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Kinderwunsch von der Allgemeinheit finanziert?

Bern (ots)

Kinder und Familie gehören zu den
Privatangelegenheiten. Dennoch gibt es viele Menschen, die der 
Ansicht sind, dass die Allgemeinheit – innerhalb klar definierter 
Grenzen – unfruchtbare Paare finanziell unterstützen sollte, die 
sich der In-vitro- Fertilisation IVF unterziehen. So weit ein 
Ergebnis der publifocus Veranstaltungen zur IVF, welche das Zentrum 
für Technologiefolgen- Abschätzung TA-SWISS und das Bundesamt für 
Sozialversicherung BSV gemeinsam durchgeführt haben.
Für viele Paare sind Kindersegen und Familienglück naturgegeben. 
Aber längst nicht für alle: Täglich kommen in der Schweiz zwei 
Kinder zur Welt, die dank der In-vitro-Fertilisation (IVF) gezeugt 
wurden. Die Kosten für diese Behandlung werden von der 
Grundversicherung der Krankenkassen nicht übernommen. Zu Unrecht – 
findet eine Mehrheit von Personen, die an publifocus Veranstaltungen 
zur IVF teilgenommen haben. Ihrer Ansicht nach ist Unfruchtbarkeit 
eine Krankheit und müsste entsprechend in den Grundleistungskatalog 
der Krankenkassen aufgenommen werden. Andernfalls drohe eine Zwei- 
Klassen-Medizin, weil sich nur vermögensstarke Paare die IVF- 
Behandlung überhaupt leisten können. In der Minderheit waren 
Positionen, welche die «Privatsache Kind» auch privat finanziert 
haben wollten.
Unabhängige Information und Beratung tun Not
Ungeachtet aller Meinungsverschiedenheiten gab es in einem zentralen 
Punkt Einmütigkeit: In sämtlichen Diskussionsrunden wurde der Wunsch 
laut, unfruchtbare Paare müssten die Möglichkeit haben, unabhängige 
Beratung und Information über Behandlungsmöglichkeiten und 
Alternativen (z.B. über Adoption) einzuholen. Die Betroffenen selber 
wünschten sich darüber hinaus auch mehr Aufklärung der breiten 
Öffentlichkeit, die der IVF – und den Menschen, die sich ihrer 
bedienen – oft mit Vorurteilen begegnet.
Für klar definierte Grenzen
Zwar wurden in allen publifocus Gesprächsgruppen – ausser bei den 
IVF Betroffenen – Stimmen laut, die angesichts ständig steigender 
Gesundheitskosten davor warnten, den Krankenkassen zusätzliche 
Leistungen aufbürden zu wollen. Dennoch gab in den wenigsten Fällen 
der Kostenaspekt den alleinigen Ausschlag, um eine Vergütung der IVF 
abzulehnen. Wer dieser Behandlung negativ gegenübersteht, führte 
meistens grundsätzliche Argumente wie die Angst vor einer 
zunehmenden Manipulierbarkeit des Menschen ins Feld. Doch selbst 
jene Personen, die für die Aufnahme der IVF in den Pflichtkatalog 
der Kassen plädierten, traten für klare Grenzen ein. Die meisten 
sahen das Alter der Mütter oder die Anzahl Behandlungszyklen als 
Kriterien, um die Leistungspflicht der Kassen zu begrenzen. Aus 
ihrer Sicht muss die IVF in jedem Fall an eine medizinische 
Indikation gebunden bleiben und sollte nicht routinemässig als 
«Lifesyle»-Verfahren angewendet werden, wenn sich Frauen erst im 
reiferen Alter plötzlich auf ihr Bedürfnis nach Mutterschaft 
besinnen. Die betroffenen Paare schliesslich erhoffen sich von einer 
Beteiligung der Kassen nicht nur eine Verbesserung ihrer 
finanziellen Situation, sondern auch mehr Transparenz über die 
Leistungen und Erfolgsbilanz medizinischer Zentren sowie 
verlässliche Qualitätskontrollen von behördlicher Seite.
Präimplantationsdiagnostik zur Erkennung schwerer Krankheiten
Die Frage, ob die Präimplantationsdiagnostik zugelassen werden 
sollte, wurde nicht einheitlich beantwortet. Übers Ganze gesehen 
überwog aber in allen Diskussionsrunden die Ansicht, Embryonen 
sollten vor der Implantation auf Erbkrankheiten, die auch mit den 
üblichen Methoden der vorgeburtlichen Diagnostik aufgedeckt würden, 
getestet werden. Damit könnten Leiden vermieden und die 
Erfolgschancen der IVF verbessert werden. Eine klare Absage erteil- 
ten die Teilnehmenden hingegen einer allfälligen Selektion 
äusserlicher Merkmale (Geschlecht, Haar- und Augenfarbe).
publifocus zur In-vitro Fertilisation
Der publifocus zur IVF wurde in den Monaten Februar und März 2003 
vom Zentrum für Technologiefolgen-Abschätzung TA-SWISS gemeinsam mit 
dem Bundesamt für Sozialversicherung BSV durchgeführt. Im Rahmen 
dieser Veranstaltungen diskutierten je eine Gruppe von Teilnehmenden 
aus der deutschen, der italienischen und der französischen Schweiz 
sowie von IVF betroffenen Personen miteinander, über ihre Haltungen 
und Einschätzungen zur künstlichen Befruchtung. Für eine 
Kostenübernahme der IVF durch die Kassen traten namentlich die 
Teilnehmenden aus der französischen Schweiz sowie die Betroffenen 
ein. Die Personen aus der italienischen Schweiz dagegen sprachen 
sich durchwegs für eine private Finanzierung der IVF aus. In der 
deutschen Schweiz waren die Meinungen gespalten, eine Mehrheit 
befürwortete indes auch hier die Unterstützung durch die 
Krankenkassen oder andere öffentliche Institutionen wie etwa 
Stiftungen.
Die Ergebnisse des publifocus fliessen ein in die Evaluation durch 
die zuständigen beratenden Fachkommissionen im Bereich der sozialen 
Krankenversicherung (Eidg. Kommission für Grundsatzfragen der 
Krankenversicherung, Leistungskommission, Arzneimittelkommission). 
Der «publifocus» Bericht und die Informationsblätter für die 
Diskussion mit den Teilnehmenden sind auf dem Internet unter www.ta- 
swiss.ch in drei Sprachen (d/f/i) abrufbar.
Auskünfte erteilen:
Dr. Sergio Bellucci, Geschäftsführer TA-SWISS, Bern, Tel. 031 322 99 
66, Tel. 079 312 93 73
Dr. Danielle Bütschi, Projektleiterin TA-SWISS; Tel. 079 714 29 08
Dr. med. Pedro Koch, Bundesamt für Sozialversicherung, Bern 
(Präsident der Begleitgruppe publifocus IVF); Tel. 031 322 91 25

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