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Schweiz. Gesundheitsobservatorium

Gesundheitsobservatorium - Ungenügende Gesundheitsvorsorge bei alten Menschen

Neuchâtel (ots)

Ein Grossteil der zu Hause lebenden Personen
über 65 Jahre weisen Defizite im Vorsorge- und Gesundheitsverhalten
auf. Dies stellt eine neue Studie des Schweizerischen
Gesundheitsobservatoriums fest, die in Zusammenarbeit mit der
Geriatrie Universität Bern erarbeitet wurde. Besonders betroffen sind
gesunde ältere Menschen; bei ihnen werden die empfohlenen
Vorsorgemassnahmen besonders oft nicht durchgeführt.
Bis zum Jahr 2050 werden in der Schweiz rund zweieinhalb Mal soviel
über 80-jährige Menschen leben wie heute. In der Folge wird auch der
Anteil pflegebedürftiger alter Menschen stark zunehmen. Diverse
Studien aus Europa und den USA konnten jedoch aufzeigen, dass
Gesundheitsförderung und Prävention im Alter die Anzahl
behinderungsfreier Lebensjahre erhöhen können. Behinderungen und
Abhängigkeiten lassen sich zum Teil vermeiden oder hinauszögern, so
dass damit der prognostizierte Anstieg der Pflegebedürftigkeit
gebremst werden könnte.
Ausgeprägte Defizite in der Vorsorge und beim Gesundheitsverhalten
im Alter
Die Studie "Gesundheitsförderung und Prävention im Alter in der
Schweiz" überprüfte, wie häufig Defizite im Vorsorge- und
Gesundheitsverhalten bei der älteren, zu Hause lebenden Bevölkerung
in ausgewählten Regionen der Schweiz sind. Für die Studie des
Gesundheitsobservatoriums wurden bereits vorliegenden Daten des
"Schweizerischen Gesundheits-Profil-Projekts" im Hinblick auf die
ältere Bevölkerung ausgewertet. Dazu wurden Daten von 3721 Personen
über 65 Jahren verwendet, die zum Zeitpunkt der Befragung zu Hause
lebten. Nicht berücksichtigt wurden unter anderem Personen, die bei
alltäglichen Verrichtungen auf Hilfe angewiesen waren oder kognitive
Einschränkungen aufwiesen.
Die Studie weist eine Reihe von Defiziten im Vorsorgeverhalten
nach: 47% der älteren Personen sind nicht gegen Grippe geimpft, gar
90% nicht gegen Lungenentzündung. Bei einem Fünftel der Personen bis
75 Jahren wurde der Cholesterinspiegel in den vergangenen fünf Jahren
nicht gemessen. Eine Blutzuckermessung wurde bei 20% der 65- bis
75-Jährigen und bei 32% der über 85-Jährigen nicht durchgeführt. Etwa
bei 70% der Frauen und Männer wurde keine Untersuchung bezüglich Blut
im Stuhl vorgenommen. Rund ein Drittel der älteren Personen erhielt
zudem keine Augen- bzw. Hörkontrolle. Die Studie zeigte, dass diese
Defizite besonders ausgeprägt waren bei älteren "relativ gesunden"
Personen.
Viele ältere Personen wiesen auch Defizite im
Gesundheitsverhalten, wie z.B. beim Fett- bzw. Nahrungsfaserkonsum,
beim Alkohol- oder Tabakkonsum oder der körperlichen Aktivität, auf.
Bei Männern war das Risiko des Alkoholkonsums, des Tabakkonsums und
der fettreichen Ernährung ausgeprägter als bei Frauen. Auf der andern
Seite waren Frauen häufiger körperlich inaktiv. Sozial isolierte
ältere Personen hatten gehäuft ein erhöhtes Gesundheitsrisiko durch
einseitige Ernährung und wenig körperliche Bewegung. Insgesamt fanden
sich jedoch in allen Bevölkerungsgruppen Hinweise für Defizite im
Gesundheitsverhalten.
Fast alle sind betroffen
"Das ungenügende Gesundheitsverhalten betrifft praktisch alle zu
Hause lebenden älteren Personen. Eine besonders gefährdete Gruppe von
älteren Personen hebt sich nicht hervor", sagt Katharina Meyer vom
Gesundheitsobservatorium. "Das Potential für Präventions- und
Gesundheitsförderungsmassnahmen bei älteren Personen in der Schweiz
ist bei weitem nicht ausgeschöpft. Verstärkte Interventionen führen
höchstwahrscheinlich zu einem verbesserten Gesundheitsverhalten in
der älteren Bevölkerung. Wir gehen davon aus, dass dies die Zunahme
der Pflegebedürftigkeit deutlich dämpfen würde."
Ansätze, wie dieses Potential genutzt werden könnte, liegen vor.
Es zeigt sich dabei, dass Gesundheitsförderung und Prävention stark
auf die individuelle Situation der älteren Menschen ausgerichtet
werden müssen, weil die gesundheitlichen Risikofaktoren, Krankheit
und Funktionseinbussen hier sehr heterogen verteilt sind. "Angesichts
dieser Komplexität müssen Gesundheitsförderung und Prävention auf
alle Lebensbereiche der älteren Menschen abgestimmt sein. Mit
einfachen Rezepten ist kaum etwas zu erreichen", sagt Andreas Stuck,
Professor für Geriatrie an der Universität Bern und Koautor der
Studie. "Wirksam und wirtschaftlich sind hier Programme, welche die
älteren Personen und die betreuenden Hausärzte einbeziehen. Neue
Formen der Prävention und Gesundheitsförderung, wie das
Gesundheits-Profilverfahren, ergänzt durch verschiedene Formen der
Beratungen durch Hausärzte und andere Fachpersonen, einzeln und in
Gruppen durchgeführt, sind gut erprobt und müssten nun breit
umgesetzt werden."
Das Schweizerische Gesundheitsobservatorium (Obsan) ist eine
Organisationseinheit des Bundesamtes für Statistik, die im Rahmen des
Projektes Nationale Gesundheitspolitik entstanden ist und von Bund
und Kantonen einen Leistungsauftrag erhält. Das
Gesundheitsobservatorium analysiert die vorhandenen
Gesundheitsinformationen in der Schweiz. Es unterstützt Bund, Kantone
und weitere Institutionen im Gesundheitswesen bei ihrer Planung,
ihrer Entscheidfindung und in ihrem Handeln.
Eva Blozik, Gerhard Gillmann, Anouk Bass, Andreas Stuck, Geriatrie
Universität Bern und ISPM Universität Bern; Katharina Meyer, Anja
Simmet, Schweizerisches Gesundheitsobservatorium:
Gesundheitsförderung und Prävention im Alter in der Schweiz.
Ergebnisse aus dem Gesundheitsprofil-Projekt. Arbeitsdokument 21,
Schweizerisches Gesundheitsobservatorium, Neuchâtel, 2007

Kontakt:

Katharina Meyer
Schweizerisches Gesundheitsobservatorium
Tel.: +41/32/713'65'36
E-Mail: Katharina.Meyer@bfs.admin.ch
Internet: www.obsan.ch

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