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Migros Museum für Gegenwartskunst: Potential Worlds 1: Planetary Memories

Zürich (ots)

07. März 2020 - 31. Mai 2020
Eröffnung: 06. März 2020, 18-20 Uhr

Monira Al Qadiri, Maria Thereza Alves, Alberto Baraya, Ursula Biemann, Carolina Caycedo, Cooking Sections, Mark Dion, Mishka Henner, Reena Saini Kallat, Kiluanji Kia Henda, Jakob Kudsk Steensen, Almagul Menlibayeva, Katja Novitskova, Tabita Rezaire, Zina Saro-Wiwa, Himali Singh Soin

Potential Worlds 1: Planetary Memories ist die erste in einer Reihe von zwei Ausstellungen, die sich mit dem Verhältnis zwischen Mensch und Natur befassen. Die künstlerischen Positionen beider Ausstellungen untersuchen die Beziehung von Mensch und Natur und entwerfen potentielle Zukunftsszenarien des Lebens auf der Erde. Die im ersten Teil gezeigten Werke beleuchten Formen der Aneignung von Umwelt zur Gewinnung von Macht und Ressourcen. Sie zeigen die Folgen für die Natur und für soziale Zusammenhänge. Auch hinterfragen sie naturkundliche Wissenskonzepte, die im Zuge der machtvollen Aneignung von Umwelt entwickelt werden.

Ein wiederkehrendes Thema in der Ausstellung ist die industrielle Bearbeitung der Umwelt sowie die Gewinnung von Ressourcen. Ursula Biemann (*1955) befasst sich in diesem Kontext mit globalen Zusammenhängen des Klimawandels. Ihr Video Deep Weather (2013) vereint Aufnahmen von Teersandlandschaften in Kanada, aus denen Öl gewonnen wird, und Filmmaterial, das Bewohner*innen Bangladeschs beim Bau eines Walls gegen die Überflutung des Landes dokumentiert. Die Künstlerin zeigt Hintergründe und Effekte des Klimawandels; ihre künstlerischen Betrachtungen verdeutlichen planetarische ökologische Verbindungen und stossen eine Bewusstmachung der politischen Verantwortlichkeit an. Monira Al Qadiri (*1983) beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Ölindustrie auf die Kultur verschiedener Regionen; sie visualisiert mittels ihrer skulpturalen Abstraktionen von Ölbohrköpfen die Ablösung der Perlenwirtschaft durch die Ölförderung am Persischen Golf. Das Projekt Be Dammed (seit 2012) der Künstlerin Carolina Caycedo (*1978) befasst sich mit den verheerenden Auswirkungen von hydroelektrischen Staudämmen in Flüssen sowie der Privatisierung von Wasser auf soziale und ökologische Zusammenhänge. Die Künstlerin nimmt den Lebensraum um Flüsse in Latein- und Nordamerika sowie politischen und performativen Aktivismus für dessen Erhaltung in den Fokus. Reena Saini Kallats (*1973) malerische und skulpturale Fiktionen visualisieren schliesslich eine Landschaft, in der die Natur als symbolisches Vorbild einer Welt gilt, in der Ländergrenzen und staatliche Konflikte um Ressourcen überwunden werden.

Die Werke der Ausstellung fragen vor dem Hintergrund der machtvollen Aneignung von Natur, wie Wissen über Natur erlangt und vermittelt werden kann, wenn sich der Mensch in einer Vormachtstellung glaubt. In seiner Installation The Library for the Birds of Zürich (2016/20) versammelt Mark Dion (*1961) diverse vogelkundliche Bücher in einem grossflächigen Käfig. Da es sich um eine Bibliothek für Vögel handelt, flattern tatsächlich Zebrafinken und Kanarienvögel umher. Neben Büchern finden sich Objekte zur Jagd. Der Künstler zeigt, dass die Geschichte der Naturwissenschaften nicht trennbar ist von der Geschichte der Inbesitznahme der Tiere. Gleichzeitig wird die Idee, Vögel mit dem menschlichen Wissensschatz über deren Herkunft zu beschenken, als absurdes und anmassendes Vorhaben entlarvt: Die Vögel nutzen den Käfig nach ihren eigenen Gesetzen.

Die Ausstellung zeigt, dass die Geschichte der Umwelt und ihrer Entwicklung zugleich eine des Menschen ist. Damit stellt sich nicht nur die Frage, wie und in welchen Kontexten Wissen über Natur entstand - sondern auch, wieviel die Natur über den Menschen erzählen kann. Die Künstlerin Maria Thereza Alves (*1961) verfolgt den Weg von Pflanzen, die unbeabsichtigt mit Handels- und Sklavenschiffen in andere Länder transportiert wurden und sich als Zeuge menschlicher Migration über den Globus verbreiteten. In ihrer Installation versammelt sie geografisches Material wie auch Pflanzen, die den Weg von europäischen Häfen nach New York fanden.

Zugleich imaginiert die Ausstellung zukünftige Formen des Wissens über Natur. In seiner Virtual-Reality-Installation RE-ANIMATED (2018) lässt der Künstler Jakob Kudsk Steensen (*1987) den Schuppenkehlmoho, eine ausgestorbene Vogelart, in digitaler Gestalt wiederaufleben und versetzt ihn in eine Nachbildung der hawaiianischen Insel Kauai, die die Besucher*innen mittels VR-Brille entdecken können. Der Künstler entwirft so eine virtuelle Welt, in der wir vergangene und zerstörte Naturformen digital rekonstruieren und sie damit archivier- und erlebbar machen.

Die Werke der Ausstellung beleuchten Geschichten und eine mögliche Zukunft des Beziehungsgeflechts zwischen Mensch und Umwelt. Sie verstehen den Menschen als Teil, nicht als Zentrum der Welt und öffnen Perspektiven, die das Potential einer Bewusstmachung über das Zusammenleben auf der Erde betonen. Sie regen zur intensiven Auseinandersetzung an, indem sie fragen: Wie spüren wir die Natur, mit welchen Mitteln beschreiben wir sie? Wie nehmen wir unsere Verantwortung gegenüber dem Planeten wahr? Wie stellen wir uns das Zusammenleben auf der Erde vor? Allen geht es letztendlich um eine Zukunft, in der das Leben lebenswert ist.

Die Ausstellung wurde von Heike Munder (Leiterin Migros Museum für Gegenwartskunst) und Suad Garayeva-Maleki (Leiterin YARAT Contemporary Art Space) kuratiert. Sie wird vom 10. Juli 2020 bis 27. September 2020 im YARAT Contemporary Art Space, Baku zu sehen sein.

Begleitend zur zweiteiligen Ausstellung erscheint im Juni 2020 eine Publikation mit Texten von Benjamin H. Bratton, T. J. Demos, Suad Garayeva-Maleki & Heike Munder, Reza Negarestani und Jussi Parikka, sowie Kurztexten von Milena Bürge, Anna Fech und Rabea Kaczor.

Kontakt:

René Müller, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit:

rene.mueller@mgb.ch
T +41 58 570 29 99

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