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Deutsche Bundesstiftung Umwelt

Köhler: Umweltpreisträger machen Mut, dass die neue industrielle Revolution in der "Einen Welt" gelingt

Aachen (ots)

Bundespräsident äußerte anlässlich Verleihung des Deutschen 
   Umweltpreises Sorge um Klima und Artenvielfalt
Der Deutsche Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU)
ist zum 15. Male vergeben. Den mit 500.000 Euro höchst dotierten 
Umweltpreis Europas teilen sich der Direktor des Potsdam-Instituts 
für Klimafolgenforschung (PIK), Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber 
(57), der Gründer der Schwalmstädter Firma Konvekta, Carl H. Schmitt 
(76), gemeinsam mit seinem langjährigen Entwicklungsleiter und 
heutigen Direktor des Instituts für Thermodynamik der Technischen 
Universität (TU) Braunschweig, Prof. Dr.-Ing. Jürgen Köhler (53), 
sowie die langjährige Oberbürgermeisterin Heidelbergs, Beate Weber 
(63). Anlässlich der Preisverleihung betonte Bundespräsident Horst 
Köhler die enorme Bedeutung des Klimaschutzes für die Menschheit: 
"Beim Klimawandel zeigt sich besonders deutlich, dass die Nationen 
der Welt eine Schicksalsgemeinschaft sind. Jetzt sehe ich die große 
Chance, dass sie endlich auch zur Verantwortungs- und zur 
Lerngemeinschaft werden."
Köhler, der den Preis wie in den Vorjahren persönlich überreichen 
wollte, aufgrund technischer Probleme der Flugbereitschaft aber 
kurzfristig nicht nach Aachen kommen konnte, sagte in einer aus 
Anlass der Preisverleihung verbreiteten Stellungnahme, es gehe darum 
zu verhindern, dass der Klimawandel Millionen von Menschen 
Nahrungsgrundlage und Heimat nehme, und zu sichern, dass die 
natürlichen Lebensgrundlagen "unserer Einen Welt" geschützt würden. 
Die gründliche wissenschaftliche Analyse des Weltklimarates habe 
eindringlich vor Augen geführt, dass gehandelt werden müsse. Köhler: 
"Und zwar jetzt. Denn je länger wir warten, desto enger wird unser 
Handlungsspielraum und desto teurer werden uns die Folgen des 
Klimawandels zu stehen kommen."
Das Staatsoberhaupt forderte in seiner Stellungnahme von der im 
Dezember anstehenden Klimakonferenz auf Bali einen erfolgreichen 
Abschluss eines Nachfolgeprotokolls für Kyoto. Das Kyoto-Protokoll 
ist eine Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen, die 1997 
erstmals verbindliche Ziele für den Ausstoß von Treibhausgasen 
festschrieb und 2012 ausläuft. Dabei sei klar, dass im Kampf gegen 
den globalen Kohlendioxid-Ausstoß (CO2) den Industriestaaten die 
größte Umstellung ins Haus stehe. Denn da sie Hauptverursacher des 
menschengemachten Klimawandels seien, müssten sie auch den größten 
Beitrag zu seiner Bekämpfung leisten. Ebenso wichtig sei es aber, 
dass es gelinge, in den aufstrebenden Schwellenländern das 
Wirtschaftswachstum von den Klima- und Umweltentlastungen zu 
entkoppeln. Das sei vor allem eine technologische Herausforderung. 
Köhler: "Wir in den reichen Ländern stehen nicht nur in der Pflicht, 
sondern haben auch ein Eigeninteresse daran, die ärmeren Länder zu 
unterstützen, damit sie unsere Fehler nicht wiederholen."
