EMBARGO, 18.05.2022, 02.01 Uhr: Ostafrika: Oxfam und Save the Children untersuchen in der Studie „Dangerous Delay 2“ die Versäumnisse seit den letzten grossen Dürren – und fordern sofortige Hilfe
EMBARGO, 18.05.2022, 02.01 Uhr
Zürich, 17. Mai 2022 – In den von extremer Dürre geplagten Ländern Äthiopien, Kenia und Somalia stirbt Schätzungen zufolge alle 48 Sekunden ein Mensch an den Folgen von Hunger und Unterernährung. Dies geht aus dem Bericht „Dangerous Delay 2: The Cost of Inaction“ hervor, den Oxfam und Save the Children heute veröffentlicht haben. Der Bericht zeigt auf, wie die Weltgemeinschaft bei der Abwendung dieser vermeidbaren Katastrophe am Horn von Afrika wiederholt versagt.
Rund ein Jahrzehnt nachdem in der grossen Dürre von 2011 allein in Somalia fast 260 000 Menschen starben – die Hälfte von ihnen Kinder unter fünf Jahren – scheint es der internationalen Staatengemeinschaft erneut nicht zu gelingen, durch rasche und umfassende Hilfe Leben zu retten. Die Zahl der Menschen, die in Somalia, Kenia und Äthiopien unter extremem Hunger leiden, hat sich seit 2021 mehr als verdoppelt: von zehn Millionen auf heute über 23 Millionen. Die bisher zugesagten Gelder reichen bei Weitem nicht. Andere Krisen wie der Krieg in der Ukraine verschärfen die Situation zusätzlich.
Der Bericht „Dangerous Delay 2: The Cost of Inaction“ ist die Neuauflage einer bahnbrechenden Studie von Oxfam und Save the Children aus dem Jahr 2012. Dieser entstand nach dem beschämenden Versagen der internationalen Gemeinschaft angesichts der tödlichen Dürre in Somalia. Der aktuelle Bericht entstand in Zusammenarbeit mit der Jameel Observatory in Nairobi, die sich mit der Vorhersage und Bewältigung klimabedingter Ernährungsunsicherheit befasst. Er untersucht die Veränderungen im System der humanitären Hilfe seit der Dürre 2011 und kommt zum Schluss, dass die betroffenen Länder und die internationale Staatengemeinschaft trotz mancher Fortschritte im Kampf gegen Dürren und Hunger immer noch zu zögerlich handeln.
„Die Menschen in Ostafrika hungern nicht, weil es der Welt an Nahrung oder Geld mangelt, sondern weil es an politischem Mut fehlt“, sagt Gabriella Bucher, Geschäftsführerin von Oxfam International. „Obwohl es immer mehr Alarmsignale gab, haben führende Politiker zu spät und zu verhalten reagiert, so dass jetzt Millionen Menschen mit einer Katastrophe konfrontiert sind. Hunger ist die Folge politischen Versagens.“ Die schnellen und umfassenden Reaktionen auf Krisen wie den Krieg in der Ukraine oder COVID-19 zeigten, dass die Staatengemeinschaft erfolgreich Ressourcen mobilisieren könne, um Leid zu mindern – „aber nur, wenn sie den festen Willen dazu hat“, betont Bucher.
„Die Uhr tickt, und jede Minute, die verstreicht, bringt hungernde Kinder dem Tod näher“, sagt Kijala Shako, Regionale Sprecherin für das östliche und südliche Afrika bei Save the Children. „Die Zahlen sind erschreckend: 5,7 Millionen Kinder sind derzeit akut unterernährt, darunter sind mehr als 1,7 Millionen Mädchen und Jungen mit schwerer akuter Unterernährung. Die Vereinten Nationen warnen, dass mehr als 350 000 Kinder in Somalia sterben könnten, wenn wir jetzt nicht handeln. Wie können wir damit leben, wenn wir es wieder geschehen lassen?“
„Ich habe diese für Kinder lebensbedrohliche Situation mit eigenen Augen gesehen, und das tut weh“, sagt Save the Children-Geschäftsführer Florian Westphal, der im März in Ostafrika war. „Ich habe die verendeten Rinder und Kamele am Strassenrand gesehen und mit Menschen gesprochen, die durch die Dürre alles verloren haben und nun auf der Suche nach Wasser und Weidegrund in provisorischen Zeltlagern hausen, wo sie nur das Nötigste erhalten – wenn überhaupt. Viele Kinder sind bereits völlig unterernährt. Wir können nicht zulassen, dass sich die Katastrophe von 2011 wiederholt. Wir stehen bereit.“
Oxfam und Save the Children analysieren in ihrem Bericht die anhaltenden Versäumnisse von Geberländern, internationalen und nationalen Hilfsorganisationen und der betroffenen Staaten selbst. Ihr Fazit: Verkrustete Bürokratien und eigennützige politische Entscheidungen verhindern auch weiterhin eine schnelle globale Reaktion auf Hungerkrisen – trotz verbesserter Warnsysteme und intensiver Bemühungen lokaler Akteure.
