SUVA: Bilanzmedienkonferenz der Suva: Von der Freizeitgesellschaft
eingeholt
Ein alarmierender Anstieg der Freizeitunfälle und rekordverdächtige
Unfallkosten beeinträchtigen das Jahresergebnis 2003 der Suva. Trotz
überdurchschnittlichen Kapitalerträgen resultierte daraus ein
Defizit von 97 Millionen Franken. Der Verwaltungsrat beschloss
deshalb, die Prämien der Nichtberufsunfallversicherung
durchschnittlich 10.3 Prozent 2005 zu erhöhen.
Die Freizeitunfälle nehmen kontinuierlich zu. Im vergangenen Jahr
wurden der Suva 253'770 Unfälle gemeldet (+ 3.6 Prozent). Noch mehr
steigen die Kosten. Zwischen 1998 und 2003 um 35 Prozent. Besonders
teuer zu stehen kommt die starke Zunahme der Invalidenrenten. Diese
ungünstige Entwicklung dauert bereits mehrere Jahre, ohne dass die
Prämien bisher angepasst wurden. Die Suva muss nun handeln. Das
Defizit in der Risikorechnung - der versicherungstechnische Teil der
Gesamtrechnung beträgt im vergangenen Geschäftsjahr allein bei der
Nichtberufsunfallversicherung 157.3 Millionen Franken. «Wenn wir
nichts unternehmen, würde das Defizit jährlich um rund 100 bis 200
Millionen ansteigen», sagte Ernst Mäder, Mitglied der Suva
Geschäftsleitung, an der Bilanzmedienkonferenz vom 18. Juni im
Kultur- und Kongresszentrum KKL Luzern.
Prämienerhöhung bei der Nichtberufsunfallversicherung
Deshalb hat der Verwaltungsrat auf Antrag der Geschäftsleitung
beschlossen, die Prämien der Nichtberufsunfallversicherung auf den
1. Januar 2005 zu erhöhen. (Siehe Kasten.) «Es ist für uns klar,
dass dies nur die äusserste und niemals einzige Massnahme sein darf,
um das finanzielle Gleichgewicht in der
Nichtberufsunfallversicherung wieder herzustellen», sagte Ulrich
Fricker, Vorsitzender der Geschäftsleitung. Es liege allerdings
nicht nur an der Suva, sich darüber Gedanken zu machen, wie die
Entwicklung beeinflusst werden könnte. «Denn der Trend zur
Freizeitgesellschaft wird anhalten.» Den grössten Beitrag zur
Verhinderung von Unfällen könnten die Versicherten selbst leisten,
indem sie sich nicht nur bei der Arbeit, sondern auch in ihrer
Freizeit Risiko bewusst verhalten.
Erfolgreiche Prävention
Die Suva unternimmt seit Jahren grosse Anstrengungen, um Unfälle zu
verhüten. Mit einigem Erfolg. Die Freizeitunfälle nehmen bei den
Suva Versicherten weniger stark zu als bei den übrigen UVG-
Versicherern, die Berufsunfälle nehmen stärker ab. Unternehmen,
welche sich für die Freizeitsicherheit von der Suva beraten lassen,
haben deutlich weniger Unfallabsenzen als die andern Betriebe. Doch
die finanziellen Mittel für die Prävention von Freizeitunfällen sind
bescheiden, denn nur gerade 0.75 Prozent der Prämieneinnahmen sind
gemäss gesetzlichen Vorgaben dafür bestimmt. «Für die Prävention von
Freizeitunfällen stehen rund fünf Mal weniger Mittel zur Verfügung
als für die Verhütung von Berufsunfällen», sagte Edouard Currat,
Mitglied der Geschäftsleitung. Dies müsse korrigiert werden.
New Case Management zur Kostendämpfung
Neben der Prävention stehen für die Suva Massnahmen zur
Kostendämpfung im Zentrum. Ein wichtiges Instrument ist das New Case
Management, das bei komplexen Fällen eine frühzeitige, umfassende
und intensive Betreuung der Verunfallten gewährleistet. Denn die
teuersten fünf Prozent der Unfälle verursachen 80 Prozent der
Kosten. Seit dem 1. Januar 2003 arbeitet die Suva in allen 20
Agenturen mit New Case Management. Ziel ist die Wiedereingliederung
der Verunfallten. «Häufig ist es nicht die Schwere des Unfalls,
welche über die Zukunft entscheidet», sagte Willi Morger, Mitglied
der Geschäftsleitung. Die Verletzung ist das eine. Dazu kommen
Ängste wegen der beruflichen Zukunft und der finanziellen
Situation. «Deshalb ist der ganzheitliche Ansatz des New Case
Management Erfolg versprechend», sagte Morger. «Hier ist die Suva
führend.»
