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Luftnummer, Kommentar zur Idee eines Neuer-Markt-Revivals, von Claus Döring.

Frankfurt (ots)

Wenn nach Themen und Profilierung suchende Wahlkämpfer auf Medien mit ähnlichen Sorgen in der sogenannten Saure-Gurken-Zeit stoßen, darf sich das Publikum auf unterhaltsame Schlagzeilen freuen. So jener von der "Rückkehr des Neuen Marktes", wie gestern eine deutsche Wirtschaftszeitung ihre Titelgeschichte überschrieb. Für den interessierten Leser ist so viel heiße Wahlkampfluft angesichts des fünfköpfigen Autorenteams mit dem Chefredakteur an der Spitze nicht ohne weiteres zu erkennen, zumal im Kommentar das Vorhaben als "ziemlich großer Coup" gelobt wird, "wenn alles so kommt wie geplant".

Leider überzeugt an diesem angeblichen Coup die Story so wenig wie einst bei vielen Börsengängen am Neuen Markt. So wünschenswert es ist, dass junge innovative Unternehmen das nötige Risikokapital erhalten, so wenig ist der Aktienmarkt die richtige Quelle für solches Wagniskapital. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler als Spiritus Rector der Idee vom Neuer-Markt-Revival mag man die Gnade der späten Geburt zugutehalten. Beim Niedergang des einstigen Wachstumssegmentes der Börse vor gut zehn Jahren diente Rösler dem deutschen Volke gerade als Bundeswehr-Truppenarzt und nicht als Minister für Wirtschaft und Technologie. Vermutlich gehörte er damals nicht zu den zahllosen Anlegern, die im guten Glauben an innovative Unternehmen viel Geld verloren haben und seither Aktien meiden. Er sollte sich mal bei seiner Kabinettskollegin Ilse Aigner erkundigen, warum selbst für eine so unkomplizierte Anlageform Produktinformationsblätter sogar für jede Einzelaktie erstellt werden müssen. Und wo war Röslers Einsatz für Wagniskapital, als der Bundesrat Ende 2012 die Steuerbegünstigung des sogenannten Carried Interest bei vermögensverwaltenden Private-Equity-Fonds abschaffen wollte?

Für junge Unternehmen gibt es genügend Wege an den organisierten Kapitalmarkt und eigens dafür konzipierte Handelssegmente mit geringeren Anforderungen, wie beispielsweise den Entry Standard an der Frankfurter Börse oder M:access an der Börse München. Da hat es in Deutschland weder Nachhol- noch Handlungsbedarf. Wie schnell sich an Börsen bei zu laxen Regeln und fehlender Überwachung Hasardeure breitmachen, hat man zuletzt im Freiverkehr gesehen, dessen Segment First Quotation Board die Börse deshalb 2012 schließen musste. Die Deutsche Börse hat aus dem Desaster des Neuen Marktes die richtigen Lehren gezogen, Minister Rösler offenkundig nicht.

(Börsen-Zeitung, 20.8.2013)

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