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Sucht Schweiz / Addiction Suisse / Dipendenze Svizzera

Stille Abhängigkeit von Schlaf- und Beruhigungsmitteln

Lausanne (ots)

Über 3 % der Bevölkerung nehmen täglich oder fast täglich während eines Jahres oder häufig länger Schlaf- oder Beruhigungsmittel ein, oft sind es Benzodiazepine. Betroffen sind vor allem ältere Menschen, mehr Frauen als Männer. Der regelmässige und lange Gebrauch ist wegen des Abhängigkeitspotenzials und der Nebenwirkungen problematisch. Verschiedene Aspekte rund um psychoaktive Medikamente sind Thema der jüngsten Ausgabe der Fachzeitschrift Dépendances.

Die im Rahmen von Suchtmonitoring Schweiz erhobenen Daten ermöglichen, die tägliche und lang dauernde Einnahme von Medikamenten mit Abhängigkeitspotenzial in der Bevölkerung abzuschätzen. Ein Beitrag in der jüngsten Ausgabe der französischsprachigen Fachzeitschrift Dépendances stützt sich auf diese neuen Daten und beleuchtet erstmals den aktuellen Gebrauch psychoaktiver Medikamente in der Schweiz.

Schädliche Folgen einer Langzeiteinnahme Schlaf- und Beruhigungsmittel, starke Schmerzmittel und Psychostimulanzien sind wegen ihres Abhängigkeitspotenzials besonders kritisch. Die tägliche und lang andauernde Einnahme von Schlaf- und Beruhigungsmitteln durch ältere Menschen, mehr Frauen als Männer, fällt besonders auf. Dabei handelt es sich häufig um Benzodiazepine oder ähnliche Medikamente. 3.1% der Bevölkerung (ab 15 Jahren) gebrauchen solche Medikamente täglich oder fast täglich ein Jahr lang oder häufig länger. Dieser Anteil ist hoch, wenn man bedenkt, dass sie nur über kurze Zeit eingenommen werden sollten, dass ein hohes Abhängigkeitsrisiko besteht und dass Nebenwirkungen gravierend sein können. Schädliche Folgen einer Langzeiteinnahme können Störungen der Bewegungskoordination sowie Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsprobleme sein. Bei älteren Menschen ist das Risiko von Stürzen stark erhöht.

Abhängigkeitspotenzial

Dass Benzodiazepine und ähnliche Medikamente in vielen Fällen wirksam und hilfreich sind, ist in Fachkreisen unbestritten. Sie werden bei Schlaf- und Angststörungen, Krampfanfällen oder zur Vorbereitung von chirurgischen Eingriffen eingesetzt. Sie bergen aber ein Abhängigkeitspotenzial, weshalb sie sorgfältig nach den medizinischen Richtlinien eingesetzt werden müssen. Die Probleme beim Absetzen seien bis heute unterschätzt worden, erklären Etienne Maffli und Luca Notari, Forschende von Sucht Schweiz und Autoren des Beitrags über psychoaktive Medikamente in der Zeitschrift Dépendances. Sie vermuten, dass Aufhörversuche oft zu spät erfolgen und nicht mehr einfach zu bewerkstelligen sind. Sie fordern daher mehr Informationen praktischer Art sowohl für ÄrztInnen und ApothekerInnen als auch für PatientInnen, um das Ende der Therapie frühzeitig vorzubereiten oder, falls eine Gewöhnung schon eingetreten ist, um eine schrittweise Reduktion der Dosis einzuleiten. Dies gestaltet sich oft schwierig: Konkrete Anleitungen, wie dies umgesetzt werden kann, scheinen nicht immer bekannt zu sein. Problematisch ist ein abruptes Absetzen nach längerer Zeit, da starke Entzugssymptome auftreten können.

Medikamentenmissbrauch wird bis heute noch stark tabuisiert. Der Konsum spielt sich oft im Verborgenen ab, Abhängige fallen jahrelang nicht auf. "Nebst verstärkter Aufklärung sind auch eine strengere Verschreibungspraxis sowie weitere strukturelle Massnahmen zu prüfen, wie z. B. kleinere Medikamentenpackungen", betont Irene Abderhalden, Direktorin von Sucht Schweiz.

Weiterführende Infos

Das im 2011 initialisierte Suchtmonitoring Schweiz des Bundesamts für Gesundheit (BAG) ist ein Forschungsprojekt, mit dessen Durchführung unter anderem Sucht Schweiz beauftragt wurde. Es hat zum Ziel, repräsentative Daten der Schweizer Wohnbevölkerung zum Thema Sucht und Konsum psychoaktiver Substanzen zusammenzutragen.

www.suchtmonitoring.ch

Einnahme von psychoaktiven und anderen Medikamenten (http://suchtmonitoring.ch/docs/library/gmel_ro5s777xlr7l.pdf) in der Schweiz im Jahr 2013.

Vertiefende Analysen (http://www.suchtmonitoring.ch/docs/library/gmel_y9anjukthblq.pdf) zur Einnahme von Schlafmitteln, Beruhigungsmitteln sowie Psychostimulanzien im Jahr 2014

Fachzeitschrift Dépendances (http://www.grea.ch/publications/magazine-dependances), die von Sucht Schweiz und der Groupement romand d'études des addictions (GREA) herausgegeben wird.

Die Stiftung Sucht Schweiz ist ein nationales Kompetenzzentrum im Suchtbereich. Sie betreibt Forschung, konzipiert Präventionsprojekte und engagiert sich in der Gesundheitspolitik. Das Ziel der Stiftung ist, Probleme zu verhüten oder zu vermindern, die aus dem Konsum von Alkohol und anderen psychoaktiven Substanzen hervorgehen oder durch Glücksspiel und Internetnutzung entstehen.

Umfassende Informationen zu Sucht Schweiz finden Sie auf unserer Website http://www.suchtschweiz.ch

Die vorliegende Medienmitteilung finden Sie hier: http://www.suchtschweiz.ch/aktuell/medienmitteilungen/

Kontakt:

Monique Portner-Helfer
Mediensprecherin
mportner-helfer@suchtschweiz.ch
Tel.: 021 321 29 74

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