KPMG-Studie: Zweite Verlagerungswelle der Produktionsaktivitäten im Gang
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Zürich (ots)
Hinweis: Die Studie in Englisch kann im pdf-Format unter http://www.presseportal.ch/de/story.htx?firmaid=100001147 kostenlos heruntergeladen werden
KMU verlagern Fertigung und F&E-Aktivitäten vermehrt ins Ausland
Die Verlagerung von Produktionsaktivitäten ins Ausland ist bei Schweizer und weiteren Westeuropäischen Unternehmen schon lange eine Realität. Eine Trendwende diesbezüglich wird nicht erwartet. In der Schweiz beispielsweise scheint viel eher eine zweite Verlagerungswelle im Gang zu sein, welche in erster Linie von kleineren und mittleren Unternehmen getrieben wird.
Westeuropäische Unternehmen wollen in den kommenden drei Jahren an heimischen Standorten ihre Aktivitäten deutlich zurückfahren und zwar über die gesamte Wertschöpfungskette. Hauptgründe sind der Druck zur Rationalisierung, das Bestreben, die Arbeitskosten für weniger qualifizierte Tätigkeiten zu senken sowie die Nähe zu Abnehmer in den stark wachsenden Märkten Asiens und Osteuropa.
Die Zukunft der westeuropäischen Produktion liegt auf Grund der hohen Produktivität zunehmend in der Herstellung von forschungsintensiven Hightech-Gütern. Das hat eine Umfrage im Auftrag von KPMG ergeben, bei der 172 Unternehmen des produzierenden Gewerbes aus den führenden westeuropäischen Industrienationen(1) befragt wurden.
Während die befragten Produzenten heute durchschnittlich 48 Prozent ihrer Kapazitäten in den genannten Staaten fertigen, wird dieser Wert in drei Jahren auf 42 Prozent sinken. Auch der Anteil an den F&E-Aktivitäten wird nach Angaben der Unternehmen bis 2007 in Westeuropa von 55 auf 49 Prozent abnehmen. Vor allem Produzenten, die mehr als drei Viertel ihrer Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in Europa konzentriert haben, werden diese dort reduzieren: Während heute 44 Prozent in diese Kategorie fallen, gehen nur 31 Prozent davon aus, noch in drei Jahren dazuzugehören.
Als Hauptgründe für eine Standortverlagerung nannten die Befragten die Arbeitskosten (65 Prozent) sowie den Zwang zu Rationalisierung und Effizienzsteigerung (48 Prozent). Auch die Nähe zu Schlüsselmärkten spielt eine entscheidende Rolle.
Game over für europäische Produktion?
Giulio De Lucia, Leiter Corporate Restructuring bei KPMG Schweiz: "Zumindest mittelfristig werden die Unternehmen aus Westeuropa bei der Produktion besonders hochwertiger Güter immer noch einen klaren Wettbewerbsvorteil haben." Warum, wird klar, wenn man das Bruttoinlandsprodukt pro Arbeitsstunde einzelner Länder vergleicht. Die so gemessene Arbeitsproduktivität ist in Westeuropa sehr hoch und gleicht die hohen Arbeitskosten teilweise aus. Die Arbeitskosten sind ohnehin nur ein Faktor von vielen, wenn es um die Wahl des geeigneten Produktionsstandortes geht. Weiterhin zu beachten sind Logistik, Qualitätsniveau, Infrastruktur und die Transparenz/Stabilität gesetzlicher Rahmenbedingungen. Die befragten Unternehmen nennen denn auch die Qualitätsprobleme nach wie vor als einen der wichtigsten Gründe, der gegen eine Verlagerung spricht. Ebenfalls sprechen Risikoüberlegungen gegen eine noch weitergehende Verlagerung. Insbesondere wegen politischen Risiken werden zumindest mittelfristig immer noch beträchtliche Teile der Produktion weiterhin in Westeuropa verbleiben.
