UNICEF Schweiz und Liechtenstein
559 Millionen Kinder sind besonders häufig von Hitzewellen betroffen – bis 2050 steigt die Zahl der Kinder auf über zwei Milliarden
New York/London/Zürich, 25. Oktober 2022 – 559 Millionen Kinder sind laut einer neuen Studie von UNICEF derzeit besonders häufig von Hitzewellen betroffen. Weitere 624 Millionen Kinder sind anderen Hitze-Extremen wie extrem hohe Temperaturen ausgesetzt.
In einem Jahr, in dem Hitzewellen sowohl in der südlichen als auch in der nördlichen Hemisphäre Rekorde brachen, verdeutlicht der neue Bericht «The Coldest Year Of The Rest Of Their Lives: Protecting Children From The Escalating Impacts Of Heatwaves» (auf Deutsch: «Das kälteste Jahr ihres restlichen Lebens: Schutz von Kindern vor den eskalierenden Auswirkungen von Hitzewellen») die bereits heute weitreichenden Auswirkungen von Hitzewellen auf Kinder. Der Report zeigt, dass selbst bei einer geringeren globalen Erwärmung in nur drei Jahrzehnten häufiger auftretende Hitzewellen für Kinder überall unvermeidlich sind.
Schätzungen im Rahmen des Berichts sagen voraus, dass bis zum Jahr 2050 über zwei Milliarden Kinder auf der Welt häufiger hohen Hitzewellen ausgesetzt sein werden. Dies unabhängig davon, ob die Welt ein Szenario mit niedrigen Treibhausgasemissionen mit einer geschätzten Erwärmung von 1,7 Grad im Jahr 2050 oder eins mit einer geschätzten Erwärmung von 2,4 Grad im Jahr 2050 verwirklichen wird.
Diese Ergebnisse wurden von UNICEF in Zusammenarbeit mit «The Data Collaborative for Children» erstellt und in Kooperation mit der UNICEF-Botschafterin Vanessa Nakate und dem in Afrika ansässigen «Rise Up Movement» veröffentlicht. Sie unterstreichen die dringende Notwendigkeit, die sozialen Dienste wie Wasser- und Sanitätsversorgung und Hygiene, auf die Kinder angewiesen sind, an die unvermeidlichen Auswirkungen der globalen Erwärmung anzupassen. Die Studie plädiert auch dafür, den Klimawandel weiter einzudämmen, um die schlimmsten Auswirkungen anderer Hitzewellen-Szenarien wie höhere Extremtemperaturen zu verhindern.
«Die Temperaturen steigen und damit auch die Auswirkungen auf Kinder», sagt UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell. «Schon jetzt lebt eines von drei Kindern in Ländern, die mit extrem hohen Temperaturen konfrontiert sind, und fast eines von vier Kindern ist häufigen Hitzewellen ausgesetzt, und es wird nur noch schlimmer werden. In den kommenden dreissig Jahren werden mehr Kinder von längeren, heisseren und häufigeren Hitzewellen betroffen sein, die ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden bedrohen. Wie verheerend diese Veränderungen sein werden, hängt von den Massnahmen ab, die wir jetzt ergreifen. Zumindest müssen die Regierungen dringend die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius begrenzen und die Mittel für Anpassungsmassnahmen bis 2025 verdoppeln. Nur so können wir das Leben und die Zukunft von Kindern retten – und die Zukunft unseres Planeten.»
Hitzewellen sind für Kinder besonders gefährlich, da sie im Vergleich zu Erwachsenen weniger in der Lage sind, ihre Körpertemperatur zu regulieren. Je mehr Hitzewellen Kinder ausgesetzt sind, desto grösser ist die Gefahr von Gesundheitsproblemen wie chronischen Atemwegserkrankungen, Asthma und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Säuglinge und Kleinkinder sind am stärksten von hitzebedingter Sterblichkeit bedroht. Hitzewellen können sich auch auf das Umfeld der Kinder, ihre Sicherheit, ihre Ernährung und ihren Zugang zu Wasser sowie auf ihre Bildung und ihren künftigen Lebensunterhalt auswirken.
Je nach dem erreichten Grad der globalen Erwärmung werden Millionen mehr Kinder schweren Hitzewellen und extrem hohen Temperaturen ausgesetzt sein. Kinder in den nördlichen Regionen, insbesondere in Europa, werden mit dem dramatischsten Anstieg schwerer Hitzewellen konfrontiert sein und bis 2050 wird fast die Hälfte aller Kinder in Afrika und Asien dauerhaft extrem hohen Temperaturen ausgesetzt sein.
Derzeit fallen 23 Länder in die Kategorie, in der Kinder am stärksten von extrem hohen Temperaturen betroffen sind. Diese Zahl wird bis 2050 beim Szenario mit niedrigen Emissionen auf 33 Länder und beim Szenario mit sehr hohen Emissionen auf 36 Länder ansteigen. Burkina Faso, Tschad, Mali, Niger, Sudan, Irak, Saudi-Arabien, Indien und Pakistan gehören zu den Ländern, die in beiden Szenarien in der höchsten Kategorie bleiben werden.