Die Bedrohungen durch den Klimawandel machten wie fast kein 
anderes Thema deutlich, dass es im 21. Jahrhundert "keine vernünftige
Alternative zu einer kooperativen Weltpolitik gibt." Als 
"zielführend" bezeichnete Köhler den Vorschlag von Bundeskanzlerin 
Angela Merkel, die Pro-Kopf-Werte der Industrie- und Schwellenländer 
für den Ausstoß von Kohlendioxid langfristig anzugleichen. Köhler: 
"Jeder Mensch auf dieser Erde hat grundsätzlich das Recht auf 
dasselbe - begrenzte - Maß an CO2-Emissionen. Jeder Mensch muss die 
Chance auf Entwicklung haben und auch die Möglichkeit, ein Leben frei
von Not und Armut zu führen." Die Klimadebatte jedenfalls habe die 
Erkenntnis zum Allgemeingut gemacht, dass wir in einer Welt lebten, 
dass unser tägliches Handeln Auswirkungen auf das Leben der Menschen 
in ganz anderen Regionen der Welt habe und dass es Probleme gebe, die
die Weltgemeinschaft nur gemeinsam lösen könne.
Auch den "vom Menschen verursachten" Rückgang der Artenvielfalt 
bezeichnete der Bundespräsident als besorgniserregend. Seit 1970 sei 
die Anzahl der Arten weltweit um etwa 40 Prozent zurückgegangen, 
ganze Ökosysteme seien in Gefahr. Zwei Fünftel des tropischen 
Regenwalds etwa seien vernichtet. Jedes Jahr schrumpfe er um eine 
Fläche von der Größe Süddeutschlands. Köhler: "Wir sägen an dem Ast, 
auf dem wir sitzen." Um den Verlust der Biodiversität erheblich zu 
verringern, seien deutlich mehr Anstrengungen nötig. Köhler: "Wir 
müssen alle - im Norden wie im Süden, im Westen wie im Osten - 
begreifen, dass die wunderbare Vielfalt der Natur ein gemeinsames 
Erbe ist, das wir  auch nur gemeinsam bewahren können."
Die Aufgaben zum Schutz des Klimas und der Artenvielvalt seien 
riesig, aber nicht unlösbar. Köhler: "Mit modernen, kohlenstoffarmen 
Technologien, mit einer nachhaltigeren Gestaltung unseres Lebensstils
im Sinne von 'gut leben' statt 'viel haben' und einem fairen 
Miteinander der reichen und armen Staaten dieser Welt können wir 
dafür sorgen, dass die Erde auch für unsere Kinder und Enkel wohnlich
bleibt." Die Frage sei, ob es schon ein mutiges und stimmiges Konzept
gebe, die "neue industrielle Revolution" voranzutreiben. Die Träger 
des Deutschen Umweltpreises gäben mit ganz konkreten Beispielen Mut, 
auf diese Frage zukunftsfähige Antworten zu finden.
Prof. Dr. Martin Faulstich, Mitglied des Sachverständigenrates für
Umweltfragen, betonte in seiner im Festakt per Film eingespielten 
Laudatio auf Schellnhuber, er habe mit hoher Kompetenz und 
persönlichem Engagement die internationale Klimaschutz-Diskussion 
geprägt. Es bestehe kein Zweifel mehr am Treibhauseffekt und dass 
dieser die Erde stärker bedrohe als bisher angenommen. Daher sei mehr
denn je entschiedenes und gemeinsames Handeln von Politik und 
Wissenschaft notwendig. Einer, der diese Kooperation in 
herausragender Weise verkörpere, sei der Chef des PIK. Zu den 
Preisträgern Köhler/Schmitt führte Faulstich aus, ihrer Pioniertat 
sei es zu verdanken, dass es heute eine umweltverträgliche 
Alternative zu stärker klimaschädigenden Kältemitteln in 
Fahrzeug-Klimaanlagen gebe. Sie erhielten den Deutschen Umweltpreis 
für ihre langjährige beharrliche Innovationsarbeit in der Kälte- und 
Klimatechnik. Sie hätten gezeigt, dass eine intensive Zusammenarbeit 
zwischen Mittelstand und Forschung letztlich zum Erfolg führe.
