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Bain-Studie zum "Next Generation"-Wettbewerb im Telekommunikationssektor
Ausbau der Breitbandnetze: Wettbewerbs- oder politikgetrieben?

München/Zürich (ots)

Soll der Ausbau der Breitbandnetze dem
organischen Marktwachstum überlassen werden? Oder ist es Aufgabe des 
Staates, diese Entwicklung zu steuern - unter Umständen sogar auf 
Kosten der betriebswirtschaftlichen Vernunft? Die Antwort kann 
letztlich nur die Politik geben. Eine neue Studie von Bain & Company 
untersucht die Treiber der Marktentwicklung wie Technologie, 
Kundennachfrage, Regulierung und Wettbewerbsdynamik und liefert eine 
fundierte Grundlage zur aktuellen Diskussion über die "Next 
Generation"-Telekommunikationsnetze, wie zum Beispiel Glasfaser.
- Mehrere, parallele Festnetzinfrastrukturen in den meisten 
     Märkten aus wirtschaftlicher Sicht schwierig
   - Zwei Festnetzinfrastrukturanbieter zur Förderung des technischen
     Fortschritts das beste Szenario für Großteil der regionalen 
     Märkte
   - Dynamischer Infrastrukturwettbewerb führt effizienter zu 
     schnellerem Netzausbau mit höheren Bandbreiten als staatliche 
     Vorgaben
   - Netzausbau nur dann rentabel möglich, wenn Kunden auch bereit 
     sind, für höhere Bandbreiten zu zahlen
Wettbewerb fördert Netzausbau und technischen Fortschritt
Das Interesse der öffentlichen Hand, möglichst flächendeckend 
Breitbandzugänge anzubieten, ist enorm. Die EU hat sich unter dem 
Titel "Digital Europe" ambitionierte Ziele gesteckt und plant eine 
hundertprozentige Breitbandabdeckung der Haushalte bis 2013. 
Gleichzeitig ist in Ländern wie der Schweiz großer Aktivismus der 
Städte und Gemeinden zu verzeichnen. Insbesondere Elektrizitätswerke 
befassen sich hier mit erheblichen Investitionsvorhaben in 
Glasfaserinfrastrukturen. Bedeuten diese Initiativen, dass der 
marktwirtschaftliche Wettbewerb bisher nicht zu den politisch 
gewünschten Ergebnissen geführt hat?
Der Blick auf die Fakten zeigt ein differenzierteres Bild. Eine 
aktuelle Studie der Strategieberatung Bain & Company in 
Zusammenarbeit mit dem internationalen Kabelnetzbetreiber Liberty 
Global, Inc. kommt zu dem Ergebnis, dass in Ländern mit zwei 
konkurrierenden Anbietern von Festnetzzugangsinfrastrukturen 
Innovationen schneller vorangetrieben werden. So erreichen 
beispielsweise in den Niederlanden, in Belgien und in der Schweiz 
zwei Festnetzzugangsinfrastrukturen über 80 Prozent der Bevölkerung, 
was zu 30 Prozent höheren durchschnittlichen 
Breitbandgeschwindigkeiten als in anderen westeuropäischen Märkten 
geführt hat. Umgekehrt weisen die europäischen Länder mit dem 
geringsten Wettbewerb bei der Festnetzzugangsinfrastruktur auch die 
geringste Bandbreite und Internetverbreitung auf.
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass sich eine derartige 
Wettbewerbsdynamik vor allem in Ländern entwickeln kann, in denen 
Telekommunikationsunternehmen, Kabelnetzbetreiber und in bestimmten 
Regionen auch neue Glasfasernetzbetreiber in direktem Wettbewerb 
stehen. Diese Unternehmen konkurrieren zunehmend in der gesamten 
Breite der Telekommunikationsdienste wie beispielsweise TV oder 
Sprach- und Breitbandkommunikation. Märkten mit nur einer 
Festnetzzugangsinfrastruktur fehlt diese Wettbewerbsdynamik. Oft sind
