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Neuer Weckruf, Kommentar zum Wachstumseinbruch in Japan, von Martin Fritz.

Frankfurt (ots)

Die Zeit der Illusionen ist vorbei. Zum Jahresauftakt hatte sich Japan noch im Glanz einer Wachstumsrate von 1,3% zum Vorquartal gesonnt. Nun macht der Einbruch im dritten Quartal um 0,9% deutlich, dass es sich nur um ein Strohfeuer gehandelt hatte, das vom Wiederaufbauprogramm für die Tsunami-Gebiete genährt worden war. Strukturell bleibt alles festgefahren. Trotz Inflationsziel von 1% hält die Deflation die Wirtschaft im Würgegriff. Über anderthalb Jahrzehnte Geldaufwertung bedeuten, dass das nominale Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr nominal auf den niedrigsten Wert seit mindestens 1993 sinken dürfte. Zwei Jahrzehnte sind verloren. Nippon zahlt bis heute einen sehr hohen Preis für seine "Bubble Economy" der achtziger Jahre, wie die wohl größte Immobilienblase der Neuzeit in Japan genannt wird.

Seit dem Ende dieser "Blasenwirtschaft" kann sich das alternde Land ohne staatliche Konjunkturspritzen nicht mehr auf den Beinen halten. Dabei übersteigen die notwendigen Ausgaben schon lange die fiskalischen Möglichkeiten. Das aktuelle Verschuldungstempo ist nicht nachhaltig und führt unweigerlich in die Katastrophe. Das Wachstum hängt überproportional vom Export ab. Die Ausfuhren machen nur ein Sechstel der Wirtschaftsleistung aus. Aber sobald die Außennachfrage schwächelt, investieren die Firmen weniger. Durch den Inselstreit mit dem größten Geschäftspartner China stottert der wichtigste Motor für den Außenhandel. Viele Unternehmen weichen bereits nach Südostasien aus, doch es wird lange dauern, bis diese Geschäfte ähnlich bedeutend und dynamisch sind wie die mit China.

Die erneute Rezession sollte daher ein Weckruf für Nippon sein. Statt der bisherigen Trippelschritte müsste die Bank of Japan viel mehr Kreativität zeigen, damit das von ihr geschaffene Geld in der Wirtschaft ankommt. Der Kauf ausländischer Anleihen zum Beispiel würde helfen, den Yen zu schwächen. Die Regierung müsste starre Sektoren wie Energie und Gesundheit deregulieren, die Gründung von Start-ups fördern, die vielen Zombiefirmen sterben lassen und Einwanderung erlauben. Doch für solche Experimente sind weder Gouverneur Shirakawa noch Premierminister Noda mutig genug.

Die gute Nachricht ist, dass die Zeit für beide Amtsträger fast abgelaufen ist. Bei der baldigen Neuwahl könnte eine Mitte-rechts-Koalition siegen, die zuallererst das Grundübel der Deflation angehen will. Den dazu passenden Notenbankchef würde sie im Frühjahr auf den Schild heben.

(Börsen-Zeitung, 13.11.2012)

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