Schellnhuber kritisierte, dass die Mahner vor den Folgen einer 
Klimaveränderung bisher immer auf taube Ohren gestoßen seien, erst 
das Jahr 2007 einen Wandel herbeigeführt habe. Die Situation sei 
tatsächlich dramatisch und alles andere als ein Luxusproblem. 
Notwendig sei es in der Zukunft angesichts endlicher Energien wir 
Gas, Öl und Kohle, Energiesystem neu zu erfinden und vor allem auf 
erneuerbare Energien zu setzen. Und da eine Klimaveränderung von zwei
Grad in jedem Fall kommen werde, müssten etwa Städte neu geplant, 
müssten um sie herum lanschaftlich "Speckgürtel" angelegt werden, um 
eine energetische Versorgung der Bewohner etwa mit Bioenergie sicher 
zu stellen. Einer "Ökodiktatur" erteilte Schellnhuber eine klare 
Absage. Vielmehr müssten die Zivilgesellschaften noch viel stärker 
mobilisiert werden, um die Politik zur Lösung der Probleme "vor sich 
her zu treiben".
Schmitt und Köhler betonten, dass der Einsatz von natürlichem CO2 
als Kältemittel in Fahrzeugklimaanlagen als Ersatz für die 1.400-fach
klimaschädlicheren chemischen Mittel in der Produktion natürlich 
zunächst zusätzliche Kosten produziere - doch das sei bei jeder neuen
Technologie so. Und natürlich sei es das Interesse der chemischen 
Industrie gewesen, in diesem Milliarden-Markt weiter mitspielen zu 
können. Umso mehr lobten sie den Mut der deutschen 
Automobilindustrie, auf diese Technik umzustellen, Ob das auch für 
den Markt in den USA gelinge, müsse abgewartet werden, denn in den 
USA sei das Thema Klimaschutz ja überhaupt erst seit einem Jahr ein 
Thema. Hier hofften sie auf die Fürsprache des 
Friedensnobelpreisträgers Al Gore, der versprochen habe, sich mit der
Frage einer klimaschonenderen Fahrzeug-Klimatisierung auseinander zu 
setzen.
Zur Preisträgerin Weber sagte Prof. Dr. Klaus Töpfer, ehemaliger 
Direktor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP), ebenfalls
in einer Videobotschaft, nachhaltige Entwicklung der Welt könne nur 
erreicht werden, wenn sie auf kommunaler Ebene umgesetzt werde. Eine 
der Ersten, die das gemacht habe, sei Beate Weber in Heidelberg 
gewesen. Sie erhalte den Deutschen Umweltpreis für ihre 
Pioniertätigkeit im kommunalen Umweltschutz, für die Tatsache, dass 
sie ihre Arbeit auf kommunaler Ebene über die Grenzen Deutschland 
hinaus vertreten und glaubwürdig umgesetzt habe. Töpfer: "Sie erhält 
ihn als Signal für viele in der Kommunalpolitik, vor Ort das zu tun, 
was wir brauchen, um diesen Planeten auf Dauer lebensfähig zu 
erhalten."
Beate Weber sagte, es habe ihr viel Freude gemacht, sich mit 
diesem interessanten Thema politisch zu befassen. Mit "wunderbaren 
Beschäftigten" in der Heidelberger Stadtverwaltung sei es ihr 
gelungen, Strukturen aufzubrechen und vom globalen Denken zum lokalen
Handeln zu kommen. Es reiche nämlich nicht aus, auf Gesetze von oben 
zu warten, sondern in der Kommune von unten auch selbst zu reagieren.
Nicht durch Verordnungen, sondern durch gemeinsames Handeln habe es 
Heidelberg auch geschafft, die Unternehmen der Stadt in die Umwelt- 
und Klimaschutz-Aktivitäten einzubeziehen und als verlässliche 
Partner für die Zukunft zu gewinnen. Weber mit Blick auf den 
Klimaschutz: "Es ist notwendig zu handeln, man kann es aber auch."
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