Bürgerkrieg in Bankfurt, Kommentar zur EZB von Bernd Wittkowski
Frankfurt (ots)
Zigtausende Bürger Europas, nicht zuletzt aus den Peripheriestaaten, haben am Mittwoch in Frankfurt friedlich für die Europäische Zentralbank (EZB) demonstriert. Anlässlich der Einweihung des EZB-Neubaus, der zum weltweit renommierten Symbol der einigenden und friedenstiftenden Kraft der Gemeinschaftswährung geworden ist, brachten sie ihre Anerkennung und ihren Dank zum Ausdruck. Haben doch die Euro-Hüter mit ihrer pragmatischen, sich über lästige Tabus großzügig hinwegsetzenden, das Recht nicht übertrieben genau nehmenden Politik den nationalen Regierungen seit fünf Jahren immer wieder Zeit gekauft, auf dass in den Hauptstädten frei vom Druck der Märkte seit Dekaden aufgestauter Reformbedarf abgearbeitet wird und die maroden Staatsfinanzen auf Kosten der Gläubiger saniert werden.
Im Frankfurter Ostend trafen die EZB-Unterstützer auf einen anderen Demonstrationszug, zu dem sich Zehntausende europäische Sparer vereint hatten und der von den Präsidenten der Banken- und Sparkassenverbände angeführt wurde. Diesem Bündnis hatte sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) angeschlossen, ohne den es nach eigener Einschätzung nicht geht. Auf Transparenten war der freundliche Hinweis zu lesen, dass es bei aller Solidarität in Europa und bei allem Verständnis für jahrzehntelanges Versagen der Politik mit der Enteignung der Sparer und der Umverteilung auf verschiedensten Ebenen - auch von Festgeldsparern zu Aktienanlegern -, dass es also mit diesen Auswirkungen des EZB-Krisenmanagements jetzt mal genug sei. Auch diese Demonstration verlief nach Polizeiangaben absolut friedlich.
So hätte es sein können am Mittwoch. So war es aber nicht. Stattdessen Bürgerkrieg in Bankfurt. Die ach so friedlich gesinnten Aktivisten von Blockupy, die sich den Ablauf ganz anders vorgestellt hatten, die Linke, die in den Ausschreitungen Parallelen zur Freiheitsbewegung in der Ukraine entdeckte - stimmt ja: nicht nur über dem Main, auch über dem Maidan waberten Rauchschwaden! - oder der DGB, der es "total kontraproduktiv" findet, wenn Polizisten verletzt werden: Sie alle haben die Plattform für einen Gewaltexzess geboten, wie ihn Frankfurt lange nicht erleben musste. Und jeder hat es vorher gewusst. Diese Gewalt ist ein weiterer Beleg für das Scheitern des Versuchs, das "Friedensprojekt Euro" zu retten, koste es, was es wolle. So, wie Politik in der EU funktioniert, spaltet der Euro Europa.
P.S.: Danke an alle, die den Kopf hinhalten mussten, um die wirklich friedliebenden Bürger Frankfurts vor den vereinigten Chaoten Europas zu schützen.
Kontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de