Media Service: Heute in der Handelszeitung vom Mittwoch, 8. Oktober 2008
Zürich (ots)
Banken-Crash: Für die Schweiz ist Schweigen jetzt Gold Anders als die deutsche Regierung intervenieren die Schweizer Behörden - Bundesrat, die Notenbank und die Banken-Kommission - ruhig und bestimmt. Gut so, meint der frühere Notenbanker Kurt Schiltknecht gegenüber der "Handelszeitung". Das Direktoriumsmitglied der Nationalbank und heutige Publizist und Wirtschaftsprofessor meint: "Insgesamt packen die Schweizer Behörden das Problem richtig an und manövrieren bis jetzt geschickt durch die Krise." Gelassen zeigt sich auch Ernst Leuenberger, Präsident der parlamentarischen Finanzdelegation. "Der Bundesrat steht in intensivem Kontakt mit Parlamentariern, vor allem mit der Finanzdelegation", sagt er gegenüber der "Handelszeitung". Die Regierung hat Beurteilungen vorgenommen und sich Massnahmen überlegt. Das genügt mir."
Schweizerische Nationalbank zur Lage der Banken: Liquide Mittel reichen aus Die Banken würden über genügend liquide Mittel verfügen, ist Werner Abegg, Sprecher der Schweizerischen Nationalbank, überzeugt. Ende letzter Woche hätten sich die Guthaben der Geschäftsbanken bei der SNB auf 9 Mrd Dollar belaufen, rund doppelt so viel wie üblich. Hinzu kommen Dollar-Auktionen in unterschiedlichem Rhythmus. "Damit lösen wir nicht alle Probleme der Kreditkrise", sagt Abegg. "Aber wir geben den Marktteilnehmern zu verstehen, dass sie nicht plötzlich auf dem Trockenen sitzen."
Julius Bär: Privatbank sitzt tief in der Kreditklemme Der Julius-Bär-Tochtergesellschaft GAM blühen unangenehme Zeiten. Die Kreditkrise hat dem Unternehmen schwer zugesetzt, wie der GAM-CEO David Solo in einem der "Handelszeitung" vorliegenden Kundenschreiben bestätigt. Als Hauptgrund nennt Solo die unsicheren Finanzmärkte, geringe Marktliquidität und die in Konkurs geratenen sogenannten Prime Broker. Neben den gestiegenen Finanzierungskosten für Kredite sorgen Mittelabflüsse für eine weitere Zuspitzung des Liquiditätsengpasses.
Angeschlagene Kaupthing Bank: EBK verfolgt Situation "Es ist klar, dass wir ein Institut, dessen Mutterhaus Probleme hat, genauer unter die Lupe nehmen", so Alain Bichsel von der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK) zur aktuellen Situation der Kaupthing Bank. Das isländische Institut hat in der Schweiz über das Tochterunternehmen Kaupthing Edge mit attraktiven Zinsen auf sich aufmerksam gemacht. Inwieweit Sparer in der Schweiz von der Krise auf dem isländischen Finanzplatz betroffen sind, bleibt unklar.
Übernahmen: Gebeutelte Industriefirmen bringen sich in Sicherheit Die trüben Konjunkturaussichten und die Turbulenzen an den Finanzmärkten haben den Aktienkursen von Chemie- und Industriefirmen enorm zugesetzt. Ein Grossteil der Aktien, darunter diejenigen der Industriekonglomerate Georg Fischer und Rieter, verloren in den vergangenen 365 Tagen bis zu 50% ihres Werts. Die betroffenen Unternehmen, vor allem diejenigen ohne schützenden Grossaktionär, zeigten sich beunruhigt: Sie fürchteten sich zunehmend vor feindlichen Übernahmeversuchen. Im vergangenen Januar stellte die "Handelszeitung" erstmals eine Liste möglicher Übernahmekandidaten im Industrie- und Chemiesektor vor. Nun, drei Quartale später, zeigt sich: Bereits fünf Unternehmen haben einen Besitzerwechsel hinter sich, nämlich Ciba, Sia Abrasives, Rieter, Sulzer und SEZ. Weitere Übernahmen von klein- und mittelgross kapitalisierten Firmen werden folgen, sagen Experten wie Peter V. Kunz, Wirtschaftsprofessor an der Universität Bern.
