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Bain-Studie zum europäischen Truck-Markt
Mit alternativen Lkw-Antrieben auf die Überholspur wechseln

München/Zürich (ots)

  • Diesel-Trucks werden zunehmend zum Auslaufmodell
  • Alternative Antriebe sollen 2025 in Lkw-Flotten bereits fast 50 Prozent ausmachen
  • Abomodelle, Pay-per-Use-Konzepte und Mietkauf erleichtern der Kundschaft den Umstieg
  • Mit den richtigen Stellhebeln gelingt Herstellern die Transformation

Im Jahr 1924 sind die ersten Diesel-Lkw auf der IAA der Öffentlichkeit vorgestellt worden - ab 2024 könnten sie in Europa allmählich aus dem Straßenbild verschwinden. Denn Trucks mit alternativem Antrieb gewinnen mehr und mehr an Bedeutung. Das bringt die Studie "European Truck Market Outlook 2022" der internationalen Unternehmensberatung Bain & Company zutage, in deren Rahmen 565 Flottenverantwortliche in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien befragt wurden. So würden rund 60 Prozent in drei Jahren Lkw kaufen, die mit Strom oder Wasserstoff fahren oder zumindest hybrid sind (Abbildung). Ihre Ambitionen reichen sogar noch weiter und könnten die Kapazitäten der Hersteller übersteigen. Schon 2025 soll demnach nahezu die Hälfte ihrer Flotten aus Trucks mit alternativen Antrieben bestehen. Entsprechend groß ist der Handlungsdruck für die Lkw-Produzenten. Sie müssen gleich an mehreren Stellschrauben drehen, um den Wandel erfolgreich zu bewältigen.

Komfortable Ausgangslage

"Die Branche steht vor ihrem größten Umbruch seit 100 Jahren", betont Dr. Eric Zayer, Bain-Partner und Co-Autor der Studie. "Immerhin aber ist die Ausgangslage der europäischen Truck-Hersteller komfortabel." Tatsächlich hat sich die mit dem Net Promoter ScoreSM (NPS®) messbare Kundenloyalität deutlich verbessert. Gemessen an der vergleichbaren Studie aus dem Jahr 2018 erhöhte sich der NPS um 7 Prozentpunkte auf plus 34 Prozent. "Die Lkw-Produzenten ernten nun die Früchte ihrer intensiven Bemühungen, die Gesamtbetriebskosten ihrer Fahrzeuge zu senken, deren Zuverlässigkeit zu erhöhen und den Vertrieb noch gezielter auf die Kundenbedürfnisse auszurichten", so Zayer.

Auf ihrem Erfolg ausruhen dürfen sie sich jedoch nicht. Alternative Antriebsformen rücken zunehmend in den Fokus von Flottenbesitzern und -betreibern. So denken nur noch 30 Prozent der Befragten darüber nach, in drei Jahren einen Lkw mit klassischem Dieselmotor anzuschaffen. In Deutschland sind es 28 Prozent - nach 50 Prozent im Jahr 2018. "Der Diesel wird allmählich zum Auslaufmodell, da sein CO2-Ausstoß die Klimabilanz der Kundschaft belastet", erklärt Dr. Jörg Gnamm, Bain-Partner und Co-Autor der Studie. "Damit endet für Lkw-Hersteller auch die Pilotphase für neue Antriebskonzepte." Wer in puncto E- und Wasserstofffahrzeugen nicht bald über eine umfassende Modellpalette verfüge, müsse sich darauf einstellen, Marktanteile zu verlieren.

Reichweite zentrales Kaufkriterium

Die veränderte Nachfrage stellt die Truck-Produzenten auch im Verkaufsprozess vor neue Herausforderungen. Noch sind die Gesamtbetriebskosten (Total Cost of Ownership, TCO) eines Lkw das wichtigste Entscheidungskriterium der Kundschaft, gefolgt von Zuverlässigkeit und Service. Doch im zukunftsträchtigen Geschäft mit alternativen Antrieben wandelt sich das Bild. Hier interessieren sich die Flottenverantwortlichen zuvorderst für die Reichweite des Fahrzeugs, dahinter rangieren Leistung, Effizienz und Zuverlässigkeit. Allerdings haben viele der im Rahmen der Studie Befragten noch Zweifel, ob sich die Fracht mit einem elektrischen Antrieb allein termingerecht transportieren lässt. Daher würden sie sich Stand heute eher für ein Hybridfahrzeug entscheiden. Für Marktkenner Gnamm ist dies indes lediglich ein Zwischenschritt: "Auf Dauer werden sich Elektro- und Wasserstofffahrzeuge durchsetzen."

