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Schweizerischer Nationalfonds / Fonds national suisse

SNF: Bild des Monats Januar 2008: Gemälde als Wegweiser zur Klimageschichte

SNF: Bild des Monats Januar 2008: Gemälde als Wegweiser zur Klimageschichte
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Bern (ots)

- Hinweis: Bildmaterial steht zum kostenlosen Download bereit  
     unter: http://www.presseportal.ch/de/pm/100002863 -
Ruskin und Turner im Dienste der Glaziologie
Anhand historischer Dokumente (Fotos, Gemälde, Texte usw.) haben 
Forschende der Universität Bern mit Unterstützung des Schweizerischen
Nationalfonds die Ausdehnungen des Gletschers Mer de Glace in 
Chamonix (Frankreich) zwischen 1570 und 2003 rekonstruiert. Mit 
diesem Ansatz lassen sich neue Erkenntnisse zu den klimatischen 
Veränderungen in der Kleinen Eiszeit gewinnen, zu der noch keine 
gesicherten wissenschaftlichen Messdaten vorliegen. Die 
Wissenschafter wollen diese Methode nun auch bei anderen Gletschern 
in den Alpen und in Skandinavien anwenden.
Die Veränderung der Ausdehnung von Gletschern ist ein 
aussagekräftiger Klimaindikator. Diese Schwankungen liefern nicht nur
wertvolle Orientierungspunkte für die Bestimmung des Klimas in der 
Vergangenheit, sondern auch für eine Einschätzung der Folgen des 
bevorstehenden Klimawandels. Eigentliche wissenschaftliche Messdaten 
sind jedoch erst für die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts 
verfügbar, also für das Ende der Kleinen Eiszeit. In dieser 
Kälteperiode, die vom Ende des Mittelalters bis zur Ende des 19. 
Jahrhunderts dauerte, stiessen die imposantesten Alpengletscher bis 
in die grossen Alpentäler vor. Um die Dimensionen der Gletscher in 
früheren Abschnitten dieser Epoche in Erfahrung zu bringen, braucht 
es indirekte Methoden.
Anhand historischer Aufzeichnungen (Skizzen, Bilder, Fotos, 
topografische Karten, Berichte und Beschreibungen zum Chamonix-Tal) 
haben nun Forschende des Geographischen Instituts der Universität 
Bern mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds das 
Vorrücken und Zurückweichen des Mer de Glace in Chamonix (F) im 
Zeitraum 1570-2003* genau bestimmt. Zusätzlich haben sie diese Daten 
mit den Schwankungen des Unteren Grindelwaldgletschers verglichen. 
Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Ausdehnung der beiden Gletscher 
während der Kleinen Eiszeit synchron veränderte - trotz 
unterschiedlicher geographischer und klimatischer Bedingungen.
Aufschlussreiche Skizzen
Zur Bestimmung der Schwankungen des Mer de Glace hat das 
Geografenteam mehr als 150 Aufzeichnungen unter die Lupe genommen. 
Mit topografischen Elementen wie Weiler, Hügel oder Felsaufschlüsse 
als Bezugspunkte übertrugen sie dann die Umrisse der Gletscherzunge 
auf eine Karte. Dieser Einbezug von Geschichtsdokumenten gestaltet 
sich komplizierter, als es scheinen mag. Nur Aufzeichnungen, die drei
Kriterien erfüllen, werden berücksichtigt: Erstens muss klar sein, 
wann das Beweisstück entstand, und vor allem, wann sich der Künstler 
oder die Künstlerin dort aufhielt. Bei einem Bild zum Beispiel können
zwischen der ersten Skizze vor Ort und dem letzten Pinselstrich in 
Atelier Monate oder sogar Jahre liegen. Zweitens muss es sich um eine
wahrheitsgetreue, topografisch korrekte Abbildung oder Beschreibung 
handeln. Schliesslich muss sich der Standort, von dem aus das 