US-Wahlen: Warum John McCain der Richtige ist Der Demokrat Brack Obama will in den USA eine grüne Revolution auslösen. Das erfreut Schweizer Unternehmen im Bereich alternative Energien. Aber auch bereits etablierte Firmen wie ABB könnten vom demokratischen Vorstoss profitieren. Währenddessen würde der republikanische Präsidentschaftsanwärter John McCain vor allem die Finanzbranche begünstigen. Davon profitieren die hiesigen Grossbanken UBS und CS. Hingegen gerieten die grossen Schweizer Pharmakonzerne bei der Wahl McCain's zunehmend unter Druck.
AIG-Europe-Chef Emmanuel Brulé: "AIG ist und bleibt Nummer eins" Der General Manager AIG Europe (Schweiz) Emmanuel Brulé holt zum Gegenschlag aus. Im Interview mit der "Handelszeitung" erklärt er, warum es AIG nicht so hart getroffen hat, wie vermutet. So hätten während den turbulenten Zeiten sehr viele Kunden zu ihnen gehalten. Künftig will Brulé mit der Anstellung von deutschen und französischen Kundenberater in der Schweiz stark wachsen.
Arpida CEO-Jürgen Raths: "Ich kann die Skepsis schwer nachvollziehen" Jürgen Raths, CEO und Präsident von Arpida, zeigt sich im Interview überzeugt, dass Iclaprim, sein Antibiotika gegen schwere Spitalinfektionen, im Januar von der US-Zulassungsbehörde FDA zugelassen wird: "Angesichts der bisherigen Entscheide der FDA kann ich die Skepsis gegenüber Iclaprim kaum nachvollziehen," sagt er. Das Mittel sei eine derart wichtige Waffe für die Ärzte, dass es für eine Zulassung "allemal reicht". Auch der Kassenbestand, der laut seiner Erwartung per Ende Jahr auf 40 Mio geschrumpft sein wird, sei kein Problem: "Wir könnten damit theoretisch zwei Jahre lang zuwarten, sollte eine Zulassung vorerst ausbleiben", begründet er.
Swisscom: Harziger Start des neuen Werbeauftritts Swisscom-Konzernchef Carsten Schloter kritisiert öffentlich den Werbeauftritt seines Unternehmens: "Es tut weh, wenn man die eigene Werbung sieht und merkt, dass da mehr dahinterstecken könnte." Während die Verantwortlichen Besserung geloben, laufen gemäss Informationen der "Handelszeitung" bereits erste Gespräche über eine Rückkehr zur "alten" Werbeagentur Publicis. Erst vor kurzem hat das Unternehmen im Produkt- und Dienstleistungsbereich den Werbeetat zu Contexta und Jung von Matt/Limmat gezügelt. Die Y&R-Gruppe bewirbt zudem die Imagekommunikation. Bei der Swisscom will man zu den Spekulationen keine Stellung nehmen. Kommunikationschef Stefan Nünlist sagt nur, bei einem so anspruchsvollen Prozess wie der Einführung einer neuen Marke müsse man einer Agentur "eine Lernkurve zubilligen". Klar ist: Der Swisscom-Etat ist begehrt. Allein für Werbung gibt der Konzern dieses Jahr rund 60 Millionen Franken aus.