Neue Produktionsstandorte: Westeuropa gleichwohl vorn
Trotz der geäusserten Zurückhaltung wollen 45 Prozent der befragten Unternehmen innerhalb der nächsten drei Jahre neue Produktionsstätten für höherwertige Güter vorrangig in Westeuropa errichten. 18 Prozent planen die erwähnten Investitionen hingegen nach China zu verlagern, zehn Prozent nach Indien und in den Asien-Pazifik-Raum. Und 8,5 Prozent der Produzenten sehen Investitionen in den neuen osteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten vor.
Giulio De Lucia: "Wenn die Ansiedlung bestimmter Aktivitäten an billigeren Standorten die Wettbewerbsfähigkeit der Hersteller aus Westeuropa insgesamt verbessert, werden diese wiederum eher in der Lage sein, in die hochwertigeren Bereiche zu investieren, die sie in den Westeuropa beibehalten wollen."
Herausforderungen für die Zukunft
Giulio De Lucia: "Eine der zentralen Schlussfolgerungen aus der Umfrage ist, dass die Voraussagen mancher Pessimisten vom Niedergang der westeuropäischen Produktion nicht der Realität entsprechen. Allerdings beruht diese Schlussfolgerung auf der Annahme, dass unsere produzierende Basis weiterhin innovativ tätig bleibt und konsequent qualitativ hochwertige und technisch anspruchsvolle Produkte der "nächsten Generation" herstellt. Dies erfordert erhebliche Investitionen und Anstrengungen. Effizienzsteigerungen, Produktinnovationen und Qualitätsoffensiven werden zunehmend überlebenswichtig."
Dieser Innovationsvorteil scheint zumindest mittelfristig noch gewährleistet zu sein. Was in diesem Sinne eher bedenklich stimmt, ist einerseits die Tatsache, dass Westeuropa im Durchschnitt wesentlich weniger für F&E ausgeben als beispielsweise Japan oder USA, sowie andererseits die zunehmende Bereitschaft, vermehrt auch wertschöpfungsintensive Bereiche wie F&E ebenfalls nach Asien oder Osteuropa zu verlagern.
Mit einem Anteil der F&E Ausgaben zum Bruttoinlandprodukt von 2.5% schneidet die Schweiz relativ gut ab, und liegt im OECD Ranking noch in den Top 10. Der Abstand zu den führenden Nationen Schweden (4.3%), Finnland (3.5%) und Japan (3.1%) ist allerdings beträchtlich. F&E Ausgaben sind zwar ein wichtiger Treiber von Innovationen, die Innovationskraft einer Nation hängt aber auch von weiteren Faktoren ab. In diesem Sinne ist es für die Schweiz sowie andere Westeuropäischen Industrienationen von grundlegender Bedeutung ein wirtschaftspolitisches Umfeld zu erhalten/schaffen, welches die nachhaltige Innovationsfähigkeit insgesamt fördert.
KPMG International ist ein weltweit führender Verbund von Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften und beschäftigt rund 94'000 Mitarbeiter in 148 Länder. Die Tätigkeiten von KPMG Schweiz sind in der KPMG Holding (dem Schweizer Mitglied von KPMG International) zusammengefasst. Unter diesem Dach beschäftigt KPMG in der Schweiz rund 1'350 Mitarbeitende an dreizehn Standorten. Im Geschäftsjahr 2004 erzielte KPMG Schweiz einen Umsatz von 342.1 Millionen Franken.
Weiterführende Informationen finden Sie unter www.kpmg.ch.
(1) Economist Intelligence Unit (EIU): "The future of European manufacturing". Befragt wurden Unternehmen in Belgien, Deutschland, Dänemark, Finnland, Frankreich, Italien, Niederlande, Norwegen, Schweden, Schweiz, Spanien, UK und in Europa ansässige Unternehmen mit Hauptsitz in den USA.
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