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Staccatissimo-HV, Kommentar zur Hauptversammlung der Deutschen Bank, von Bernd Wittkowski.

Frankfurt (ots)

Wer auf der epochalen Hauptversammlung (HV) der Deutschen Bank am Donnerstag Dampf ablassen, Fragen stellen, Anträge begründen oder sogar Lob loswerden wollte - und all das wollten viele -, der musste sich beeilen: Erst fünf, dann drei, dann zwei Minuten Redezeit gestand der Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Börsig den mehr als 70 Aktionären und Aktionärssprechern, die sich zu Wort gemeldet hatten, zu.

Das kam dann exemplarisch etwa so rüber: Für die Leistung des scheidenden Vorstandsvorsitzenden in den vergangenen zehn Jahren gab es exakt vier Worte: "Herr Ackermann, vielen Dank." Was folgte, waren Kritik - hier zumeist an den evidenten Defiziten in Sachen Corporate Governance und wegen der vielen Rechtshändel - und ein paar Fragen dazu, alles vorgetragen im Staccatissimo. Die Masse der Versammlung versteht kein Wort. Selbst professionelle Stenografen hätten Mühe, dem Diskurs, der natürlich längst keiner mehr ist, zu folgen. Da bewegen sich die Organe der Aktiengesellschaft ausgerechnet an deren, wie Ackermann eingangs betonte, "wichtigstem Tag im Jahreskalender" hart an der Grenze zur Lächerlichkeit. Ist das noch Aktionärsdemokratie? Es traten ja nicht in erster Linie Chaoten und/oder Wichtigtuer auf, die nur auf Angriffspunkte aus sind, um neue Klagelawinen lostreten zu können. Diese Spezies gibt es bekanntlich auch, und nicht zuletzt sie verursacht die eine oder andere Verzögerung. Aber bei sehr vielen Rednern waren doch das Anliegen, sich ernsthaft mit Sachthemen ihrer Gesellschaft auseinanderzusetzen, und ein begründetes Interesse, mögliche Fehlentwicklungen zu hinterfragen, erkennbar. Bei allem Verständnis für den Wunsch der Verwaltung, die HV in angemessener Zeit über die Bühne zu bringen: Vorstand und Aufsichtsrat sollten Leuten, die beispielsweise immerhin 1% des Kapitals vertreten, schon etwas länger zuhören müssen und auch wollen als zwei Minuten.

Die Botschaft sollte bei der neu formierten Führung der Bank dennoch angekommen sein. So viel geballter Unmut war selten in einer HV-Debatte des Branchenprimus. Die kritischen Punkte sind benannt, die Verantwortlichen müssten nun eigentlich wissen, wo es Korrekturbedarf vor allem in puncto Ethik, Compliance und Corporate Governance gibt.

Eines kann man der Bank und namentlich Ackermann noch zugutehalten: Der bisherige Vorstandschef hatte in seiner sehr instruktiven, sehr grundsätzlichen und umfassenden einleitenden Zehnjahresbilanz die Antworten auf viele Fragen vorweggenommen, die somit später nicht mehr gestellt werden mussten.

(Börsen-Zeitung, 1.6.2012)

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