economiesuisse - Bilateralismus im gegenseitigen Interesse
Neues Positionspapier von economiesuisse zur Europapolitik der Schweiz
Zürich (ots)
Für den Spitzenverband der Schweizer Wirtschaft gibt es keine Alternative zur Fortführung des bilateralen Wegs. Als zweitwichtigster Handelspartner ist die Schweiz auch für die EU ein interessanter Wirtschaftspartner. Zwar dürfte der bilaterale Weg schwieriger werden. economiesuisse setzt sich dennoch für gezielte Verhandlungen in weiteren Bereichen von beidseitigem Interesse ein.
Die grundlegenden Positionen der schweizerischen Europapolitik müssen in Anbetracht der dynamischen Entwicklungen regelmässig überprüft werden. economiesuisse tut dies aus wirtschaftlicher Perspektive. Anhand konkreter Kriterien wie Wettbewerbsfähigkeit, Marktzugang und wirtschaftspolitischer Souveränität wurden die verschiedenen europapolitischen Szenarien neu beurteilt.
"Der bilaterale Weg hat sich aus wirtschaftlicher Sicht bewährt. Gemessen an den wirtschaftlichen und politischen Besonderheiten gibt es hierzu keine Alternative", sagt Gerold Bührer, Präsident von economiesuisse. Der bilaterale Weg sichert der Schweizer Wirtschaft weitgehend den Marktzugang, fördert die internationale Wettbewerbsfähigkeit und bewahrt gleichzeitig einen möglichst hohen Grad an eigenständiger Wirtschafts- und Währungspolitik.
Sämtliche europapolitische Szenarien - von der Isolation bis zum EU-Beitritt - schneiden gegenüber dem Bilateralismus schlechter ab. Der bilaterale Weg der Schweiz soll jedoch nicht als "Rosinenpickerweg" gesehen werden, im Gegenteil. Den beidseitigen Nutzen muss die Schweiz offensiver kommunizieren. Die EU profitiert ebenso vom gegenseitigen Marktzugang wie die Schweiz. "Die Schweiz ist der zweitwichtigste Kunde der EU, vor Japan, China und Russland und leistet einen bedeutenden Beitrag für die Wettbewerbsfähigkeit und Stabilität Europas", sagt Pascal Gentinetta, Vorsitzender der Geschäftsleitung von economiesuisse.
Angesichts der gestiegenen Zahl der EU-Mitgliedsstaaten und ihrem Verlangen nach automatischer Übernahme des EU-Rechts dürfte der bilaterale Weg schwieriger werden Dennoch setzt sich economiesuisse für eine gezielte Weiterführung ein: Unter Wahrung klar definierter Kriterien unterstützt die Wirtschaft bilaterale Abkommen im Agrar- und Lebensmittelbereich, beim Chemikalienrecht und beim Stromhandel. Auch im Bereich der Finanzdienstleistungen hat die Schweizer Wirtschaft ein Interesse an einer Marktöffnung. Ein umfassendes Abkommen würde jedoch Anpassungen im Banken-, Versicherungs- und Börsenrecht nach sich ziehen und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz tangieren. Ein Abkommen müsste neben dem Marktzutritt für Schweizer Finanzdienstleister künftig auch den Schutz der Privatsphäre und die Rechts- und Amtshilferegelungen der Schweiz gewährleisten. Ein automatischer Informationsaustausch lehnt economiesuisse strikt ab. Zentral ist auch die gegenseitige Anerkennung der nationalen Aufsicht. Informelle Vorabklärungen für ein Abkommen sind deshalb angezeigt. Claude-Alain Margelisch, Stv. Vorsitzender der Geschäftsleitung der Schweizerischen Bankiervereinigung, erklärt: "Ein mögliches Finanzdienstleistungsabkommen ist im gegenseitigen Interesse. Ob sich eine Marktöffnung in einem Umfeld, das gegenwärtig von protektionistischen Tendenzen geprägt ist, tatsächlich anbahnen lässt, wird sich noch weisen müssen."
Für die Weiterentwicklung des bilateralen Wegs gilt es zu beachten, dass eine gut integrierte Schweizer Wirtschaft in Europa den Wachstumseffekt in der Schweiz und der EU stärkt. "Angesichts der engen Verflechtungen hat die Schweiz ein vitales Interesse an einer nachhaltigen Behebung der massiven Schuldenprobleme in der Eurozone", sagt Gerold Bührer. Ein wirkungsvoller Wettbewerb der beiden Handelspartner im Rahmen offener, globalisierter Märkte erhöht die Standortqualität Europas gegenüber Nordamerika und Asien und ist daher im beidseitigen Interesse.
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