Media Service: Heute in der "Handelszeitung" vom Mittwoch, 5. November 2008:
Zürich (ots)
Thomas Schmidheiny: "Viele haben noch nicht begriffen, was auf uns zukommt"
"Ich glaube, dass viele von uns noch nicht begriffen haben, was auf uns zukommt: 2009 und 2010 werden sehr schwierige Jahre." Für den Industriellen Thomas Schmidheiny (63) steht die Schweizer Wirtschaft vor einer gewaltigen Herausforderung - einer tiefgreifenden Rezession. Den Abschwung bewältigen soll das Land, indem zum "alten Common Sense" zurückgekehrt werde, sagt Schmidheiny im Interview mit der "Handelszeitung". Dazu zähle eine stärkere Regulierung des Finanzsektors. "Sonst sehen wir in wenigen Jahren die nächsten Übertreibungen." Schmidheiny verwaltet über sein Family Office Spectrum Value Management mit Sitz in Jona ein Vermögen von geschätzten 7 bis 8 Mrd Fr. Schmidheiny kontrolliert unter anderem 20% am Zementkonzern Holcim, die Grand Hotels Bad Ragaz sowie Weingüter.
Adecco-CEO Dieter Scheiff: "Wir sind gezwungen, unsere Kapazitäten und Kosten rasch anzupassen"
Adecco-Chef Dieter Scheiff will nach dem Gewinnrückgang im 3. Quartal die Kosten senken. Der Personalbestand soll weiter reduziert werden, wie Scheiff in einem Interview mit der "Handelszeitung" sagte. Dieser Abbau soll aber nicht durch Entlassungen erreicht werden. Vielmehr will Scheiff offene Stellen nicht wieder besetzen. Im Jahr 2008 hat Adecco den Personalbestand bereits um 3% reduziert. Trotz der wirtschaftlichen Unsicherheiten fasst Adecco insbesondere im Bereich Fachkräfte Zukäufe ins Auge.
Finanzkrise: Kleinkrieg unter den Schweizer Banken Dank der Finanzkrise werden die Karten auf dem Finanzplatz Schweiz neu gemischt. Um davon zu profitieren, wenden einzelne Institute die eine oder andere fragwürdige Marketingaktivität an. Die Bankiervereinigung kritisiert dieses Vorgehen. Und dieses wiederum sorgt bei den Kantonalbanken für Kopfschütteln. So sagt der CEO der Graubündner Kantonalbank gegenüber der "Handelszeitung": "Ich sehe nicht ein, weshalb wir nicht zu unseren Werten stehen sollten. Wenn man jetzt den Kantonalbanken mangelnde Solidarität zur Bewältigung der Finanzkrise vorwirft, lenkt man von den wichtigen Fragen ab", sagt Alois Vinzens. Der Direktor des Kantonalbankenverbandes weist gar darauf hin, dass sich einzelne Kantonalbanken nicht zuletzt durch die intensivierte Marketingoffensive der Raiffeisenbanken genötigt sahen, stärker auf die Sicherheit und dabei auch das Element der Staatsgarantie hinzuweisen.
Bonus-Systeme: "Schweiz fällt in Sachen Lohntransparenz ab"
In Sachen Lohntransparenz schneidet die Schweiz laut der Unternehmensberatung Towers Perrin im internationalen Vergleich schlecht ab. "Zum einen werden im Geschäftsbericht nur die Löhne der Verwaltungsräte veröffentlicht, während in den meisten anderen westlichen Ländern die Löhne aller Executive Directors individuell einsehbar sind", sagt Michael Kramarsch, Managing Director der Unternehmensberatung Towers Perrin. Zum anderen würden viele andere Länder mehr Mitsprache der Aktionäre kennen. "Die Schweiz fällt in Sachen Lohntransparenz im internationalen Vergleich ab."
Raiffeisen-CEO Pierin Vincenz: "Gewinne müssen mit soliden Eigenmitteln erzielt werden"
Pierin Vincenz, CEO der Raiffeisen Gruppe, fordert im Interview mit der "Handelszeitung" von den Banken eine Rückkehr zu einer gesunden Rentabilität. "In Zukunft muss es unser Anspruch sein, Gewinne mit soliden Eigenmitteln zu erzielen", sagt er. "Entsprechend werden keine Renditen mehr von beispielsweise 30% erzielt. Aber eine gesunde Rentabilität von rund 10% wird auch in Zukunft möglich sein." Auch, weil der Wettbewerb unter den Banken härter wird: "Vor allem im bereits heute hart umkämpften Retailbanking wird die Konkurrenz um einiges zunehmen", sagt Vincenz. "Aber auch die Fokussierung auf den Privatkundenbereich dürfte für eine Verlangsamung beim Ertragswachstum sorgen."
