Medizinischer Forschungsdurchbruch: Hoffnung für Gehirntumorpatienten dank neuer Chemotherapie. Klare Verbesserung des Überlebens von Patienten mit Glioblastom bestätigt
Brussel, Belgien (ots/PRNewswire)
- Veröffentlichung von zwei Artikeln im New England Journal of Medicine
Eine grosse internationale Studie der European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC) in Zusammenarbeit mit den National Cancer Institute of Canada (NCIC) Clinical Trials Groups zeigte, dass die Strahlentherapie in Verbindung mit dem neuartigen chemotherapeutischen Wirkstoff Temozolomid (Markenname: Temodal(R)) das Überleben von Patienten erhöht, die unter einem Glioblastom, einer sehr aggressiven Variante des Gehirntumors, leiden. Darüber hinaus konnten durch die Molekularanalyse des Tumors diejenigen Patienten bestimmt werden, die von dieser Behandlung wahrscheinlich am meisten profitieren werden. Die Studienresultate führen zu einem neuen Standard bei der Behandlung von Patienten, die an dieser schnell fortschreitenden und verheerenden Krebsart leiden. Die Resultate dieser zukunftsweisenden Studie werden in zwei Artikeln in der Ausgabe von dieser Woche des New England Journal of Medicine (Veröffentlichung: 10. März 2005) ausführlich besprochen.
Weniger als 5 % aller Krebsdiagnosen entfallen auf Primärtumore im Gehirn. Dennoch befällt die Krankheit vielfach bisher gesunde, junge Männer und Frauen mitten in ihrem aktivsten Lebensabschnitt. Glioblastom ist bei Erwachsenen die häufigste Variante von bösartigen Primärtumoren im Gehirn mit jährlich 5-7 Betroffenen pro 100.000 Einwohner. Folglich werden jedes Jahr rund 20.000 Patienten in den EU-Ländern mit der Krankheit diagnostiziert. Glioblastom ist ein schnell fortschreitender, bösartiger Gehirntumor mit normalerweise tödlichem Ausgang.
Bevor der Entdeckung dieser neuen Behandlungsweise betrug die durchschnittliche Lebenserwartung von Glioblastom-Patienten ungefähr ein Jahr. Die Resultate dieser Studie zeigen nun eine eindeutige Verbesserung des Überlebens. Nach 2 Jahren überlebten noch 10 % der Patienten, die nur mit Strahlentherapie behandelt wurden, verglichen mit 26 % bei den Patienten, die mit einer Kombination von Strahlentherapie und Temezolomid-Chemotherapie behandelt wurden. Falls die Patienten gemäss ihrem molekularen Profil ausgewählt würden - die Forscher analysierten die Funktion eines Gens, das für die Reparatur von DNS verantwortlich ist, das so genannte MGMT-Gen -, wäre die Verbesserung noch bedeutsamer, da fast die Hälfte der Patienten, deren Tumore ein inaktives MGMT-Gen enthalten, nach 2 Jahren noch am Leben sind. Ein weiteres wichtiges Resultat dieser Studie zeigte, dass diese neue Kombinationstherapie keine negativen Auswirkungen auf die Lebensqualität der Patienten hatte. Die Lebensqualität bezüglich der Gesundheit ist mittlerweile zu einem immer wichtigeren Endpunkt bei Krebsstudien geworden.
Für die Studie wurden fast 600 Patienten randomisiert innerhalb weniger als eineinhalb Jahren. Der rasche, erfolgreiche Abschluss wäre nicht möglich gewesen ohne die Hilfe von etablierten akademischen Instituten für klinische Forschungen, wie die EORTC und die NCIC Clinical Trials Group. Die kürzlich eingeführten neuen Auflagen in Europa verursachen zusätzlichen administrativen Aufwand, komplizierte Probleme bei Haftung und Versicherung sowie explodierende Kosten. Dadurch ist die künftige erfolgreiche Durchführung von klinischen Studien bedroht. Dieses Beispiel zeigt, dass für Fortschritte bei der Behandlung von Krebs gut funktionierende, internationale Kollaborationsnetzwerke und integrierte, laborbasierende Wissenschaft nötig sind.
Die EORTC stellte auch das Forschungsteam im Labor zusammen, dem es gelang, eine molekulare Veränderung im Tumor festzustellen, dank der die vorteilhafte Wirkung der neuen Behandlungsmethode vorausgesagt werden kann. Zukünftige Gehirntumorstudien der EORTC werden auch weiterhin klinische und grundlegende Forschungen integrieren, um die molekulare Basis von Gehirnkrebs noch weiter zu untersuchen, neue Behandlungsziele zu definieren und neue Behandlungsmethoden zu entwickeln und testen.
Kommentare der leitenden Wissenschaftler:
"Dies ist die erste Studie, die zeigt, dass wir diese verheerende Krankheit mit Chemotherapie bekämpfen können. Sie ist ein erster Schritt Richtung einer Heilmethode für Gehirntumorpatienten und sollte Interesse wecken und Ansporn sein für fortgesetzte internationale Zusammenarbeit und Forschung, um den Ausgang für diese Patienten zu verbessern", sagte der leitende Autor und Studieninitiator Dr. Roger Stupp, MD, vom University Hospital Multidisciplinary Oncology Centre in Lausanne in der Schweiz.
"Ohne die enge Zusammenarbeit zwischen dem Forschungslabor und den leitenden Ärzten wäre dieser interdisziplinäre Erfolg niemals möglich gewesen. Ich hoffe, dieses Beispiel wird künftig eine engere Zusammenarbeit zwischen Grundlagenforschung und klinischer Forschung anregen", bemerkte Dr. Monika Hegi, PhD, verantwortliche Autorin Translational Research und Leiterin des Labors Tumor Biology and Genetics der Abteilung Neurosurgery des University Hospital Lausanne sowie Projektleiterin am National Center of Competence in Research (NCCR Molecular Oncology).
