Tous Actualités
Suivre
Abonner Schweizerischer Nationalfonds / Fonds national suisse

Schweizerischer Nationalfonds / Fonds national suisse

Zwischen Filterblasen, ungleicher Sichtbarkeit und Transnationalität

Bern (ots)

Das Internet wäre nichts ohne Hyperlinks. Sie machen das Netz erst zu einem Netz. Sie definieren die Wege, über die sich die Nutzer Inhalte erschliessen. Zudem bestimmen sie mit, welche Ergebnisse Suchmaschinen prominent anzeigen. Hyperlinks werden weder gleichmässig noch zufällig gesetzt. Was bedeutet das alles für den politischen Diskurs? Und welche Akteure erhalten eine überproportionale Sichtbarkeit? Eine Studie geht dieser Frage nach.

Ein Forscherteam von Berner Kommunikationswissenschaftlern (Silke Adam, Thomas Häussler, Ueli Reber und Hannah Schmid-Petri) wollte wissen, wie Hyperlinks politische Debatten im Netz prägen und welche Akteure in solche Debatten involviert sind. Als Anschauungsbeispiel diente die Klimawandeldebatte. Das Forscherteam untersuchte, wie dieses Thema im Internet in der Schweiz, Deutschland und Grossbritannien sowie den USA diskutiert wird. Pro Land wurden dabei die Internetaktivitäten von acht zivilgesellschaftlichen nationalen Akteuren beobachtet. Sie stammen zu gleichen Teilen aus gegnerischen Lagern, setzten sich also hälftig aus Klimawandel-Warnern und Klimawandel-Skeptikern zusammen. Anhand eines Schneeball-Verfahrens wurde die Hyperlinkstruktur ihrer Debatte sichtbar gemacht. Damit konnte analysiert werden, welche Akteure mit welchen Positionen die Netzwerke strukturieren.

Die Studie (*) zeigt: Gleich und gleich gesellt sich gern. Hyperlinks werden verstärkt auf die Akteure des eigenen Lagers gerichtet, während die Verlinkung über die eigenen Lagergrenzen hinaus bedeutend schwächer ist. Es lassen sich also auch in der Klimawandeldebatte Ansätze für sogenannte Echokammern oder Filterblasen nachweisen. Auch im grenzenlosen Internet gibt es also scharf voneinander abgegrenzte politische Lager, die weitgehend unter sich bleiben.

Allerdings lassen sich Unterschiede in den einzelnen Ländern nachweisen, was mit der jeweiligen Intensität der politischen Debatte erklärt werden kann. Je umstrittener das Thema, desto reger die Verlinkung innerhalb und zwischen den politischen Lagern. In den USA, wo das Thema am stärksten polarisiert, orientieren sich die Lager stärker aneinander als in Europa. Die Beschäftigung mit dem gegnerischen Lager dient in aller Regel aber nicht einer gegenseitigen Annäherung. Sie verfolgten vielmehr das Ziel, Argumente zu sammeln, um den Gegner zu widerlegen, sagt Thomas Häussler.

Interessanterweise weisen die Befunde der Studie auch darauf hin, dass insbesondere Klimawandel-Skeptiker stark von Online-Debatten profitieren. Sie erhalten eine überproportionale Sichtbarkeit im Netz. Der Grund dafür ist ihre eigene Hyperlink-Strategie; sie verschaffen sich durch ihr intensives Setzen von Links selber eine hohe Sichtbarkeit. In einem polarisierten Umfeld wie in den USA trägt dieser Umstand dazu bei, dass die klassischen Medien online ausgewogen auf beide Seiten der Debatte verlinken.

Zu guter Letzt zeigt die Studie auf, dass Internetdebatten stark transnational, also über nationale Grenzen hinaus verlaufen. Dieser Befund gilt primär für die europäischen Länder. Deren Akteure orientieren sich stark am Diskurs im angelsächsischen Raum. Gerade für die Schweizer Klimadebatte ergibt sich damit ein Netzwerk, das nur zu 15 Prozent aus Schweizer Akteuren besteht. Die Befunde sind Teil des Forschungsprojektes "Politisches Agenda-Building in Zeiten eines hybriden Mediensystems".(*)

(*) Häussler, T., Adam, S., Schmid-Petri, H., & Reber, U. (2017). How political conflict shapes online spaces: A comparison of climate change hyperlink networks in the United States and Germany. International Journal of Communication, 11, 3096-3117. http://ijoc.org/index.php/ijoc/article/view/5644/2102

Häussler, T. (2017, online first). Heating up the debate? Measuring fragmentation and polarisation in a German climate change hyperlink network. Social Networks. doi.org/10.1016/j.socnet.2017.10.002

Adam, S., Häussler, T, Schmid-Petri, H., & Reber, U. (2017, under review). Coalitions and counter-coalitions in online contestation. Manuscript.

Projekt in der SNF Forschungsdatenbank P3: http://p3.snf.ch/project-154100

Kontakt:

Thomas Häussler, Postdoktorand
Universität Bern
Institute of Communication and Media Studies
Tel.: +41 31 631 38 47
E-Mail: thomas.haeussler@ikmb.unibe.ch

Silke Adam, Professorin
Universität Bern
Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft
Tel. +41 31 631 4848
E-Mail: Silke.adam@ikmb.unibe.ch

Plus de actualités: Schweizerischer Nationalfonds / Fonds national suisse
Plus de actualités: Schweizerischer Nationalfonds / Fonds national suisse
  • 04.12.2017 – 08:00

    Idealgrösse eines Computer-Speicherelements

    Bern (ots) - Eine hochpräzise Simulation einer Computer-Speicherlösung namens CBRAM zeigt deren ideale Geometrie auf: zwei Elektroden, getrennt durch einen Halbleiter von wenigen Atomen Dicke. CBRAMs (Conductive Bridging Random Access Memories) könnten eine zukunftsweisende Lösung der Speicherproblematik sein, da sich in ihnen Daten nahezu permanent speichern lassen. Um sie möglichst klein und energiesparend zu ...

  • 29.11.2017 – 08:13

    Die Grundlagen der Verwandlung von Molekülen

    Bern (ots) - Der Chemiker Xile Hu erhält den Nationalen Latsis-Preis 2017. Xile Hu ist Professor für Chemie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL). Er wird für seine beeindruckende wissenschaftliche Laufbahn und seine herausragenden Forschungsarbeiten über das grundlegende Verständnis der Katalyse ausgezeichnet. Xile Hu ist Experte für Katalyse, die Umwandlungen von Molekülen durch ...

  • 21.11.2017 – 10:00

    Sterben in der Schweiz: Dem Menschen mit all seinen Bedürfnissen begegnen

    Bern (ots) - In der Schweiz sterben die meisten Menschen in Spitälern und Pflegeheimen. Ihre individuellen Bedürfnisse werden dabei oft zu wenig berücksichtigt. Zudem sind betreuende Fachpersonen noch nicht zureichend miteinander vernetzt. Die Förderung von Palliative Care, die Sterbende umfassend begleitet, könnte diese Situation verbessern. Zu diesem Schluss ...