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UNICEF Schweiz und Liechtenstein

Keine bezahlbare, qualitativ hochwertige Kinderbetreuung in der Schweiz

Zürich/New York, 18. Juni 2021 – Bezahlbare, qualitativ hochwertige Kinderbetreuung ist laut UNICEF in einigen der reichsten Länder der Welt für Eltern immer noch nicht verfügbar. Luxemburg, Island, Schweden, Norwegen und Deutschland schneiden in einem internationalen Vergleich des UNICEF-Forschungsinstituts Innocenti zu Kinderbetreuungsmassnahmen in den OECD- und EU-Staaten am besten ab. Die Schweiz, die Slowakei, die Vereinigten Staaten, Zypern und Australien bilden die Schlusslichter.

Für die Studie « Where Do Rich Countries Stand on Childcare? » wurden vergleichbare Daten zur Familienpolitik mit Blick auf Unterstützungsangebote für Kinder und Eltern ausgewertet. Zu den Indikatoren gehören der Zugang zur Kinderbetreuung, die Bezahlbarkeit und die Qualität von Betreuungsangeboten für Kinder bis zum Schuleintritt sowie die nationalen Regelungen für Elternzeit.

«Um Kindern den besten Start ins Leben zu ermöglichen, müssen wir Eltern darin stärken, ein förderndes und ein liebevolles Umfeld für ihre Kinder zu schaffen, das so wichtig ist für ihr Lernen, ihr seelisches Wohlbefinden und ihre soziale Entwicklung», sagt UNICEF-Exekutivdirektorin Henrietta Fore. «Investitionen in eine familienfreundliche Politik, einschliesslich der Kinderbetreuung, tragen dazu bei, dass Eltern die Zeit, Ressourcen und Angebote zur Verfügung stehen, die sie benötigen, um ihre Kinder in jeder Entwicklungsphase zu unterstützen.»

Während die meisten wohlhabenden Länder die Kinderbetreuung für sozial schwache Familien stark subventionieren muss gemäss dem Bericht in der Schweiz, in Irland und Neuseeland ein Paar mit durchschnittlichem Einkommen zwischen einem Drittel und der Hälfte eines Gehalts ausgeben, um zwei Kinder in der Kinderbetreuung zu bezahlen. «Die Pandemie hat die Systemrelevanz der Kinderbetreuung aufgezeigt. Diese muss hochwertig, bezahlbar und leicht zugänglich sein», sagt Bettina Junker, Geschäftsleiterin von UNICEF Schweiz und Liechtenstein. «Die Schweiz rangiert jedoch im Vergleich zu anderen wohlhabenden Ländern auf den hintersten Rängen. Es darf nicht sein, dass die Schweiz als eines der reichsten Staaten der Welt nicht genug für die externe Kinderbetreuung tut. Die Politik ist jetzt gefordert, punkto Familienpolitik umzuschwenken und Investitionen in eine bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige familienergänzende Kinderbetreuung zu tätigen. Diese Dienstleistungen müssen für alle bezahlbar sein, unabhängig von Einkommen und Wohnort», so Bettina Junker.

Die Länder, die im internationalen Vergleich am besten abschneiden, investieren sowohl in die Qualität als auch die Erschwinglichkeit von Betreuungsangeboten. Gleichzeitig haben dort sowohl Mütter als auch Väter einen Anspruch auf längere, bezahlte Elternzeit.

Eine bezahlte Elternzeit vor und nach der Geburt ermöglicht es Eltern eine enge Bindung zu ihren Kindern aufzubauen, trägt zur gesunden Entwicklung des Kinders bei, hilft, das Risiko einer Wochenbettdepression zu senken und fördert die Geschlechtergleichheit. Laut dem aktuellen Report gewährleisten jedoch weniger als die Hälfte der OECD- und EU-Länder Müttern eine bezahlte Elternzeit von mindestens 32 Wochen. Väter, die einen Anspruch auf Elternzeit haben, nehmen diesen aus beruflichen oder gesellschaftlichen Gründen selten in Anspruch, wenngleich sich dieser Trend verändert.

