriebenen medikamentösen Therapien diszipliniert befolgt werden - zum Schutz der Erkrankten, der Infizierten und der gesamten Bevölkerung.
Tb kennt keine Landesgrenzen
Weltweit ist einer von drei Menschen mit dem Tb-Erreger infiziert, wobei 22 Staaten - vor allem in Afrika - 80% der Tb-Erkrankungen verzeichnen. Viele Länder verfügen weder über eine genügende medizinische Infrastruktur, noch über die notwendigen finanziellen Mittel zur wirkungsvollen Prävention und Bekämpfung. Eine medizinisch-therapeutische Inkonsequenz ist aber bei Tuberkulose besonders gefährlich: Die Bazillen können zu früh abgebrochene oder unsorgfältige Therapien überleben und gefährliche Resistenzen gegen bestehende Medikamente ausbilden («multidrug resistance» MDR). Die resistenten Keime führen dann zu neuen Erkrankungen («MDR-Tb»), deren Behandlung besonders schwierig und teuer ist.
Die Tb-Erreger machen an den Landesgrenzen keinen Halt. Der wirtschaftliche und kulturelle Austausch zwischen den Staaten «globalisiert» auch sie. Ein Berner Ingenieur zum Beispiel, scheinbar ungefährdet (weitere Infos im neusten Lungenliga-Mailing), hat sich kürzlich wie aus heiterem Himmel angesteckt. Mit grosser Wahrscheinlichkeit während eines Langstreckenfluges in die Familienferien.
Deshalb bedeutet die Bekämpfung in den stark betroffenen Ländern mehr Sicherheit auch für die schweizerische Bevölkerung. Die Lungenliga Schweiz (LLS) und die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) unterstützen aus diesem Grunde gemeinsam Tb-Bekämpfungsprogramme in Rumänien, Bulgarien und Benin.
Fortschritte verdecken Dunkelziffer
Noch um 1900 sind in der Schweiz 9000 Menschen an der «Schwindsucht» gestorben. Nach 1945 ist die Krankheit dank des Penizillins und der ständigen Verbesserung der allgemeinen medizinischen Standards stark zurückgegangen. Gemäss Statistik des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) sind in der Schweiz im letzten Jahr 633 Erkrankungsfälle aufgetreten.
Wie die Tb-Fälle in St. Gallen und Thun zeigen, besteht trotz niedrigen beziehungsweise sinkenden Tb-Erkrankungsraten aber kein Grund zur Euphorie.
Die Betroffenen in der Schweiz sind überwiegend Personen mit einem geschwächten Immunsystem. Dazu gehören insbesondere HIV-infizierte Personen.
Unter den Experten besteht der Verdacht, dass die tatsächlichen schweizerischen Erkrankungsraten um einiges höher liegen als die statistischen Zahlen es ausdrücken. Tuberkulose ist hierzulande zu Unrecht fast kein Thema mehr. Bei vielen Todesfällen von stark betagten Menschen wird oft gar nicht erst nach dem Tb-Erreger gesucht.
Spendenaufruf zugunsten von Lungenkranken
Die Lungenliga Schweiz ruft zurzeit mit einem TV-Spot und einem Info-Brief an private Haushalte zur Spende zugunsten von Lungenkranken, Atembehinderten und Tuberkulosepatienten in der Schweiz auf. Ihre Spende kommt schwerkranken Menschen jeden Alters zugute. Spenden Sie auf PC 30 - 289986 - 9.
Kontakt:
Lungenliga Schweiz, Werner Vogel
Südbahnhof 14 c, 3000 Bern 17
Tel. +41 31 378 20 54
w.vogel@lung.ch
Lungenliga Schweiz, Stepanka Pini
Südbahnhofstr. 14 c, 3000 Bern 17
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s.pini@lung.ch