Die Organisationen fordern:
- Um jetzt Leben zu retten, müssen die Staats- und Regierungschefs der G7 und des Westens sofort Gelder bereitstellen, um dem Nothilfe-Aufruf der Vereinten Nationen in Höhe von 4,4 Milliarden US-Dollar für die Länder am Horn von Afrika nachzukommen. Ausserdem braucht es genügend flexible Mittel, damit sie dort eingesetzt werden können, wo sie am dringendsten gebraucht werden.
- Die Geber müssen garantieren, dass mindestens 25 Prozent der Mittel an lokale Helferinnen und Helfer gehen, die im Mittelpunkt aller Massnahmen stehen müssen.
- Die Regierungen von Kenia, Äthiopien und Somalia müssen ihre sozialen Sicherungssysteme ausbauen. Sie sollten mindestens zehn Prozent ihres Haushalts für die Landwirtschaft bereitstellen, mit besonderem Fokus auf Kleinbauern und -bäuerinnen, wie dies in der Malabo-Erklärung der Afrikanischen Union für Investitionen in die Landwirtschaft 2014 vereinbart wurde.
- Auf frühe Warnungen muss besser reagiert werden. Regierungen sollten schneller den nationalen Notstand ausrufen, Ressourcen zu Bedürftigen umleiten und in Massnahmen investieren, die die Resilienz der Menschen gegen klimabedingte Krisen stärkt.
- Als Treiber des Klimawandels müssen die Industrienationen Ostafrika für seine klimabedingten Verluste entschädigen. Sie müssen Kenia, Äthiopien und Somalia darüber hinaus ihre Schulden der Jahre 2021-2022 erlassen, damit Mittel frei werden, um die Bevölkerung bei der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen, zum Beispiel durch die Stärkung der Sozialsysteme.
Hinweise für die Redaktion:
- Den Link zum neuen Bericht „Dangerous Delay 2: The Cost of Inaction“ werden wir Ihnen zeitnah zusenden. Eine Zusammenfassung finden Sie hier (bitte beachten Sie die Sperrfrist).
- Der Vorgänger-Bericht „A Dangerous Delay: The cost of late response to early warnings in the 2011 drought in the Horn of Africa“ (2012) ist hier zu finden.
- Oxfam und Save the Children veranstalten eine Zoom-Pressekonferenz zum Bericht, zu der wir Sie herzlich einladen:
- Mittwoch, 18. Mai, 15.30 bis 16.00 Uhr
- Link: https://us06web.zoom.us/j/83616364629?pwd=dkVRSzVlQVdEd0EySVJlYTA0Qkp1dz09
- Sitzungs-ID: 836 1636 4629
- Kennwort: 569980
Kontakt
Catherine Raemy | Head of Communications | +41 (0)44 267 74 68 | catherine.raemy@savethechildren.ch
Save the Children Schweiz
Jedes Kind verdient eine Zukunft – ob in der Schweiz oder auf der ganzen Welt. Mit dieser Überzeugung unterstützt der Verein Save the Children Schweiz seit 2006 kompromisslos und unermüdlich die am stärksten benachteiligten Kinder. In der Schweiz verwurzelt, ist Save the Children seit 1919 die weltweit führende Kinderrechtsorganisation. Dank unserer lokalen Verankerung in 120 Ländern kennen wir die Situation vor Ort, passen unsere Projekte entsprechend an und können im Notfall unverzüglich helfen. Wir verändern nachhaltig und positiv das Leben von Kindern, besonders in Krisen, auf der Flucht oder in Slums. In der Schweiz setzen wir uns seit 2015 für geflüchtete Kinder ein und verfügen über grosse Expertise im Bereich Asyl und Migration.