Der Zugang zu bezahlbarer Kinderbetreuung wiederum ermöglicht es Eltern eine Balance zwischen der Betreuung ihrer Kinder, ihrer Erwerbstätigkeit und ihrem eigenen Wohlergehen zu finden. Allerdings gibt es zwischen dem Ende der Elternzeit und dem Beginn einer bezahlbaren Kinderbetreuung häufig Betreuungslücken.

Laut dem Bericht sind fehlende bezahlbare Betreuungsmöglichkeiten ein grosses Hemmnis für Eltern und tragen dazu bei, bestehende sozio-ökonomische Ungleichheiten zu verschärfen. Haben in einkommensstarken Haushalten fast die Hälfte der Kinder unter drei Jahren Zugang zu frühkindlichen Bildungs- und Betreuungsangeboten, gilt dies in einkommensschwachen Haushalten nur für eines von drei Kindern.

UNICEF setzt sich international für einen Rechtsanspruch auf bezahlte Elternzeit von mindestens sechs Monaten sowie bezahlbare, qualitativ hochwertige Betreuungsangebote für Kinder bis zum Beginn der Grundschule ein.

Die Studie nennt folgende Eckpunkte für eine familienfreundlichere Politik:

  • Eine Mischung aus bezahltem Mutterschutz, Vaterschaftsurlaub und Elternzeit vor der Geburt und im ersten Lebensjahr des Kindes;
  • Eine geschlechtersensible und -gerechte Verteilung der Elternzeit;
  • Elternzeit für alle Eltern, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, ganz gleich ob es sich um eine Voll- oder Teilzeitbeschäftigung handelt sowie Unterstützung für Geburtshilfe und bei der Betreuung für Eltern in besonderen Lebenssituationen, wie z. B. Nichtversicherte;
  • Eine bezahlbare Kinderbetreuung, die sofort nach Ende der Elternzeit beginnt, um Betreuungslücken zu vermeiden;
  • Zugängliche, flexible, erschwingliche und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung für alle Kinder, unabhängig von Familienverhältnissen;
  • Staatliche Regelungen und Unterstützung, um den Zugang für Familien mit geringem Einkommen zu erleichtern und Betreuungsstandards zu gewährleisten;
  • Investitionen in kompetente Arbeitskräfte, ihre Qualifikation und ihre Arbeitsbedingungen, um bestmögliche Standards zu gewährleisten;
  • Anreize für Arbeitgeber, damit sie inklusive und geschlechtssensible bezahlte Urlaubsansprüche, flexible Arbeitsregelungen und Unterstützungssysteme für die Kinderbetreuung anbieten.

Hinweise für Redaktionen

Methodisch stützt sich der UNICEF-Bericht auf statistische Daten von Eurostat, der OECD und der UNESCO aus den Jahren 2018, 2019 und 2020, um die Verfügbarkeit bezahlter Elternzeit für Mütter und Väter bei vollem Lohnausgleich sowie den Zugang, die Qualität und die Bezahlbarkeit von Betreuungsangeboten zu beleuchten.

Bild- und Videomaterialien stehen hier zur Verfügung

Weitere Informationen: UNICEF Schweiz und Liechtenstein, Medienstelle, Jürg Keim, j.keim@unicef.ch, 044 317 22 41.

Über UNICEF
UNICEF, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, hat 74 Jahre Erfahrung in Entwicklungszusammenarbeit und Nothilfe. UNICEF setzt sich weltweit für das Überleben und das Wohlergehen von Kindern ein. Zu den zentralen Aufgaben gehören die Umsetzung von Programmen in den Bereichen Gesundheit, Ernährung, Bildung, Wasser und Hygiene sowie der Schutz der Kinder vor Missbrauch, Ausbeutung, Gewalt und HIV/Aids. UNICEF finanziert sich ausschliesslich durch freiwillige Beiträge und wird in der Schweiz und Liechtenstein durch das Komitee für UNICEF Schweiz und Liechtenstein vertreten. Seit 61 Jahren setzt sich UNICEF Schweiz und Liechtenstein für Kinder ein – im Ausland wie im Inland.