Schwere Hypotheken, Kommentar zur Deutschen Bank von Bernd Neubacher
Frankfurt (ots)
Die Resonanz am Aktienmarkt als Maßstab genommen, täte die Deutsche Bank gut daran, öfter ihre Ergebnisse nach unten zu korrigieren, so wie gestern geschehen. Um 1,4% zog der Aktienkurs an, nachdem das Institut über neuerliche Rückstellungen von 600 Mill. Euro für Rechtsstreitigkeiten um US-Hypotheken und aufsichtsrechtliche Untersuchungen informiert hatte. Offenbar honorieren die Anleger, dass die Bank ihre Risiken aus Eventualverbindlichkeiten beizeiten in der Kapitalplanung berücksichtigt hat und deshalb das Versprechen einer Kernkapitalquote von 8,5% im Basel-III-Szenario per Ende März erneuern kann. Auch wird die Gesellschaft je nach Verlauf der Rechtsstreite Rückstellungen womöglich auflösen können. Und an der Börse, wo nur die Zukunft zählt, bringen die Anleger schlechte Nachrichten ohnehin lieber heute als morgen hinter sich.
Ein Blick zurück sei noch gestattet. Immerhin stehen an Eventualverbindlichkeiten für Rechtsstreite und aufsichtsrechtliche Untersuchungen noch 1,5 Mrd. Euro im Feuer, und manchmal hält die Vergangenheit ja Lehren für die Zukunft bereit. In diesem Fall sind es zwei: Zum einen dämpft der nun auf 93% ausgeweitete Gewinneinbruch der Bank im vergangenen Jahr nochmals die Strahlkraft des Investment Banking. Im Nachhinein stellt sich ein weiteres Mal heraus, dass sagenhaften Gewinnen und Renditen vor der Krise allzu oft unzureichende Risikoeinschätzungen und damit unzulängliche Eigenkapitalallokation zugrunde lagen. Vielfach waren die Gewinne von damals eben die Belastungen von morgen.
Zum Zweiten darf die Ergebniskorrektur der Deutschen Bank Anlass sein, die Struktur der Vergütung zu überdenken. Als die beiden Co-Chefs Jürgen Fitschen und Anshu Jain im September die neue Strategie der Bank präsentierten, kündigten sie als Teil des kulturellen Wandels im Institut unter anderem an, den Aufschub von Bonuszahlungen an Führungskräfte um zwei auf fünf Jahre zu verlängern. Die Rückstellungen für vor der Krise vergebene Kredite zeigen, dass auch eine solche Frist zu kurz bemessen sein kann. Für die Deutsche Bank ist dies in besonderem Maße relevant: Anders als manch anderes Haus hält sie das Geschäftsmodell einer globalen Investmentbank hoch. Weil aber die Zeit endlos sprudelnder Erträge im Investment Banking vorbei ist, zeichnet sich ohnehin eine Debatte um die Verteilung von Gewinnen zwischen Angestellten, Unternehmen und Aktionären ab. Geschäfte, welche die Bank verzögert belasten, sind da schwere Hypotheken.
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