«Die Klimaschocks des Jahres 2022 waren ein deutlicher Weckruf für die zunehmende Gefahr, die auf uns zukommt», sagt Vanessa Nakate, Klimaaktivistin und UNICEF-Botschafterin. «Hitzewellen sind ein deutliches Beispiel. So heiss es auch in diesem Jahr in fast allen Teilen der Welt gewesen ist, wird es wahrscheinlich das kälteste Jahr unseres Lebens bleiben. Das Rad der Zeit wird auf unserem Planeten weitergedreht und dennoch haben unsere Staats- und Regierungschefs noch nicht angefangen zu schwitzen. Die einzige Möglichkeit besteht darin, dass wir den Druck weiter erhöhen – auf sie – um den Kurs zu korrigieren, auf dem wir uns befinden. Die Staats- und Regierungschefs müssen dies auf der COP27 für die Kinder überall tun, vor allem aber für die am meisten gefährdeten Kinder in den am stärksten betroffenen Gebieten. Wenn sie keine Massnahmen ergreifen – und zwar bald – macht dieser Bericht deutlich, dass Hitzewellen noch schlimmer werden, als sie ohnehin sein werden.»
UNICEF fordert die Regierungen auf:
- Schutz von Kindern vor der Klimakatastrophe durch Anpassung der sozialen Dienste. Jedes Land muss wichtige soziale Dienste – Wasser-, Sanitärversorgung und Hygiene, Gesundheit, Bildung, Ernährung, Sozialschutz und Kinderschutz – anpassen, um Kinder und Jugendliche zu schützen. Beispielsweise müssen die Nahrungsmittelsysteme gestärkt werden, um Gefahren zu vermeiden und den Zugang zu einer gesunden Ernährung zu gewährleisten. Es muss verstärkt in die frühzeitige Prävention, Erkennung und Behandlung von schwerer Mangelernährung bei Kindern, Müttern und gefährdeten Bevölkerungsgruppen investiert werden. Auf der COP27 müssen Kinder und ihre Rechte bei Entscheidungen über Anpassungsmassnahmen eine hohe Priorität haben.
- Vorbereitung von Kindern auf das Leben in einer durch den Klimawandel veränderten Welt. Jedes Land muss Kinder und Jugendliche über den Klimawandel aufklären, sie im Umgang mit den Risiken der Klimakatastrophe schulen und ihnen die Möglichkeit geben, sich sinnvoll an klimapolitischen Entscheidungen zu beteiligen und diese zu beeinflussen. Auf der COP27 müssen die Länder den Schwerpunkt auf Klimabildung und Stärkung von Kindern im Klimaschutz-Aktionsplan intensivieren, ihn verabschieden und frühere Verpflichtungen zum Aufbau von Jugendkapazitäten umsetzen.
- Priorisieren von Kindern und Jugendliche bei der Klimafinanzierung und den Ressourcen. Die Industrieländer müssen ihre auf der COP26 getroffene Vereinbarung einhalten, die Mittel für die Anpassung bis 2025 auf mindestens 40 Milliarden Dollar pro Jahr zu verdoppeln, um bis 2030 mindestens 300 Milliarden Dollar pro Jahr für die Anpassung bereitzustellen. Die Anpassungsfinanzierung muss die Hälfte der gesamten Klimafinanzierung ausmachen. Die COP27 muss Fortschritte bei der Beseitigung von Verlusten und Schäden ermöglichen und die Resilienz von Kindern und ihren Gemeinschaften in den Mittelpunkt der Diskussionen über Massnahmen und Unterstützung stellen.
- Verhinderung einer Klimakatastrophe durch eine drastische Reduzierung der Treibhausgasemissionen und Einhaltung von 1,5 Grad Celsius. Prognosen zufolge werden die Emissionen in diesem Jahrzehnt um 14 % steigen, was uns auf den Weg zu einer katastrophalen globalen Erwärmung bringt. Alle Regierungen müssen ihren nationalen Klimaplan und die nationale Klimapolitik überarbeiten, um ehrgeizigere Ziele zu definieren und mehr zu unternehmen. Sie müssen die Emissionen bis 2030 um mindestens 45 % senken, um die Erwärmung auf höchstens 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.
Service für Redaktionen:
Der Original-Bericht kann hier auf Englisch runtergeladen werden.
Der Bericht folgt auf die Veröffentlichung des Klima-Risiko-Index für Kinder durch UNICEF im Jahr 2021.
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Kontakt für MedienUNICEF Schweiz und Liechtenstein, Jürg Keim, Medienstelle, 044 317 22 41, media@unicef.ch
Über UNICEF UNICEF, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, hat 75 Jahre Erfahrung in Entwicklungszusammenarbeit und Nothilfe. UNICEF setzt sich weltweit für das Überleben und das Wohlergehen von Kindern ein. Zu den zentralen Aufgaben gehören die Umsetzung von Programmen in den Bereichen Gesundheit, Ernährung, Bildung, Wasser und Hygiene sowie der Schutz der Kinder vor Missbrauch, Ausbeutung, Gewalt und HIV/Aids. UNICEF finanziert sich ausschliesslich durch freiwillige Beiträge und wird in der Schweiz und Liechtenstein durch das Komitee für UNICEF Schweiz und Liechtenstein vertreten. Seit 62 Jahren setzt sich UNICEF Schweiz und Liechtenstein für Kinder ein – im Ausland wie im Inland.