Mehr Handlungsspielraum nötig
Nicht nur bei der Wiedereingliederung ist die Suva führend. Sie
verfügt auch über wertvolles Know-how in andern Bereichen. Dieses
könnte sie noch besser nutzen, indem sie gewisse Dienstleistungen
Dritten anbietet. Zum Beispiel bei Wiedereingliederung,
Schadenmanagement, Prävention oder Finanzdienstleistungen für
öffentlich-rechtliche Institutionen. Damit die Suva ihre
Kernkompetenzen zu Gunsten der Sozialversicherung und des
schweizerischen Gesundheitswesens noch besser nutzen kann, braucht
sie aber mehr Handlungsspielraum.
Unsicherheit hemmt Entwicklung
«Die geforderte Flexibilisierung wird nun da und dort zum Anlass
genommen, das System Suva erneut zu hinterfragen», sagte
Verwaltungsratspräsident Franz Steinegger an der
Bilanzmedienkonferenz. «Die völlige Liberalisierung wird dabei zur
Diskussion gestellt, obwohl sich der Bundesrat vor zwei Jahren für
die Beibehaltung des Teilmonopols ausgesprochen hat.» Dies erstaune,
denn nicht die Unfallversicherung habe in den letzten Jahren Anlass
zu Diskussionen gegeben, sondern die nach andern Modellen
organisierte Krankenversicherung und die 2. Säule. «Mit der
Aufhebung des bestehenden Teilmonopols würde aber nicht bloss die
heute von der Suva wirkungsvoll praktizierte Verbindung von
Prävention und Versicherung in Frage gestellt», sagte
Steinegger. «Die Unsicherheit hemmt auch die Weiterentwicklung der
Suva.»
Preis für herausragende Qualität
Die Suva sträube sich keineswegs gegen eine politische Diskussion
und sei auch immer wieder bereit, ihre Wirtschaftlichkeit unter
Beweis zu stellen. Eine wichtige Aufgabe übernehme dabei der
Verwaltungsrat, in dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gleichen
Teilen vertreten sind, sagte Steinegger. Für ihre Effizienz und
konsequente Ausrichtung auf die Kunden hat die Suva im Februar 2004
den Esprix-Preis für eine hervorragende Ausrichtung auf die Kunden
erhalten.
(Infobox 1)
Prämienerhöhung bei der Nichtberufsunfallversicherung
Wegen der Zunahme der Freizeitunfälle und der steigenden Kosten muss
die Suva erstmals seit 1995 die Prämien bei der
Nichtberufsunfallversicherung (NBUV) auf den 1. Januar 2005 um
durchschnittlich 10.3 Prozent erhöhen. Die Erhöhung ist nicht für
alle Betriebe gleich. Sie richtet sich nach dem Unfallrisiko der
einzelnen Wirtschaftsgruppen.
Wirtschaftsgruppe A (Betriebe mit geringen Risiken): + 4.7 Prozent.
Wirtschaftgruppe B: + 5.4 Prozent
Wirtschaftgruppe C: + 13.1 Prozent
Wirtschaftsgruppe D: + 21.2 Prozent
(Infobox 2)
Suva in Zahlen
Die Suva konnte im vergangenen Jahr auf ihren Kapitalanlagen eine
Rendite von 6.4 Prozent erzielen. Der Kapitalertrag hat im Vergleich
zum Vorjahr um 200 Prozent zugenommen und beträgt 1.34 Milliarden
Franken. Die versicherungstechnischen Rückstellungen haben insgesamt
um 8.7 Prozent zugenommen. Das Rentendeckungskapital musste wegen
der Zunahme der Invalidenrenten um gut eine Milliarde Franken erhöht
werden. Die Risikorechnung, der versicherungstechnische Teil der
Gesamtrechnung, weist ein Defizit von 213.5 Millionen Franken aus.
Fast drei Viertel dieses Defizits hat die
Nichtberufsunfallversicherung verursacht. Zum zweiten aufeinander
folgenden Mal ist die Betriebsergebnis negativ. Das Defizit beträgt
97 Millionen Franken.
Die Reden der Geschäftsleitungsmitglieder und des VR-Präsidenten der
Suva stehen sowie Fotos (ab 14 Uhr) sind auf der Suva-Homepage
abrufbar: www.suva.ch/medien.
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