Neue Spitalstudie: Inflation, Fachkräftemangel, starre Tarife – tückische Kombination für Schweizer Spitäler
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Neue Spitalstudie: Inflation, Fachkräftemangel, starre Tarife – tückische Kombination für Schweizer Spitäler
- 2040 werden fast 40’000 Pflegekräfte und rund 5500 Ärzt:innen fehlen.
- Steigende Kosten und starre Tarifstrukturen dürften zukünftige Margen belasten.
- Hält die Inflation an, sind weitere Tarif- und damit Prämienerhöhungen unvermeidlich.
- In der Akutsomatik sind die Umsätze 2021 um 7,1 % gewachsen.
- Regulatorische Anpassungen stehen an: Versorgungsstrukturen hin zu Ökosystemen umformen, ambulante Tarife einführen, Pflegeinitiative gezielt umsetzen.
Die jüngste Studie «Schweizer Spitäler: So gesund waren die Finanzen 2021» von PwC Schweiz macht deutlich: Die Spuren der Pandemie sind im operativen Betrieb der Leistungserbringer noch immer erkennbar und die steigende Inflation wird weitere hinzufügen. Und: Der Fachkräftemangel im Schweizer Gesundheitswesen spitzt sich gnadenlos zu. Diese komplexen Herausforderungen meistert nur, wer grundlegend und strukturell transformiert. Dazu finden sich in der Studie diverse Anknüpfungspunkte und Handlungsempfehlungen in sechs Handlungsfeldern zum Fachkräftemangel sowie weiteren finanziellen Themen. Zudem äussern sich namhafte Branchenvertreter:innen über ihre Erfahrungen aus der Praxis.
Faktorenkrankheit Fachkräftemangel
Den Berechnungen von PwC Schweiz zufolge steuert das Schweizer Gesundheitssystem im Jahr 2040 auf eine ungedeckte Lücke von fast 40’000 Pflegekräften und rund 5500 Ärzt:innen zu. Zudem fehlt gut ausgebildetes Personal für wichtige Supportfunktionen wie Finanzen, IT oder HR. Diese Mangelerscheinung hat unterschiedliche Ursachen: wachsende Nachfrage aufgrund demografischer Entwicklungen und einer steigenden Anzahl multimorbider Patient:innen sowie Schwierigkeiten das Angebot zu erhalten aufgrund verbesserungswürdiger Arbeitsbedingungen, emotional belastender Zustände als Folge der Pandemie und stagnierender Fachkräfte-Einwanderungszahlen. Schweizer Spitäler müssen sich grundlegend neu aufstellen, um attraktive Arbeitgebende zu bleiben und Fachkräfte auch in Zukunft zu gewinnen oder zu halten.
Tarifäres Dilemma
Material- und Personalkosten steigen mit der Inflation und die Spitäler müssen im gleichen Zusammenhang mit Lohnerhöhungen ihre Arbeitgeberattraktivität sichern. Allerdings basieren ihre Erträge auf festgelegten, trägen Tarifen, die kurz- bis mittelfristig nicht oder unvollständig mit der Inflation mitgehen. Diese ungünstige Kombination dürfte sich in den kommenden Jahren negativ auf die operativen Margen der Spitäler auswirken. «Ohne eine Anpassung der Tarife wird die Inflation die Schweizer Spitäler sehr hart treffen und die operativen Margen weiter unter Druck bringen.», meint Patrick Schwendener, Managing Director und Leiter Deals Gesundheitswesen bei PwC Schweiz. Mit weitsichtigen Lösungen gilt es zu verhindern, dass sich die angespannten Finanzen mancher Spitäler strukturell verschlechtern. Die aktuellen Entwicklungen könnten zu jener Branchenkonsolidierung und -segmentierung führen, die PwC Schweiz für ein nachhaltiges Schweizer Gesundheitswesen als notwendig erachtet.
Keine Verschnaufpause für Spitalführung
Nach dem schwierigen Pandemiestartjahr 2020 konnten die Leistungsbringer in der Akutsomatik 2021 finanziell aufatmen. Sie verzeichnete ein deutliches Umsatzwachstum von 7,1 % und eine Mehrzahl der Akutspitäler publizierte positive Jahresergebnisse. Die Reingewinnmarge befand sich mit 0,2 % wieder auf dem Vor-Pandemieniveau. Trotzdem lagen die Margen im Median noch zu tief, um oftmals bereits geplante Neu- und Ersatzbauten langfristig zu finanzieren. Mit einem Umsatzwachstum von 4,1 % zogen die Psychiatrien gleich. Die Personalaufwandsquote ging hier zurück, was auf eine Steigerung der Personaleffizienz infolge von Skaleneffekten und einer besser planbaren Bewältigung der Pandemiefolgen hinweist. Allerdings stehen diesen für Spitäler positiven Entwicklung mit den inflationsbedingten Kostensteigerungen bereits neue Herausforderungen gegenüber.
Werthaltigkeit vieler bestehender und neuer Bauten fraglich
Die Swiss GAAP FER, nach welchen sich die meisten Spitäler richten, schreiben vor, dass die Werthaltigkeit der Vermögenswerte, z.B. von Gebäuden, regelmässig zu prüfen ist. PwC interpretiert verschiedene Entwicklungen im Jahr 2022 als Auslöser, welche eine vertiefte Werthaltigkeitsprüfung notwendig machen, im Gesundheitswesen wie auch in anderen Branchen. Fall die Werthaltigkeit nicht mehr gegeben ist, z.B. weil den höheren Kosten keine ausreichenden Tarifanpassungen gegenüberstehen, sind die bilanzierten Vermögenswerte ausserordentlich in deren Wert zu berichtigen, im Extremfall betrifft dies auch neu gebaute oder sich noch im Bau befindende Anlagen.
Spitalführung im Fachkräftemange gefordert
Während das Problem des Fachkräftemangels schon seit einiger Zeit die strategischen Diskussionen mitbestimmt, zeigen sich die Auswirkungen seit der Pandemie erstmals sehr konkret im breiteren Masse mit geschlossenen Stationen, nicht betriebenen Betten und operativen Herausforderungen. Hier sind die Spitalführungen sowohl kurzfristig im operativen wie auch langfristig im strategischen gefordert. Dazu Philip Sommer, Leiter Beratung Gesundheitswesen bei PwC Schweiz: «Ein Wandel der Versorgungsstrukturen Richtung Hub-and-Spoke-Modelle, operative Ergebnisverbesserungsprogramme, aktive Personalplanung sowie neue, mutige Arbeitsmodelle sind gefragt und die grosse Herausforderung der nächsten Jahre.»
Über die Studie
Die Studie «Schweizer Spitäler: So gesund waren die Finanzen 2021» von PwC Schweiz entstand im September 2022 auf der Basis der Geschäftsberichte von 43 Akutspitälern und 12 Psychiatrien. Für einen vertieften Einblick in die Praxis enthält die Studie diverse Exkurse zu Schwerpunktthemen und sechs Interviews mit Branchenvertretenden zur Best Practice.
Download
Die gesamte Studie kann als PDF heruntergeladen werden:
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