Er kann kommen, Kommentar zur Lage der deutschen Volkswirtschaft, von Reinhard Kuls.
Frankfurt (ots)
Lage schlecht und Stimmung prächtig - so stellt sich, überspitzt, die deutsche Volkswirtschaft aktuell dar. Während die jüngsten harten Daten zu Auftragseingang und Industrieproduktion in der größten Volkswirtschaft des Euroraums allesamt enttäuschten, klettern die Umfrageindikatoren wie Sentix, Einkaufsmanagerindex, ZEW-Erwartungen und heute aller Wahrscheinlichkeit nach auch das Ifo-Geschäftsklima. Zum Teil auf mehrjährige Hochs.
Schafft sich also Deutschland durch platte Autosuggestion aus der Flaute der vergangenen Monate heraus, in die es vor dem Hintergrund der nur langsam sich entspannenden und latent immer noch drohenden Finanz- und Schuldenkrise in der Eurozone und der Wachstumsschwäche auf einigen wichtigen Absatzmärkten geraten war? Die Bundesbank etwa meint, nein. Sie ist der Ansicht, dass die derzeitige konjunkturelle Lage wesentlich besser sei, als die amtlichen Daten zu Produktion und Ordereingang vermuten lassen. Und sie führt überzeugende Argumente an: Es gab im Oktober einen Brückentagseffekt, den die Statistik nicht ausreichend eliminieren kann, auch wenn er immer wieder mal vorkommt. Zudem kam es zu vorübergehender Kurzarbeit in Teilen der Automobilindustrie. In den kommenden Wochen dürfte aber hier schon wieder fleißiger gewerkelt werden. Die deutschen Hersteller sind jedenfalls guter Dinge.
Guter Dinge sind auch die Finanzexperten, was die Aussichten für die gesamte Konjunktur angeht, wie die jüngste Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) unter Analysten und Großanlegern zeigt. Und was die Börsenfachleute mit Blick auf die nächsten sechs Monate voraussagen, projizieren die Auguren bei Bundesbank, Geschäftsbanken und in den Forschungsinstituten einvernehmlich auch auf den Rest des kommenden Jahres: Deutschland wird einen robusten Aufschwung erleben.
Auch hierfür sind die Argumente überzeugend. Die rekordhohe Beschäftigung und reale Lohngewinne haben den deutschen Privatkonsum beschleunigt, sodass er immer dann das Wirtschaftswachstum stabilisieren konnte, wenn grade mal der Exportmotor stotterte oder die Firmen die Investitionen regelrecht verweigerten. Auch hier steht Besserung an: Die Investitionsneigung der deutschen Unternehmen scheint zu erwachen, und die sich belebende globale Nachfrage weitet den Außenbeitrag zum Wirtschaftswachstum in Deutschland nur deswegen nicht aus, weil die lebhafte Binnenkonjunktur auch die Importe anregt. Der Aufschwung kann kommen.
(Börsen-Zeitung, 18.12.2013)
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