Discours Suisse: Atomkraft erhitzt die Gemüter vor allem in der Westschweiz - Deutschschweiz gespalten - Sonnenstube ohne Solarenergie
Bern (sda/ots) -
Die Atomkraft spaltet die Schweiz. Während die Westschweiz sowie die Städte Basel und Bern den Bau neuer AKW ablehnen, sind der Aargau, die Innerschweiz und die Ostschweiz atomfreundlich. Das Tessin setzt auf Kohle- und Wasserkraft.
Die Abneigung der Romands gegen neue Atomkraftwerke sitzt tief. In den Köpfen vieler Westschweizern steckt noch der schwere Atomunfall im Versuchsreaktor Lucens VD im Jahre 1969. Der Kampf gegen das Atomprojekt in Verbois GE sowie gegen den Atommeiler im französischen Creys-Malville nahe Genf sind ebenso noch präsent.
Anti-Atompolitik in der Verfassung
Als Folge der hitzigen Diskussionen um die Atomkraft hatten die Waadtländer Stimmbürger 1981 einen Verfassungsartikel gebilligt, der die Behörden zwingt, das Volk bei Fragen zur Atomenergie zu konsultieren. Genf folgte diesem Beispiel 1986.
Die Front gegen die Atomkraft in der Westschweiz bröckelt jedoch, wie Jean-Pierre Bommer, Generalsekretär der Westschweizer Energievereinigung (FRE), erklärt. Die junge Generation hat weniger Berührungsängste gegenüber der Atomkraft.
Eine Kehrtwende hatten die Romands bereits am 18. Mai 2003 vollzogen, als sie gegen die Verlängerung des AKW-Moratoriums um weitere zehn Jahre stimmten. Erstmals seit Jahrzehnten lehnten alle Westschweizer Kantone Initiativen gegen Atomstrom wieder ab.
Vielstimmige Deutschschweiz
Facettenreicher präsentiert sich das Bild in der Deutschschweiz. Nach wie vor ausgeprägt sind die Anti-Atomkraft-Reflexe in Basel-Stadt. Der Kampf um Kaiseraugst in den 70-er Jahren wirkt hier noch nach, wie der grüne Regierungrat Guy Morin festhält.
Die Katastrophen von Tschernobyl und von Schweizerhalle 1986 haben diese Reflexe eher noch verstärkt. So überrascht es nicht, dass Basel-Stadt und Basel-Land die Opposition gegen die Atomkraft in ihren Verfassungen verankert haben.
Aargau betont Chancen der Atomkraft
Ganz anders tönt es wenige Kilometer entfernt im Kanton Aargau: "Die Atomenergie ist unsere einzige Chance, um die bis 2020 erwartete Stromlücke zu schliessen", sagt Regierungspräsident Peter Beyeler.
Im Kanton Aargau haben drei der fünf Schweizer Atomkraftwerke ihren Standort. Mit Atel und Axpo sind die beiden grössten Energieversorger der Schweiz im Aargau beheimatet. Die Badener Industriekonzerne ABB und Alstom sind bedeutende Stromabnehmer.
Auch die Innerschweiz steht der Atomkraft positiv gegenüber. "Wir begrüssen den Bau eines neuen Atomkraftwerkes. Das ist mit dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung ohne weiteres vereinbar", liess die Zuger Regierung im Juli verlauten.
Stadt-/Land-Graben in Bern
In einzelnen Regionen tun sich gar innerhalb eines Kantons tiefe Gräben auf. Bern ist dafür ein prominentes Beispiel. Während die Stadt Bern eine unbefristete Betriebsbewilligung für das AKW Mühleberg ablehnt, unterstützt der Kanton diesen Vorstoss.
Zahlreiche Kantone fördern zunehmend erneuerbare Energien. Dabei fällt auf, dass atomkritische Kantone wie Basel, Bern und Genf grosse Summen investieren, während die Innerschweiz und St.#Gallen Nachholbedarf haben. Eine Ausnahme bilden die atomfreundlichen Kantone Aargau und Thurgau, die alternative Energien unterstützen.
Tessin hat andere Sorgen
Eher unberührt von den wieder aufgeflammten Diskussionen rund um die Atomkraft sind die Tessiner. Zu reden gibt im Südkanton vielmehr der Bau eines neuen Kohlekraftwerkes im deutschen Ruhrgebiet. Das kantonale Elektrizitätswerk AET will sich an dieser Anlage mit 56 Mio. Euro beteiligen.
Gross in Mode sind kleine Wasserkraftwerke, die vor allem von Gemeinden in den Berggebieten forciert werden. Noch Zukunftsmusik sind Projekte für Biomasse-Krafwerke in der Leventina, im Blenio-Tal und in der Magadino-Ebene. Nur auf dem Papier existiert bisher auch das Projekt eines Windparks auf dem Gotthard. Eher kalt lässt die Sonnenstube der Schweiz bisher die Solarenergie.
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