EOS-CEO und Swissgrid-Präsident Hans E. Schweickardt: "Bei der Energieversorgung ist es fünf nach zwölf"
Der EOS-CEO und abtretende Interimspräsident der Swissgrid wehrt sich gegen die Vorwürfe aus der Wirtschaft wegen der hohen Strompreise. Die Strombranche habe schon seit langem vor steigenden Preisen gewarnt. "Wir sind erstaunt, dass die Industrie erst jetzt reagiert", sagt Hans E. Schweickardt in einem Interview mit der "Handelszeitung". Die Industrie müsse jetzt auf die Hinterbeine stehen und sich für Gas- und für Kernkraft einsetzen. Zudem müsse sie sich gegen all die Faktoren wehren, welche die Strompreise in die Höhe treiben, etwa die Wasserzinserhöhungen, die Renaturierung von Fliessgewässern oder die Erdverlegung von Höchstspannungsleitungen. Schweickardt würde es begrüssen, wenn sich die Industrie am Bau von Kraftwerkskapazitäten beteiligt. "Wir müssen am gleichen Strick ziehen, sonst bleiben die Grosskraftwerke, die wir dringend brauchen, eine Illusion", so Schweickardt gegenüber der "Handelszeitung".
Sonova-CEO Valentin Chapero: Abnehmer stellen keinen Absatzeinbruch fest
Valentin Chapero, CEO des Hörgeräteherstellers Sonova, sieht keinen Grund für die Sorgen um sein Unternehmen. Seine Abnehmer würden bisher keinen Absatzeinbruch feststellen, sagt er im Gespräch mit der "Handelszeitung". Die Signale von den Märkten seien zudem uneinheitlich: "In einigen regionalen Märkten sehen wir eine Verlangsamung, doch längst nicht in allen", betont Chapero. Eine deutliche Absage erteilt Chapero einem künftigen Zusammenschluss oder Kooperationen in der Branche. Niels Jacobsen, CEO des dänischen Konkurrenten William Demant, hat kürzlich in einem Interview erklärt, solche Entwicklungen würden sich angesichts der hohen Entwicklungskosten aufdrängen. "Ich weiss nicht, weshalb er dieses Thema erfunden hat, denn es kann nur erfunden sein," sagt der Sonova-CEO dazu.
Clariant-CFO Patrick Jany: "Ein Verkauf ist kein Thema"
Im Gespräch mit der "Handelszeitung" betont Patrick Jany, dass Clariant unabhängig bleiben wolle. Auch der Verkauf von Teilen des Geschäfts sei "kein Thema". Clariant wolle vor allem "den Wert des Geschäfts steigern". Dazu plane das Unternehmen, die Restrukturierungsmassnahmen zu beschleunigen und zu verstärken. Allerdings hat er keine Angaben dazu gemacht, wo deren Fokus liegt: "Zuerst geht es darum, eine detaillierte Analyse durchzuführen." Auch zu einem allfälligen Personalabbau wollte er noch keine Aussage machen: "Es ist zu früh, um über konkrete Massnahmen zu sprechen", sagte er.
Züblin-CEO Bruno Schefer: Zufrieden mit Geschäft im Jahr 2008
"Operativ sind wir zufrieden und rechnen nach wie vor mit sinkenden Leerständen", sagt CEO Bruno Schefer über den Geschäftsgang der Immobiliengesellschaft Züblin im 2. Halbjahr 2008. Kritisch äussert sich Schefer im Interview mit der "Handelszeitung" zu den Aussichten an den europäischen Immobilienmärkten. Es sei davon auszugehen, dass die Rezession mit regional unterschiedlicher Wirkung auch auf den Immobiliensektor negative Auswirkungen haben werde. In Deutschland seien zudem wegen der Kreditklemme die Transaktionen zum Erliegen gekommen. "Die Banken unterstützen keine neuen Geschäfte mehr", sagt Schefer. Mehr Geld für die Aktionäre könnte es indessen bei Züblin geben: "Nennwertreduktionen sind weiterhin ein Thema", sagt Schefer
Solar-Industrie: OC Oerlikon bestätigt Umsatzziele
Gemäss Analysten trüben Wolken die Aussichten der Solar-Industrie. Jeannine Sargent, CEO von Oerlikon Solar, betont jedoch der "Handelszeitung" gegenüber, dass ihr Unternehmen am Umsatzziel von 1 Mrd Fr. für 2009 festhalte. Sargent: "Bei einzelnen Projekten kann es aufgrund der Kreditkrise zu Verschiebungen kommen, aber wir sehen keine Absagen von Kunden." Beim Thuner Unternehmen Meyer Burger wird die Situation ähnlich eingeschätzt. Auch hier erwartet man, dass die Umsatzziele für 2008 erreicht werden.
