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Trauer um Dr. Erika Fuchs
Die grande dame des Comics verstarb am 22. April in München

Berlin (ots)

Dr. Erika Fuchs starb am 22. April 2005 im hohen
Alter von 98 Jahren in München. Die erste Chefredakteurin des "Micky
Maus"-Magazins und langjährige Barks-Übersetzerin stammt aus
Mecklenburg, wo sie am 7. Dezember 1906 als Erika Petri zur Welt kam.
Schon als junges Mädchen zeichnete sie sich durch Beharrlichkeit und
Durchsetzungsvermögen aus. Nur so schaffte sie es, als einziges
Mädchen ins städtische Knabengymnasium von Belgard an der Passante
(Hinterpommern) aufgenommen zu werden. Das Privileg hatte die
rebellische junge Dame der Schulbehörde mit Hilfe der
Sozialdemokraten abgerungen, die in einer stürmisch verlaufenden
Stadtratssitzung für ihre Aufnahme stimmten.
Nach ihrem Abitur studierte sie von 1926 bis 1931 Kunstgeschichte,
Archäologie und Geschichte an den Universitäten von Lausanne, London
und München. Ihren Abschluss machte sie magna cum laude mit ihrer
Dissertation "Johann Michael Feichtmayr - Ein Beitrag zur Geschichte
des Rokoko". 1932 heiratete sie Günter Fuchs, einen Diplomingenieur
und Erfinder. Ihn neckte sie gerne mit dem Satz "Dem Ingeniör ist
nichts zu schwör", den sie, als Übersetzerin Dr. Erika Fuchs, später
berühmt machen sollte.
Sie zog mit Ihrem Mann in dessen Heimatort Schwarzenbach an der
Saale (Oberfranken), von wo aus sie nach dem 2. Weltkrieg begann, als
freie Mitarbeiterin für die deutsche Ausgabe von "Reader's Digest" zu
arbeiten. Eine dreiköpfige Abteilung beschäftigte sich dort gerade
mit den Vorbereitungen zur ersten deutschen Ausgabe der "Micky Maus".
(Diese Abteilung sollte später das Gründungsteam des Ehapa-Verlags
werden.) Man bot Dr. Erika Fuchs die Übersetzung an. "Ich hatte noch
nie zuvor ein Comic-Heft in der Hand gehabt", erzählt Dr. Erika
Fuchs, "und bot mir Bedenkzeit aus. Es war mein Mann, der mich
letztendlich ermutigte, das Projekt zu übernehmen. Er war der
Meinung, dass in kürzester Zeit sehr viele Kinder diese Comics lesen
würden und dass daher eine sorgfältige Übersetzung und eine gute
Sprache besonders wichtig seien." So wurde Dr. Erika Fuchs die erste
Chefredakteurin der "Micky Maus".
Es ist nicht zuletzt der gelungenen Sprachartistik von Frau Dr.
Fuchs zu verdanken, dass die "Micky Maus" so rasch in Deutschland
heimisch wurde. Mit witzigen, geistreichen Dialogen deutschte sie die
Geschichten nicht nur ein, sondern gab Ihnen eine zugleich
intelligente und gehobene Sprachebene mit auf den Weg.
So schwelgte sie beim Texten - bei passender Gelegenheit - in
korrekten Konjunktiven, Genitiven und Dativen. Die profunde Kennerin
der deutschen Klassiker ist der Überzeugung: "Man kann gar nicht
gebildet genug sein, um Comics zu übersetzen."
Bei aller Sprachbildung wirken die Texte von Dr. Erika Fuchs nie
steif. Klassiker sind für sie keine toten Sprachfossilien, sondern
immer lebendiger Bestandteil ihrer Welt. Doch nicht nur klassisches
Sprachgut arbeitete Dr. Fuchs in ihre Texte ein, sie dichtete die
Klassiker um und sorgte für so manchen Reim, der als geflügeltes Wort
in die Alltagssprache einging. Umgekehrt integrierte sie auch immer
