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Heroinmarkt erstmals durchleuchtet

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Lausanne (ots)

Ein interdisziplinäres Team untersucht derzeit im Rahmen einer neuartigen Studie den Markt der illegalen Betäubungsmittel im Kanton Waadt. Das auf drei Jahre ausgelegte Projekt widmet sich zunächst den Opioiden, von denen Heroin die wichtigste illegale Droge darstellt. Es wird mit geringem Reinheitsgrad und zu wesentlich günstigeren Preisen verkauft als noch vor zwanzig Jahren. Die im Waadtland konsumierte Menge ist begrenzt und lässt sich je nach Methode auf 145 bzw. 205 Kilogramm pro Jahr einschätzen, was einem Umsatz von rund 8 bis 11 Millionen Franken entspricht. Der Heroinhandel ist weitgehend in den Händen von ethnischen Albanern, die meistens in gut eingespielten Kleingruppen organisiert sind. Dazu kommt der Wiederverkauf unter Konsumierenden zur Finanzierung des Eigenkonsums.

Erstmals in der Schweiz führen drei Forschungsinstitute (Sucht Schweiz, Institut für Kriminologie (ESC) der Universität Lausanne und Institut für Sozial- und Präventivmedizin (IUMSP) des Universitätsspitals Lausanne (CHUV)) eine interdisziplinäre Studie zu einem geografisch umrissenen Drogenmarkt durch. Für die Studie werden innovative Methoden, darunter Abwasseranalysen, Befragungen von Polizeikräften, Sozialarbeitern und Drogen¬konsumierenden kombiniert. Mitfinanziert wird die Studie vom Waadtländer Fonds für Suchtprävention und -bekämpfung; sie stützt sich auf eine Begleitgruppe von Fachpersonen aus Justiz, Polizei und Gesundheitswesen. Geplant ist, nach den Opioiden die Stimulanzien (2017) und die Cannabinoide (2018) zu untersuchen.

Stark gestreckt und erschwinglich

Heroin ist die Hauptsubstanz auf dem Opioidmarkt im Kanton Waadt und generell in der Schweiz. Es wird in gepressten Packungen von 0,5 bis 1 Kilogramm mit einem Reinheitsgrad von 40 bis 60 Prozent importiert und dann drei- bis viermal mit einer Mischung aus Koffein und Paracetamol gestreckt. Anschliessend wird es in 5-Gramm-Beutelchen abgepackt - mit einem Reinheitsgrad von 10 bis 15 Prozent. Ein solcher Druckverschlussbeutel geht je nach Verkaufsort zum Preis von 120 bis 200 Franken an die Endverbraucher über. Diese packen das Heroin manchmal noch in Briefchen ab - typischerweise zu Dosen von 0,2 Gramm - und verkaufen sie an weitere Konsumierende.

Überschaubarer Markt

Zwei unabhängige Methoden, ausgehend von der Anzahl Konsumierender sowie von Abwasseranalysen, legen nahe, dass im Kanton Waadt 145 bzw. 205 Kilogramm gestrecktes Heroin pro Jahr konsumiert werden. Wenn man die von der Polizei sichergestellte Menge von rund 18 Kilogramm dazuzählt kommt man auf eine im Umlauf befindliche Menge zwischen 163 und 223 Kilogramm. Extrapoliert man diese Zahlen auf den Schweizer Markt, dürfte dieser in der Grössenordnung von jährlich 1,8 bis 2,5 Tonnen gestrecktem Heroin liegen. Anhand der konsumierten Gesamtmenge lässt sich ermitteln, dass im Kanton Waadt täglich zwischen 1300 und 2800 Mal Heroin konsumiert (inhaliert, injiziert, geschnupft) wird. Der grösste Teil davon geht auf das Konto regelmässig Konsumierender, nur ein verschwindend kleiner Teil machen Gelegenheitskonsumierende aus.

Bekannte und recht stabile Strukturen

Importiert, gestreckt, vertrieben und verkauft wird Heroin in der Schweiz überwiegend über Kanäle von ethnischen Albanern. Sie kontrollieren den Markt seit einem Vierteljahrhundert in der Schweiz wie auch in anderen Ländern, was mit verschiedenen geografischen und gesellschaftlichen Faktoren zusammenhängt. Oft sind kleine, flexible und ersetzbare Organisationen im Spiel, die als Ganzes ein sowohl für die Polizei als auch für Konkurrenten schwer zu bekämpfendes System bilden. Beim Waadtländer Markt scheint es sich weitgehend um einen Sekundärmarkt zu handeln: Ein Grossteil des Heroins wird von den Konsumierenden in Genf und bisweilen im Kanton Bern erworben und dann im Waadtland konsumiert bzw. weiterverkauft.

Begrenzter Umsatz und Finanzierung des Eigenkonsums Der vom Waadtländer Heroinkonsum generierte Umsatz wird auf rund 8 bis 11 Millionen Franken pro Jahr geschätzt. Die kriminellen Machenschaften dürften den beteiligten Gruppen auf diesem Markt nicht mehr als insgesamt 4 Millionen Franken einbringen. Den höchsten Ertrag erzielen jene Gruppen, die Heroin nicht nur importieren und strecken, sondern es direkt an die Endverbraucher verkaufen. Aufgrund der Analysen ist davon auszugehen, dass mehr als die Hälfte des Umsatzes auf dem Waadtländer Markt auf den Wiederverkauf unter Konsumierenden zurückgeht. Damit lässt sich der Eigenkonsum finanzieren und ein kleines Einkommen generieren. Wer regelmässig konsumiert und kein Heroin weiterverkauft, muss für den Eigenbedarf zwischen 400 und 1700 Franken pro Monat aufwenden.

Kontakt:

Frank Zobel
Vizedirektor
Sucht Schweiz
(deutsch und französisch) 021 321 29 60

Pierre Esseiva
Professor
Institut für Kriminologie (ESC/UNIL)
(französisch) 076 223 05 66

Stephanie Lociciro
Forschungsverantwortliche
Institut für Sozial- und Präventivmedizin (IUMSP/CHUV)
(französisch) 021 314 73 71

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