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Schweizerischer Nationalfonds / Fonds national suisse

Ziegen mögen Denksport

Bern (ots)

Eine vom Schweizerischen Nationalfonds finanzierte Studie zeigt, dass sich Ziegen gerne eine Belohnung mit einer Anstrengung verdienen, auch wenn sie diese einfach so bekommen können. Diese Eigenheit könnte zur Verbesserung der tiergerechten Haltung beitragen.

Wenn sie sich mit einer Herausforderung konfrontiert sehen, wenden sich Ziegen nicht ab, sondern reagieren positiv. Im Rahmen eines gemeinsam vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten Projekts wurden Ziegen von zwei Zuchtlinien - Milchziegen und Zwergziegen - gleichzeitig zwei Belohnungsvarianten angeboten: Die eine war frei verfügbar, die andere mussten sie sich mit dem Öffnen einer Tür verdienen. "In dieser Versuchsanordnung entschieden sich die Ziegen beider Zuchtlinien in knapp der Hälfte der Fälle für die zweite Option. Sie stellen sich also gerne solchen Herausforderungen", sagen zwei der Studienleiterinnen Nina Keil, Spezialistin für tiergerechte Haltung, und Katrina Rosenberger, Doktorandin, beide bei Agroscope. Die Resultate ihrer Arbeit sind jetzt in der Zeitschrift Scientific Reports (*) erschienen.

Milchziegen überraschend motiviert

Die Forschenden konnten beobachten, dass sich sowohl die Milch- als auch die Zwergziegen bereitwillig am Experiment beteiligten und motiviert waren, mit dem Maul eine Schiebetüre zu öffnen, um eine Belohnung zu erhalten. Von den 57 beobachteten Ziegen haben sich 53 mindestens ein von zehn Mal dafür entschieden, die Belohnung hinter der geschlossenen Tür zu fressen, obwohl die Belohnung auch gleichzeitig frei verfügbar war. Das Verhalten der beiden Zuchtlinien war im Verlauf des Experiments aber unterschiedlich: Bei den Milchziegen blieb das Interesse an der geschlossenen Tür immer gleich. Insgesamt gingen sie zudem jeweils schneller auf die geschlossene Tür zu als auf die offene, was als Hinweis auf gesteigerte Motivation gewertet werden kann. Die Zwergziegen dagegen wählten erst zögerlich, dann zunehmend häufiger die geschlossene Tür. Das zeigt, dass beide Zuchtlinien anscheinend gern Probleme lösen, die Zwergziegen eventuell aber mehr Zeit brauchen, sich dieser Aufgabe zu stellen.

"Mit dem Interesse der Zwergziegen hatten wir gerechnet, da es bereits bei einem ähnlichen Experiment beobachtet worden war"", erklärt Katrina Rosenberger. Sie bezieht sich auf eine Untersuchung am Leibniz-Institut für Nutztierbiologie in Dummersdorf, dem deutschen Forschungspartner im Projekt. "Überrascht waren wir hingegen von den Milchziegen: Wir hatten erwartet, dass die für hohe Milchleistung gezüchteten Nutztiere ihre Energie sparen und weniger motiviert sein würden, sich für eine Belohnung anzustrengen. Vor allem, wenn dieselbe Belohnung auch ohne Anstrengung zur Verfügung steht."

Kontrolle über die Umwelt befriedigt

Die Resultate basieren auf dem Prinzip des sogenannten contrafreeloading. "Dieser Begriff beschreibt das Verhalten von Tieren, sich lieber anzustrengen, um eine begehrte Ressource zu finden, als sie vorgesetzt zu bekommen", erklärt Nina Keil. Bekannt ist dieses Phänomen sowohl bei domestizierten Tieren - Kühen, Schweinen, Ziegen und Hühnern - als auch bei wilden Tieren, die zum Beispiel in einem Zoo gehalten werden. Unbekannt ist, ob es auch bei wilden Tieren in freier Natur zu beobachten wäre. "Wir nehmen an", führt Nina Keil weiter aus, "dass die Tiere diese Verhaltensweise an den Tag legen, weil das Lösen einer Aufgabe und die damit verbundene Kontrolle über ihre Umwelt positive Gefühle auslösen. Sie ziehen daraus wohl eine Befriedigung, die die zusätzliche Astrengung aufwiegt."