Auch scheuen zahlreiche Flottenverantwortliche noch die Anschaffungskosten. Diesen Bedenken könnten Hersteller mit Abomodellen oder Pay-per-Use-Konzepten begegnen. Bei solchen Angeboten würden sich 42 Prozent der Befragten leichter tun, sich für einen Truck mit alternativem Antrieb zu entscheiden. Schon die Studie im Jahr 2018 hatte gezeigt, dass der Besitz von Fahrzeugen bei der Lkw-Kundschaft an Bedeutung verliert.

Intelligente Vermarktung unentbehrlich

Angesichts der veränderten Kundenwünsche geraten die Truck-Produzenten in Zugzwang. Sie müssen ihre Modellpalette um neue Antriebe erweitern und zugleich ihre Geschäftsmodelle grundlegend überarbeiten. Bain hat fünf Stellhebel identifiziert, die für eine erfolgreiche Transformation entscheidend sind:

  1. Schneller Ausbau alternativer Antriebe. Zur Umstellung der Flotten könnte es aus Sicht der Befragten bereits in der ersten Hälfte dieser Dekade kommen - und damit früher als erwartet. Je eher alternative Antriebe daher in Serie gehen, desto größer sind die Chancen der Lkw-Hersteller, sich im Wettbewerb zu behaupten. Parallel dazu sollten Truck-Produzenten intensiv mit ihrer Kundschaft kommunizieren, bestehende Bedenken aufgreifen und diese ausräumen, indem sie umfassend über die Reichweiten sowie die Zuverlässigkeit der neuen Antriebsformen informieren. Vorreiter verschaffen sich darüber hinaus frühzeitig Zugriff auf eine funktionierende Ladeinfrastruktur.
  2. Verstärkter Fokus auf Zuverlässigkeit. Ob Diesel- oder Elektro-Lkw, ob Kauf oder Abo: Für die Kundschaft bleibt die Zuverlässigkeit der Fahrzeuge ein wichtiger Faktor. Wer zudem im Service punktet, wird mit anhaltender Loyalität belohnt. In Deutschland wollen 43 Prozent der im Rahmen der Studie Befragten angesichts der zunehmenden technischen Komplexität der Lkw ihren Inhouse-Service reduzieren.
  3. Erweiterung des Omnikanals. Die Kundschaft erwartet mittlerweile einen kanalübergreifenden Angebotsprozess, der von der ersten Kontaktaufnahme bis hin zur Terminvereinbarung im Service reicht. Je effizienter dieser ist, desto mehr ist es den Herstellern möglich, ihren Vertrieb zu optimieren und gleichzeitig zu verschlanken.
  4. Entwicklung neuer Eigentümerkonzepte. Um dem Flottenmanagement den Umstieg auf alternative Antriebe zu erleichtern, sollten die Truck-Produzenten verstärkt Abomodelle, Pay-per-Use-Konzepte und Mietkäufe anbieten. Die Experimentierphase ist auch hier vorbei.
  5. Professionelles Aftersales-Management. Schnelle, zuverlässige Aftersales-Dienstleistungen sorgen für hohe Kundenzufriedenheit und schaffen Anreize für Folgekäufe. So wären 59 Prozent der deutschen Flottenverantwortlichen an Verträgen interessiert, die für einen monatlichen Fixpreis sämtliche Leistungen, beispielsweise Wartung oder Austausch von Verschleißteilen, abdecken.

"Die Lkw-Branche steht vor einer Mammutaufgabe", stellt Bain-Partner Karl Strempel fest. "Sie muss sich binnen weniger Jahre in weiten Teilen ihrer Wertschöpfungskette neu erfinden." Je zügiger die Transformation gelinge, desto besser seien die mittel- und langfristigen Perspektiven. Der langjährige Marktbeobachter ist überzeugt: "Anbieter, die jetzt agieren und klimaschonende Trucks mit innovativen Eigentümerkonzepten intelligent vermarkten, werden zu den Gewinnern der nächsten Jahre gehören."

Eine Abbildung zum Download finden Sie hier.

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Pressekontakt:

Patrick Pelster
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patrick.pelster@bain.com

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