"Seit 25 Jahren akademischer Forschungen für Arzneimittel gegen Krebs ist dies das erste Mal, dass ich einen solchen Fortschritt bei einer der tödlichsten Krebsarten beim Menschen beobachten konnte. Die Studie ist auch ein herausragendes Beispiel für interdisziplinäre und internationale Zusammenarbeit mit ausserordentlichen Beiträgen von vielen Beteiligten", sagte Co-Investigator und Radiation Therapy Protocol Leader, Dr. René-Olivier Mirimanoff, MD, der Abteilung Radiation Oncology des University Hospital in Lausanne in der Schweiz.
"Bis heute gab es nur wenige Behandlungsmöglichkeiten für Glioblastom-Patienten", sagte Dr. Gregory Cairncross, ein Pionier in der neuroonkologischen Forschung, einer der wichtigsten Forscher der Studie und Leiter der Abteilung Clinical Neurosciences der University of Calgary in Alberta, Kanada. "Die Resultate dieser Studie werden die Behandlung und den Ausgang für viele dieser Patienten erheblich verbessern und die Türe öffnen für weitere Studien, um diese Kombinationsbehandlung auszubauen. Die Ursache für die Wirksamkeit der neuen Behandlung liegt darin, dass Temozolomid nur wenige Nebenwirkungen hervorruft und von den Patienten gut angenommen wird. Das heisst, die Patienten können das neue Arzneimittel täglich einnehmen, anstelle von einmal alle acht Wochen - der üblichen Dosierung von anderen chemotherapeutischen Arzneimitteln."
"Diese Landmark-Studie steht für den bedeutendsten Fortschritt bei der Behandlung des Glioblastoms, seit vor 35 Jahren entdeckt wurde, dass Strahlentherapie von Vorteil sein kann", kommentierte Dr. Warren Mason, ein leitender Forscher in Kanada und Leiter der neuroonkologischen Abteilung am Princess Margaret Hospital in Toronto, Ontario/Kanada. "Die Studie hat auch MGMT als ersten, klinisch relevanten, Molekülmarker beim Glioblastom identifiziert, was nicht nur als prognostischer Faktor für das Überleben dient, sondern auch Prognosen auf das Ansprechen auf eine Chemotherapie ermöglicht. Diese Entdeckung bereitet den Weg für eine Nutzung der spezifischen genetischen Signatur des Tumors für eine individualisierte Behandlung und optimierten Ausgang."
Näheres zur EORTC:
Gegründet im Jahr 1962 ist die European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC) eine private, gemeinnützige, internationale Krebsforschungsorganisation, die der belgischen Gesetzgebung unterliegt.
Das Ziel der EORTC ist die Entwicklung, Durchführung, Koordinierung und Förderung von Labor- und klinischen Forschungen in Europa zur Verbesserung der Behandlung von Krebs und ähnlichen Krankheiten, durch die Erhöhung sowohl der Überlebensrate, als auch der Lebensqualität der Patienten. Das Hauptziel der EORTC ist die Verbesserung des Standards der Krebsbehandlung in Europa durch die Entwicklung von neuen Arzneimitteln und anderen innovativen Herangehensweisen sowie durch die Erforschung von wirkungsvolleren therapeutischen Strategien durch die Nutzung von bereits kommerziell erhältlichen Arzneimitteln oder chirurgischen Eingriffen oder Strahlentherapien. EORTC konzentriert sich auf einen vereinfachten Entwicklungsprozess, von der experimentellen Entdeckung zur modernsten Behandlung, durch das Einhalten von minimalen Zeitperioden zwischen der Entdeckung von neuen Wirkstoffen gegen Krebs und deren wirkungsvollen Anwendung bei Krebspatienten.
Die EORTC fördert interdisziplinäre Krebsforschungen in Europa und ist weltweit mit anderen führenden, biomedizinischen Forschungsorganisationen verbunden. Die EORTC betreibt Forschungen in über 300 Krankenhäusern, Universitäten und Krebszentren in 32 Ländern und das einzigartige Netzwerk von Forschern der EORTC besteht aus mehr als 2.000 Ärzten, die auf freiwilliger Basis in über 20 interdisziplinären Gruppen zusammenarbeiten.
Für weitere Informationen über die Forschungsaktivitäten der EORTC besuchen Sie bitte die Website www.eortc.be.
Pressekontakt:
Media, Mathilde Fenoulhet of EORTC Cancer Communications Office,
Brussels, Belgium, +32-2- 774-16-51, Fax: +32-2-772-62-33,
mathilde.fenoulhet@eortc.be; or Tommy Lyssy of KLK Healthcare, Basel,
Switzerland, +41-61-338-92-00, Fax. +41-61-338 92-10, Mobile:
+41-79-320-90-02, lyssy@klk.ch; or Carmen Kinniburgh of Canadian
Cancer Society, +1-416-934-5684, ckinniburgh@cancer.ca; or Karen
Thomas of University of Calgary Faculty of Medicine, +1-403-220-2431,
jgcairnx@ucalgary.ca or thomask@ucalgary.ca; or Roger Stupp, MD,
Multidisciplinary Oncology Center of University Hospital (CHUV),
+41-21-314-0156, Fax. +41-21-314-0737, Mobile: +41-79-330-6688,
Roger.Stupp@chuv.hospvd.ch; or Monika E. Hegi, PhD, Laboratory of
Tumor Biology and Genetics of University Hospital (CHUV),
+41-21-314-2582, Fax. +41-21-314-4138, Monika.Hegi@chuv.hospvd.ch