Sollte diese Form der Befriedigung bei der Haltung der Ziegen berücksichtigt werden? Nina Keil: "Ja, denn eine tiergerechte Haltung sollte auch die kognitiven Bedürfnisse von Tieren berücksichtigen. Unsere Resultate sind ein erster Schritt. Wir müssen das Experiment jetzt unter realen Bedingungen auf einem Bauernhof und über längere Zeit wiederholen, um zu sehen, wie sich die Motivation der Tiere entwickelt." Wenn sich dabei zeigt, dass solche Massnahmen in der Haltung umgesetzt werden sollten, muss natürlich sichergestellt werden, dass sie einfach in den Arbeitsalltag eingebaut werden können.

(*) K. Rosenberger, M. Simmler, C. Nawroth, J. Langbein, N. Keil: Goats work for food in a contrafreeloading task. Scientific Reports (2020).

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Ziegen wählen zwischen offener oder geschlossener Türe

Für diese Studie wurden 30 Milchziegen, die für eine hohe Milchleistung gezüchtet sind (Saanenziegen und Gämsfarbige Gebirgsziegen sowie Kreuzungen der zwei Rassen) und 27 Zwergziegen, die nicht auf Produktivität gezüchtet sind, bei Agroscope in Tänikon (TG) getestet. Die Tiere hatten freien Zugang zu Nahrung, damit ihr Verhalten beim Experiment nicht durch Hunger beeinflusst wurde. Sie waren durch frühere Experimente zudem bereits daran gewöhnt, eine Schiebetür mit einem Maul zu öffnen. Diese Bewegung korrespondiert auch ihrem natürlichen Verhalten, da Ziegen nicht nur weiden, sondern bevorzugt auch Büschedurchstöbern, um an Blätter zu gelangen.

Die Ziegen wurden jeweils einzeln in einem Raum mit Zugang zu zwei Öffnungen mit Schiebetüren platziert. Eine Tür war offen, die andere geschlossen, dazwischen befand sich eine Trennwand. Hinter beiden Türen lag als Belohnung ein Stück ungekochte Pasta. Um an die Pasta hinter der geschlossenen Tür zu kommen, mussten sie diese mit dem Maul beiseite schieben. Die geschlossene Tür war abwechselnd zufällig links oder rechts. Bei jeder Ziege wurde das Experiment zehnmal wiederholt. Die Forschenden haben die Resultate für jedes einzelne Tier aufgeschlüsselt: Nicht mitmachen (wenn das Tier nach 30 Sekunden auf keine der beiden Türen zugegangen war), holen der Belohnung hinter der geschlossenen Schiebetür (gemäss contrafreeloading) oder holen der Belohnung hinter der offenen Schiebetür. Es wurde auch festgehalten, ob sich die Ziegen jeweils schnell oder langsam auf die Türen zubewegt hatten.

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Forschungsförderung in allen Disziplinen

Die Projektförderung ist das Hauptinstrument des SNF. Der Schweizerische Nationalfonds ermöglicht in der Projektförderung Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die eigenverantwortliche Durchführung von Forschungsvorhaben zu selbst gewählten Themen und Forschungszielen.

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Der Text dieser Medienmitteilung, ein Download-Bild und weitere Informationen stehen auf der Webseite des Schweizerischen Nationalfonds zur Verfügung.

Pressekontakt:

Nina Keil, Dr.sc.nat.
Zentrum für tiergerechte Haltung: Wiederkäuer und Schweine
Tänikon
8356 Ettenhausen
Tel.: +41 58 480 31 31
E-Mail: nina.keil@agroscope.admin.ch

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