Media Service: Einseitige Staatsschutz-Sendung zulässig
Bern (ots)
Die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) hat eine Beschwerde gegen die auf Radio DRS 2 ausgestrahlte Sendung "Kontext" abgewiesen. In der beanstandeten Ausstrahlung wurden neben den im Zentrum stehenden Aussagen von Opfern der Stasi in der früheren DDR auch Aspekte der Bürgerüberwachung in der Schweiz in kritischer Weise thematisiert.
Die Radiosendung "Kontext" von Radio DRS 2 vom 20. Dezember 2011 beschäftigte sich schwergewichtig mit Opfern der Staatssicherheit (Stasi) in der früheren DDR. Zeitzeugen berichten über ihre Erfahrungen mit der Stasi, die Einträge in den Stasi-Akten und die schwierige Verarbeitung der damaligen Ereignisse. Im letzten Teil der Sendung werden zusätzlich Aspekte der staatlichen Bürgerüberwachung in der Schweiz und in den USA thematisiert. Bezüglich der Schweizer Verhältnisse werden neben dem mehrmaligen Hinweis auf die Fichenaffäre insbesondere aktuelle Fragen im Zusammenhang mit dem Staatsschutz und den Tätigkeiten des Bundesnachrichtendienstes kritisch erörtert. In der gegen die Sendung erhobenen Beschwerde wurde gerügt, dass sie ein falsches Bild vom schweizerischen Staatsschutz vermittelt habe.
Im kurzen, den schweizerischen Verhältnissen gewidmeten Teil der Sendung kommt einzig ein Kritiker von staatlichen Überwachungstätigkeiten zu Wort. Daraus ergibt sich ein einseitig negatives Bild über den schweizerischen Staatsschutz. Dieser Teil ist allerdings im Kontext der ganzen Sendung zu betrachten. In der beanstandeten Radioausstrahlung wird ausschliesslich über negative Aspekte des Staatsschutzes berichtet. Es kommen Opfer oder Kritiker zu Wort. Dieser besondere Blickwinkel ist für die Hörer klar erkennbar. Diese konnten sich aufgrund der detaillierten Schilderungen der Stasi-Opfer und ihres Vorwissens auch eine Meinung über die grundlegenden Unterschiede des Staatsschutzes in der früheren DDR und der Schweiz bilden. Die primär allgemeinen und politischen Kritikpunkte gegen Überwachungstätigkeiten in der Schweiz erforderten schliesslich nicht zwingend die Ausstrahlung einer Gegenposition.
Das Thema einer Sendung und der Blickwinkel bilden Teil der Programmautonomie der Rundfunkveranstalter. Eine ausgewogene Darstellung der Aktivitäten des schweizerischen Staatsschutzes wäre nur erforderlich gewesen, wenn die Sendung im Vorfeld einer Volksabstimmung mit einer entsprechenden Fragestellung ausgestrahlt worden wäre. Aus den erwähnten Gründen ist die UBI zum Schluss gekommen, dass das rundfunkrechtliche Sachgerechtigkeitsgebot nicht verletzt worden ist. Sie hat die Beschwerde einstimmig abgewiesen.
Die UBI ist eine ausserparlamentarische Kommission des Bundes. Sie besteht aus neun nebenamtlichen Mitgliedern und wird durch Roger Blum präsidiert. Die UBI hat auf Beschwerde hin festzustellen, ob ausgestrahlte Radio- und Fernsehsendungen Bestimmungen über den Inhalt redaktioneller Sendungen verletzt haben oder eine rechtswidrige Verweigerung des Zugangs zum Programm vorliegt. Entscheide der UBI können beim Bundesgericht angefochten werden.
Kontakt:
Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI)
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