ComCom-Präsident Furrer: Schelte für Swisscom-Konkurrenten
Die Wehklagen der Swisscom-Konkurrenten über den fehlenden Wettbewerb im hiesigen Telekommarkt lässt Marc Furrer, Präsident der Kommunikationskommission (ComCom), nicht gelten. Im Gespräch mit der "Handelszeitung" weist er auf deren eigene Fehler hin. Zu Tele2, die an Sunrise verkauft wurde, sagt er: "Die millionenteuren Investitionen in den Mobilfunk haben sich einfach nicht gerechnet." Sunrise mache es besser, doch seien deren Bündelangebote "heikel". Bei solchen Angeboten werden Dienste aus den Bereichen Internet, Festnetz und Mobilfunk gemeinsam billiger angeboten. Hart ins Gericht geht Furrer mit Kabelnetzbetreiberin Cablecom. Die immer neuen Pannen seien "ein ungeheures Ärgernis. Im Interesse des Wettbewerbs erwarte ich, dass Cablecom ein für allemal ihre Probleme beim Kundendienst löst." Zuversichtlich ist Furrer, dass sich die Branche über die Spielregeln beim Aufbau der neuen Glasfasertechnologie einigen kann. Am 1. Dezember findet dazu zum zweiten Mal ein runder Tisch statt.
Skimarkt: Völkl will von der Finanzkrise profitieren
"Es wird ein weiterer Bereinigungsprozess stattfinden", sagt Christoph Bronder, CEO der Marker-Völkl-Gruppe im Interview mit der "Handelszeitung". Seine Gruppe gehört zum US-Mischkonzern Jarden. Demnächst soll Rossignol verkauft werden. "Eine führende Investmentbank hat mit unserem Konzern Jarden ein Kaufinteresse an Rossignol samt Dynastar bekundet", sagt Bronder. "Jarden wird jedoch eine Minderheitsbeteiligung haben." Bronder hofft, dass in der Krise die Branche wieder zur Vernunft kommt. "Die Preisverzerrungen im Markt waren gross. Im Rennlauf wurden von einzelnen Konkurrenzfirmen horrende Fahrer-Honorare bezahlt und Rennläufer wurden uns gestohlen von Firmen, die Verluste schreiben." Dabei nennt er Marc Gini, der von Fischer, und Dominique Gisin, die von Dynastar abgeworben wurde.
Management:
Axa Winterthur: Individuelle Versicherung für Chefs lanciert
Die Zahl der Firmenkonkurse steigt und mit ihr die Klagen gegen die Verantwortlichen. Für führende Manager, Verwaltungsräte und Stiftungsräte hat die Axa Winterthur nun eine individuelle Organhaftpflichtversicherung lanciert. Diese sieht vor, dass sich nicht ein Unternehmen als Ganzes, sondern eine Person mit Führungsverantwortung einzeln versichert. Die Versicherungssumme kann individuell festgelegt werden, der Schutz läuft über drei Jahre und gilt auch für Ansprüche, deren Ursache zeitlich zurückliegt, die aber erst nach Abschluss der Police vorgebracht wurden. Das Angebot der Axa Winterthur stösst in Branchenkreisen auf unterschiedliche Echos. "Innovativ" loben die einen, "marginal" monieren andere. Der Versicherer Zurich hält fest, er biete schon seit Jahren eine Organhaftpflichtversicherung an. Ein Insider der Branche glaubt nicht, dass das neue Produkt lukrativ sein werde; es sei kein ausreichender Markt vorhanden. Die Axa Winterthur hält dagegen fest, dass die Nachfrage nach individuellen Versicherungen für Chefs seit ein, zwei Jahren stark anziehe.
Kontakt:
Nähere Auskunft erteilt Ihnen gerne Martin Spieler,
Chefredaktor,"Handelszeitung",Zürich. Tel. 043 444 59 00.