wieder die Umgangssprache der Jugend in ihre Texte. Sie war immer
eine aufmerksame Zuhörerin und Beobachterin und griff passende
Neologismen der Jugendsprache auf um ihnen die höheren Weihen der
Duckschen Sprachebene zu verleihen. So mancher Name von Nebenfiguren
oder skurrile Aufschriften auf Geschäften und Straßenschildern im
Bildhintergrund sind ihrer Beobachtungsgabe und ihrer
Sammlertätigkeit zu verdanken, die allerorten Wortwitz aufspürte.
Dr. Erika Fuchs hat die Sprache um viele Sprüche und Begriffe
erweitert. Wenn die Popgruppe "Erste Allgemeine Verunsicherung" singt
"Grübel, grübel und studier!", dann verdanken wir dieses heftige
Nachdenken dem Fuchs'schen Geistesblitz, gezeichnete Geräusche mit
lautmalerischem Charakter durch die Reduktion von Verben auf die
Wortstämme zu kennzeichnen. Krach-Bumm-Peng-Sprache? Dieser Vorwurf
der früheren Comic-Kritikaster konnte Dr. Erika Fuchs nie treffen.
Selbst während der in den 50er Jahren erbittert geführten Schmutz-
und Schundkampagne gegen Comics, in der diese sogar gesetzlich
verboten werden sollten, war das Micky Maus-Magazin in der damals -
im übrigen erfolglos - eingebrachten Gesetzesvorlage ausdrücklich
ausgenommen.
Dr. Erika Fuchs, die den in den letzten Jahren um ihre Person
entstandenen "Rummel" in aller Bescheidenheit eher übertrieben
findet, dachte immer, sie "tue etwas Anonymes". Sie drängte nie ins
Licht der Öffentlichkeit und war immer wieder überrascht, wenn ihr -
bei einem ihrer seltenen öffentlichen Auftritte - jung und alt
minutenlang applaudieren, sich mit den Ellbogen anrempeln und ihre
Texte deklamieren. (Z. B. den Werbespruch: "Wer keine weiche Birne
hat, kauft harte Äpfel aus Halberstadt!") Aber es ist verdienter
Applaus, den "ihre" Leser ihr spenden, denn sie hat über
fünfunddreißig Jahre lang den Stil der Kinder- und Jugendlektüre
geprägt und beeinflusst. Die Generationen, die mit ihr aufwuchsen
sind heute diejenigen, die ins Internet gehen und sich "Online" im
Sprachstil von Dr. Fuchs unterhalten.
1994 hat Dr. Erika Fuchs erstmals Carl Barks getroffen, dessen
Werk sie so kongenial ins Deutsche übertragen und durch ihren
sprühenden Wortwitz ergänzt hat. Die beiden sind, das zeigte sich bei
dieser Gelegenheit, verwandte Seelen in humoris causa. Im gleichen
Jahr wurde ihr der Kulturpreis "Morenhovener Lupe" verliehen. Im Jahr
1998 erhält sie den Deutschen Fantasy Preis, 2001 den Roswitha-Preis
der Stadt Bad Gandersheim und den Sonderpreis des Heimito von Doderer
- Literaturpreises.
Dr. Erika Fuchs, die grande dame der deutschen Comics, die
sprachliche Wegbegleiterin ganzer Generationen, die in Entenhausen
gleichermaßen beheimatet war wie in internationaler Literatur und im
deutschen Kulturgut, hat noch bis vor kurzem an der Komplettierung
der Deutschen Barks-Ausgaben mitgewirkt.
Der Verlag ist tief betroffen und vermisst mit ihr eine
warmherzige und liebe Freundin, deren Ratschläge und intelligenten
Anmerkungen uns fehlen werden!
Fotos: http://www.ehapa.de

Pressekontakt:

Marion Egenberger
Leitung Public Relations
Egmont Ehapa Verlag
10179 Berlin
Fon: 030/24008-535
E-Mail: kontakt@ehapa.de

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