Dokument anfertigt wurde, lokalisieren lassen, was genaue Kenntnisse 
des Geländes voraussetzt.
Zum Teil wurden auch Werke berühmter Künstler wie John Ruskin und 
William Turner analysiert. Besonders nützliche Hinweise bargen jedoch
Zeichnungen und Bilder von Jean-Antoine Linck und Samuel Birmann, 
Fotografien der Brüder Bisson sowie Karten von James David Forbes und
Eugène Viollet-le-Duc. Die mit Anmerkungen und Kommentaren ergänzten 
Skizzenhefte erwiesen sich als wahre Fundgrube.
Vorzeigegletscher
Nicht allen Gletschern lassen sich jedoch mit der beschriebenen 
Methode die Geheimnisse ihrer Vergangenheit entlocken. Nur zu den 
bekanntesten und am leichtesten zugänglichen Eisgiganten sind 
genügend Aufzeichnungen vorhanden. Die meisten davon befinden sich in
den Alpen, einige aber auch in Skandinavien. Das Mer de Glace - das 
«Eismeer» - zog bereits im 18. Jahrhundert die Reisenden in seinen 
Bann. Die Zunge des Gletschers reichte damals noch weit bis ins 
Chamonix-Tal hinein, und die durch das Vorrücken verursachten Schäden
sorgten für Aufsehen bei Gästen und Bevölkerung. Entsprechend 
umfangreich sind die Unterlagen zum «Eismeer».  Noch heute bestaunen 
jedes Jahr Tausende von Touristen den Gletscher.
Das Mer de Glace ist der grösste Gletscher der westlichen Alpen. 
Er liegt im Montblanc-Massiv, erstreckt sich zwischen 4000 und 1500 
Metern Höhe über eine Länge von 12 Kilometern und bedeckt eine Fläche
von 32 km2. Zwischen 1570 und 2003 bewegte er sich mehrmals vor und 
zurück. Die maximale Ausdehnung erreichte er 1644. Bei diesem 
Vormarsch zerstörte der Gletscher die Weiler Châtelard und Bonanay; 
erst an den Toren des Weilers Bois machte er halt. Andere Höchstwerte
wurden 1600, 1720, 1778, 1821 und 1852 registriert. Seither zieht 
sich das Mer de Glace mehr oder weniger kontinuierlich zurück. Das 
Eismeer ist heute vom Tal aus nicht mehr zu sehen - innerhalb von 150
Jahren ist es um zwei Kilometer geschrumpft.
Vergleich mit Skandinavien
Nachdem sich der historische Ansatz bewährt hat, will das Berner 
Forschungsteam seine Arbeiten nun auf weitere Gletscher in den Alpen 
und Skandinavien ausdehnen. Dabei stehen folgende Fragen im 
Vordergrund: Bewegten sich die Gletscher in Skandinavien zeitgleich 
mit den Gletschern der Alpen vor und zurück? Wo ergaben sich 
Abweichungen? Die Antworten auf diese Fragen werden wertvolle 
Einblicke in die Kleine Eiszeit und ihre Klimaschwankungen 
ermöglichen.
*Nussbaumer S.U., Zumbühl H.J., Steiner D.: Fluctuations of the 
"Mer de Glace" (Mont Blanc area, France) AD 1500-2050: an 
interdisciplinary approach using new historical data and neural 
network simulations. Zeitschrift für Gletscherkunde und 
Glazialgeologie, Bd. 40, 2007
Weitere Bilder stehen zur Verfügung auf:
 http://www.giub.unibe.ch/~snus/glacier.htm
Text und Bild dieser Medieninformation stehen auf der Website des 
Schweizerischen Nationalfonds zur Verfügung: http://www.snf.ch > D > 
Medien > Bild des Monats

Kontakt:

Prof. Dr. Heinz J. Zumbühl
Geographisches Institut, Klimatologie und Meteorologie
Hallerstrasse 12, CH-3012 Bern
Tel. +41 (0)31 631 85 51, E-Mail: zumbuehl@giub.unibe.ch

Samuel Nussbaumer
Geographisches Institut, Klimatologie und Meteorologie
Hallerstrasse 12, CH-3012 Bern
Tel. +41 (0)31 631 85 51, E-Mail: samuel.nussbaumer@giub.unibe.ch

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