sie darüber hinaus auch stärker reguliert. "Infrastrukturwettbewerb 
führt eher dazu, dass höhere Bandbreiten effizienter und der 
Nachfrage entsprechend zur Verfügung gestellt werden, als es bei 
einer 'Top-Down'-Zielsetzung der öffentlichen Hand vermutlich der 
Fall wäre", sagt Dr. Jens Schädler, Partner und 
Telekommunikationsexperte bei Bain & Company.
Neben den regulatorischen Rahmenbedingungen bestimmen auch die 
erforderlichen Investitionsvolumen das Engagement der möglichen 
Akteure. Die Investitionskosten für flächendeckende ultraschnelle 
Breitbandnetze bewegen sich zwischen 65 Euro und 1.500 Euro pro 
Haushalt, abhängig von der vorhandenen Infrastruktur und 
Bevölkerungsdichte. Kabelnetze (basierend auf DOCSIS 3.0) haben 
Kostenvorteile, da die Erstinvestition für ein Bandbreitenangebot von
circa 100 Mbit/s erheblich geringer ist als für die Aufrüstung 
traditioneller Telekommunikationsnetze auf FTTH (Fiber-To-The-Home). 
Untersuchungen beziffern die nötigen FTTH-Investitionen auf 70 
Milliarden Euro für Deutschland und 40 Milliarden Euro für Frankreich
oder Großbritannien. Die Analysen von Bain zeigen, dass bei einer 
großflächigen Aufrüstung der Netze die Ausgaben der europäischen 
Haushalte für Telekommunikationsdienste um 57 Prozent bei FTTH, 19 
Prozent bei VDSL und 11 Prozent bei DOCSIS 3.0 steigen müssten, damit
die Infrastruktureigentümer die hohen Investitionen amortisieren 
können.
Was sind die Kunden bereit zu zahlen?
Sind die Nutzer bereit, für den Mehrwert ultraschneller 
Verbindungen auch entsprechend mehr zu zahlen? Hier ist laut Studie 
Vorsicht geboten. Experten prognostizieren, dass der Bedarf an 
schnellen Netzen in Zukunft zwar steigen wird - insbesondere aufgrund
von Entertainmentangeboten - jedoch die bereits heute existierende 
Infrastruktur diesen Anforderungen noch für die nächsten Jahre 
genügen wird: Für den Großteil der Haushalte reichen 30 bis 40 Mbit/s
für die parallele Nutzung heute bekannter Breitbanddienste aus. "Bei 
der unsicheren Entwicklung der Nachfrage nach bandbreitenintensiven 
Anwendungen wird Innovation wahrscheinlich technologieorientiert 
erfolgen und nicht das Ergebnis einer steigenden Verbrauchernachfrage
sein", glaubt Jens Schädler. Letztendlich sollte die Bereitschaft der
Nutzer, für schnellere Bandbreiten auch zu zahlen, ausschlaggebend 
sein, wann Investitionen in Netzaufrüstungen tatsächlich erfolgen. 
"Zwar kann sich die Politik von dieser betriebswirtschaftlichen 
Richtschnur jederzeit entfernen, sie sollte aber immer die damit 
verbundenen Kosten und wirtschaftlichen Risiken im Blick behalten", 
so Schädler.
Die Studie zeigt, dass sich aufgrund des hohen Investitionsbedarfs
und im Hinblick auf die Rentabilität auf nationaler Ebene mehr als 
zwei schnelle Breitbandnetze kaum rechtfertigen lassen - außer in 
sehr dicht besiedelten städtischen Gebieten. Das mag aus 
wettbewerbspolitischer Sicht gemischte Reaktionen hervorrufen. Die 
Praxis zeigt jedoch, dass dieser Ansatz oft zu einem dynamischeren 
Wettbewerb führt als der Konkurrenzkampf mehrerer Service Provider 
oder kleinerer regionaler Anbieter.

Pressekontakt:

Leila Kunstmann-Seik
Karlspl. 1, 80335 München
Email: leila.kunstmann@bain.com
Tel: 089 5123 1246

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