Armageddon ist ausgepreist, Kommentar zu Gold von Grit Beecken
Frankfurt (ots)
Nun hat sich mit John Paulson der letzte verbleibende Goldjünger dem konjunkturellen Aufschwung in den USA gebeugt. Nachdem er noch im Juli verkündet hatte, das Edelmetall sei trotz des massiven Wertverlusts nach wie vor ein angemessenes Investment, verkaufte er jüngst für mehr als 2 Mrd. Dollar Anteile am Goldfonds SPDR Gold Trust.
Die Wette auf eine anhaltend maue Weltkonjunktur, ausufernde Inflation und andere Katastrophen ist zunächst einmal nicht aufgegangen. Seit Jahresbeginn hat der Goldpreis um gut 20% nachgegeben, weil mehr und mehr Anleger ihr Kapital in andere Anlageklassen umschichteten und damit unter anderem den großen Aktienbarometern stolze Zuwächse bescherten. Die Krise scheint - zumindest legt dies der Blick auf den Goldpreis nahe - aus Sicht der Anleger ausgestanden zu sein. Armageddon wurde ausgepreist.
Allerdings nicht von jedermann. Während institutionelle Anleger aus dem Goldgeschäft aussteigen, kaufen Privatanleger Münzen, Barren und Schmuck, als gebe es kein Morgen. Die Analysten des World Gold Council führen dies auf die gesunkenen Preise zurück, die vielen als Einstiegsgelegenheit gelten würden. In Deutschland wurde von April bis Ende Juni 21% mehr physisches Gold abgesetzt als im Vorjahresquartal. In China waren es 85%, in Indien 71%. Dabei nahmen die Käufer bisweilen hohe Aufschläge und Wartezeiten in Kauf. Und all das nur, weil es günstige Einstiegspreise gab (und weil die indische Regierung mit einer Importsteuer auf Gold drohte)? Die Gründe für den Kauf dürften bei Privatanlegern deutlich uneinheitlicher sein als die Gründe für den Verkauf der Profi-Investoren. Der World Gold Council hat Anleger in Indien und China nach ihren Preiserwartungen gefragt. Das Ergebnis: 66% rechnen mit einem Anstieg. Doch daraus kann nicht ohne Weiteres abgeleitet werden, dass sie aufgrund der niedrigen Preise einsteigen. Denn welcher Mensch, der gerade Gold gekauft hat, gibt schon an, mit einem Wertverfall zu rechnen?
Es könnte schlicht sein, dass die Asiaten turbulente Zeiten erwarten. Schließlich haben besonders die Inder, aber auch Vietnamesen, Thais und andere nach dem 22. Mai mit ansehen müssen, dass die internationalen Anleger von jetzt auf gleich Unsummen an Kapital aus ihren Heimatländern abzogen, weil die US-Notenbank ein Ende der lockeren Geldpolitik avisierte. Angesichts des darauf folgenden Einbruchs der Aktien, Anleihen und Währungen wäre ein gestiegenes Sicherheitsbedürfnis kein Wunder.
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