Sunrise: Konzern zieht es an die Zürcher Bahnhofstrasse Sunrise macht beim Ausbau ihrer Verkaufsläden vorwärts. Bis Ende Jahr wird die Nummer zwei im Telekommarkt 57 eigene Shops betreiben, wie die "Handelszeitung" schreibt. Damit stieg die Anzahl eigener Läden innert Jahresfrist um 20 Einheiten. Und es sind nicht irgendwelche B-Lagen, die sich das Unternehmen sichert: Als einzige der drei grossen Telekomanbieter wird Sunrise beispielsweise schon bald an der Zürcher Bahnhofstrasse präsent sein. Sie hat sich das Lokal an der Bahnhofstrasse 61 gesichert, wie die "Handelszeitung" erfahren hat. Das bisher dort eingemietete Pelzgeschäft wird ausziehen. Sunrise-Kommunikationschef Dominique Reber bestätigt: "Wir planen, im Mai das neue Lokal an der Bahnhofstrasse zu eröffnen." Auch im Zürcher Shoppingzentrum Glatt hat sich Sunrise eingemietet.
Aviatik: Viele neue Flüge ab der Schweiz im Winter 2008/09 Am 26. Oktober tritt der Winterflugplan 2008/09 in Kraft. Dabei fällt auf, dass einige Airlines ihr Angebot ab den grossen Schweizer Airports verkleinern, jedoch andere Fluggesellschaften den Wegfall dieser Destinationen weitgehend kompensieren. Zum Saldo von eingestellten und lancierten Strecken erklärt etwa Thomas Kern, CEO der Unique (Flughafen Zürich AG): "Auf das ganze Jahr hochgerechnet bedeutet der neue Flugplan ein Passagierminus von vielleicht 100 000." Dies bei einem von Unique erwarteten Total von über 22 Mio Passagieren im Jahr 2008. Die "Handelszeitung" präsentiert alle neuen Verbindungen ab Zürich, Genf und Basel.
Kaderbildung: Die Sozialkompetenz ist entscheidend Schweizer Firmen legen grossen Wert auf die interne und externe Weiterbildung ihrer Kadermitglieder. Auch die düsteren Konjunkturprognosen sorgen nicht dafür, dass die Budgets für Weiterbildung im kommenden Jahr gesenkt werden. Wie eine aktuelle Untersuchung der Hochschule für Angewandte Wissenschaften St. Gallen und der Handelszeitung zeigt, werden insbesondere in Grossfirmen die zwischenmenschlichen Qualitäten der Kader gefördert: Leadership und Sozialkompetenz sind im Vormarsch.
DB-Chefökonom Norbert Walter: Pessimistisch für die Schweizer Wirtschaft Für den Chefökonomen der Deutschen Bank ist die Schweizer Wirtschaft mindestens so schwach wie die Konjunktur im übrigen Europa. "Die Schweizer Wirtschaft wird wohl mindestens drei Jahre lang stagnieren", sagt Norbert Walter im Interview mit der "Handelszeitung". Denn er erwartet, dass der Schweizer Finanzsektor um rund 10% schrumpfen wird. In den USA werde es im 2. Halbjahr eine Rezession geben, "denn die Wirkung der Steuerschecks ist aufgebraucht." Erst im Jahr 2010 sieht Walter Aussicht auf Besserung. Eine Rezession der Weltwirtschaft hält er aber nicht für plausibel. "Die Weltwirtschaft wird 2008 und 2009 zwei Prozentpunkte weniger wachsen als bislang, also knapp 2% Wachstum."
Aktien-Ausleihe: Genau hinschauen, warnt die EBK Ausgeliehene Aktien können nicht nur Luqman Arnold verloren gehen. Die EBK warnte bereits im Frühling vor Risiken für Private. Deshalb will die Bankenkommission entsprechende Regeln erlassen, insbesondere was die Liquiditätsbeschaffung der Banken mit ungedeckten Wertpapierausleihen von Privatkunden angeht. "Der Prozess zur Schaffung der neuen Regeln ist im Gange", sagt Alain Bichsel, Pressesprecher der EBK.
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Nähere Auskunft erteilt Ihnen gerne Herr Dr. Pascal Ihle, stv.
Chefredaktor "Handelszeitung" Zürich. Tel. 043 444 59 00